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Metereologin: Sturm "Sandy" fällt in sich zusammen

Beim Hurrikan "Sandy", der die Stadt New York in einen Ausnahmezustand versetzt hat, ist das Schlimmste überstanden, sagt die Metereologin Dorothea Petzold. Sie weist zugleich darauf hin, dass ein Taifun auf den Philippinen Todesopfer gefordert hat. Und dass die argentinische Hauptstadt Buenos Aires nach heftigen Gewittern unter Wasser steht.

Dorothea Petzold im Gespräch Christine Heuer | 30.10.2012
    Christine Heuer: In New York hat der Morgen erst begonnen, dort ist es jetzt ganz genau elf Minuten nach acht. Es wird hell und was die New Yorker sehen, wenn sie aus dem Fenster schauen, sind Folgen des Hurrikans Sandy, der seit heute Nacht an der Ostküste der Vereinigten Staaten tobt. Es gibt Schäden an Gebäuden, es gibt Überschwemmungen und leider gibt es auch erste Todesopfer.

    Am Telefon in Frankfurt ist jetzt Dorothea Petzold, Meteorologin beim Deutschen Wetterdienst. Ich begrüße Sie.

    Dorothea Petzold: Ja, hallo!

    Heuer: Frau Petzold, Sandy ist ein ungewöhnlich heftiger Hurrikan. In den USA ist er angeblich nur vergleichbar mit einem Wirbelsturm von 1938. Was muss zusammenkommen, damit ein solcher Sturm entsteht?

    Petzold: Na ja, ein Hurrikan an sich braucht erst mal warmes Wasser. Er entsteht ja über dem warmen Meer. Das Meer muss mindestens 25 Grad Wassertemperatur haben. Das haben wir natürlich relativ häufig, eigentlich jedes Jahr aufs neue, im Atlantik, aber auch in anderen Meeren. Dieser Sandy, der ist ja schon mit verheerenden Folgen über die Karibik gezogen und hat dann seinen Weg nach Norden eingeschlagen, und das ist jetzt das große Problem für diese Region dort, New York, Philadelphia und so weiter.

    Heuer: Und es ist ja offenbar ungewöhnlich, dass er überhaupt nach Norden zieht. Woran liegt das noch mal genau?

    Petzold: Die Zugbahnen der Hurrikans, die sind immer sehr schwer vorherzusehen, und da braucht man auch entsprechende Computerberechnungen, weil man dann auch schauen muss, wie sich die Wind- und Wetterverhältnisse in höheren Luftschichten gestalten. Das greift alles ineinander, weil alleine eine Zirkulation, die in Bodennähe ist, die ist noch nicht für die Windrichtung oder für die Drehrichtung eines Hurrikans ausschlaggebend. Alles zusammen, da kann es halt mal passieren, dass da ein Hurrikan auch an der Ostküste hochzieht. Das kommt ja immer wieder mal vor.

    Heuer: Was erwarten Sie denn jetzt noch von Sandy? Hat der Hurrikan seinen Höhepunkt erreicht, oder wird es noch schlimmer?

    Petzold: Sandy ist ja kein Hurrikan mehr. Es ist inzwischen ein Sturm, zu einem Sturm herabgestuft. Es ist so: Wenn beim Hurrikan der Warmwassernachschub gestoppt wird, dann fällt er sofort zusammen und der Wind nimmt dann rapide ab. Das ist ja jetzt passiert. Er ist an Land gegangen und wenn er landfall hat – so nennen das die Amerikaner -, dann geht ihm so langsam die Puste aus. Das heißt, er hat jetzt Böen von 120 km/h - das wäre mit unserer Betrachtungsweise hier Orkanstärke -, wird aber relativ rasch weiter abnehmen an Windgeschwindigkeit.

    Das nächste Problem, was er mitgebracht hat, das waren ja diese enormen Regenmengen, und das konnte halt passieren, weil eine Kaltfront von Westen noch mal der Sandy richtig Impuls gegeben hat. Die Energie ist daraufhin noch mal gestiegen. So, nun zieht Sandy aber langsam nach Norden, also in Richtung Ostkanada ab, und von daher ist jetzt das Schlimmste erst mal vorüber, wenn man jetzt den Regen nicht noch einbezieht.

    Heuer: Hat die Entstehung von Sandy etwas mit dem Klimawandel zu tun?

    Petzold: Das lässt sich so jetzt gar nicht sagen, weil man kann einen Klimawandel oder eine Veränderung in Richtung Klimawandel eigentlich erst im Nachhinein feststellen. Hurrikans hat es immer gegeben, Zyklone auch – das ist dasselbe, nur halt gerade im Pazifik -, und die wird es auch weiterhin geben und man muss einfach Statistiken auswerten. Man kann das nur rückwirkend sagen.

    Heuer: Überschwemmungen und Hurrikans oder Wirbelstürme gibt es ja nun nicht nur in den Vereinigten Staaten. Sie haben uns im Vorgespräch erzählt, es gibt gerade in Argentinien heftiges Hochwasser, auf den Philippinen gibt es einen Sturm. Was ist da los?

    Petzold: Ja. Auf den Philippinen hat sich jetzt gerade wieder ein Taifun gebildet und auch da hat es schon Tote gegeben. Das ist natürlich jetzt aus unserer Sicht gar nicht so im Blickpunkt. Wir sind tatsächlich doch jetzt gerade auf Amerika fokussiert. Und in Buenos Aires waren es heftige Gewittergüsse, die Stadt steht unter Wasser, und auch das darf man nicht vergessen, dass es auch in anderen Regionen wirklich katastrophale Wetterauswirkungen gibt.

    Heuer: Woran liegt das, dass wir immer auf Amerika schauen? Sie sind ja schon lange mit dem Thema beschäftigt.

    Petzold: Ja sicher, weil wir doch eine enge Verbindung da haben. Wir fahren in Urlaub dahin, wir haben vielleicht Verwandte da, und natürlich hat es sicherlich auch wirtschaftliche Bedeutung. Das ist ohne Frage so.

    Heuer: Also ein Fokus, den die Europäer unter anderem darauf legen. – Die Frage gehört auch in ein Gespräch, wenn wir eines wie dieses führen. Frau Petzold, ist etwas wie Sandy an der europäischen Küste überhaupt denkbar?

    Petzold: Bei uns ist es gar nicht möglich, das mangelt nämlich an dem warmen Wasser. Der Atlantik hat diese Temperaturen – der Ostatlantik, muss ich dazu sagen – im wesentlichen nicht. Natürlich gerade so vor der Iberischen Halbinsel, oder auch vor Afrika, da entstehen oft Hurrikans und sie ziehen dann in Richtung Amerika rüber. Das kann passieren, ja. Aber bei uns, da sind wir wirklich außen vor. Die Nordsee zum Beispiel kann man sich ja mit 25 Grad nicht vorstellen.

    Heuer: Nein. – Und dann hat das manchmal eben auch Vorteile.

    Petzold: Ja natürlich.

    Heuer: Dorothea Petzold, Meteorologin beim Deutschen Wetterdienst – ich bedanke mich sehr, Frau Petzold.

    Petzold: Ja, gerne!


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