Donnerstag, 18. April 2024

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Menschenrechtsaktivist Hanno Schedler
"Thomas Bach verdient keinen Friedenspreis"

IOC-Präsident Thomas Bach habe sich "bis jetzt nicht in den Bereichen Politik oder Menschenrechte verdient gemacht", sagte Hanno Schedler, Referent der Gesellschaft für bedrohte Völker, im Dlf. Die Auszeichnung Bachs mit dem Seoul-Friedenspreis kritisierte er auch wegen dessen Haltung zu China.

Hanno Schedler im Gespräch mit Astrid Rawohl | 31.10.2020
Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) spricht bei einer Pressekonferenz im südkoreanischen Pyeongchang.
IOC-Präsident Thomas Bach ist Preisträger des 15. Seoul-Friedenspreises. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
Vor drei Jahren erhielt Bundeskanzlerin Angela Merkel diese Auszeichnung, nun ist IOC-Präsident Thomas Bach mit dem 15. Seoul-Friedenspreis geehrt worden. In ihrer Laudatio erklärten die Verantwortlichen der Friedenspreis-Stiftung in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, Bach habe "weltweit das Bewusstsein für Flüchtlingsfragen geschärft und die Achtung der Menschenrechte gefördert".
So habe sich Bach etwa vor den Olympischen Winterspielen 2018 in der südkoreanischen Stadt Pyeongchang um die Teilnahme Nordkoreas bemüht und sich 2016 für die Gründung eines olympischen Flüchtlingsteams eingesetzt.
"Sport hat eine sehr politische Dimension"
Dass sich Bach und das IOC für Geflüchtete einsetzen, findet der Menschenrechtsaktivist Hanno Schedler zwar gut - einen Friedenspreis verdiene Bach aus seiner Sicht trotzdem nicht. "Denn die Frage von Frieden oder Gerechtigkeit, das sind letztendlich auch politische Fragen", argumentierte Schedler, der als Referent für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung bei der Gesellschaft für bedrohte Völker arbeitet. Dass das IOC auch politische Verantwortung trage, habe Bach jedoch wiederholt zurückgewiesen.
Eine Haltung, die Schedler vor allem in Zusammenhang mit Bachs Verhalten gegenüber China in der Sendung "Sport am Samstag" deutlich kritisierte: "Thomas Bach sollte einfach konsequent sein und zugeben, dass Sport letztendlich eine sehr politische Dimension hat, vor allen Dingen wenn es darum geht, wo Olympische Spiele stattfinden." Mit der Entscheidung die Olympischen Winterspiele 2022 in China stattfinden zu lassen, habe das IOC aus Schedlers Sicht "ein eindeutiges Signal" gesendet: "Nämlich, dass für das IOC Menschenrechte keine Rolle spielen."
"Thomas Bach agiert heuchlerisch"
Schedler verwies unter anderem auf die Unterdrückung und Verfolgung der muslimischen Minderheit der Uiguren, die die chinesische Regierung auf brutale Art und Weise vorantreibe. Zudem gebe es weiter Berichte von Zerstörungen tibetischer Klöster und muslimischer Moscheen in China. Blogger und andere Kritiker und Kritikerinnen der chinesischen Regierung würden weggesperrt. Die Menschenrechtslage im Land habe sich nach Einschätzung der Gesellschaft für bedrohte Völker in den vergangenen Jahren insgesamt eher verschlechtert als verbessert.
"Thomas Bach agiert heuchlerisch", sagte Schedler im Dlf. Schließlich habe das IOC Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen und müsste sich damit eigentlich auch an die Völkermordkonvention der UN halten, die besage, "dass man nicht Teil einer Ausrottung oder Zurückdrängung einer ethnischen, religiösen Gruppe sein darf - aber das ist eben genau das, was die chinesische Regierung derzeit macht".