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Methanausstoß
Klimafreundliches Känguru

Methan ist ein kräftiges Treibhausgas. Die wachsenden Rinderherden rund um den Globus produzieren reichlich davon. Ein Viertel unserer gesamten Methan-Emissionen geht auf ihr Konto. Forscher haben jetzt festgestellt, dass Kängurus im Vergleich weitaus weniger Methan ausstoßen. Schuld ist deren Magen.

Von Volker Mrasek | 11.11.2015
    Ein Känguru
    Ein Känguru (dpa / picture alliance / Hinrich Bäsemann)
    Bekanntes australisches Beuteltier. Macht große Sprünge und frisst Pflanzen. Wird hier und da auch selbst verspeist - vom Menschen. Und ist in jüngster Zeit ein Fall für die Forschung. Eine ganz windige Sache.
    "Kängurus haben einen seltsamen Magen. Einen sogenannten Vormagen. Das haben manche anderen Tiere auch. Eben auch die Wiederkäuer."
    Also Rinder und Milchkühe zum Beispiel. Mit ihnen gibt es ein Problem: "Die Mikroorganismen in ihrem Magen produzieren viel Methan, wenn sie Nahrung verdauen. Und das kommt dann hinten raus."
    Methan ist aber ein potentes Treibhausgas. Die wachsenden Rinderherden rund um den Globus produzieren reichlich davon. Ein Viertel unserer gesamten Methan-Emissionen geht auf ihr Konto.
    Bei Kängurus ist das anders!
    "Kängurus produzieren pro Tag nur 27 Prozent der Menge Methan, die ein gleich großer Wiederkäuer produzieren würde."
    Marcus Clauss hat jetzt untersucht, woran das liegen könnte. In einer Kooperation mit australischen Forschern. Der Tierarzt ist Professor für Vergleichende Verdauungsphysiologie an der Universität Zürich. Eine seiner Studentinnen war auf dem Fünften Kontinent. Dort führte sie Fütterungsversuche mit Riesenkängurus durch und analysierte deren Abgas.
    "Einmal konnten die Tiere so viel fressen, wie sie wollten. Einmal haben wir den Tieren weniger gegeben. Und da sieht man: Wenn die Tiere weniger zu fressen bekommen, das heißt die Nahrung geht langsamer durch ihren Darmkanal hindurch, dann haben die Mikroben mehr Zeit, Methan zu produzieren. Dann produzieren sie tatsächlich mehr Methan pro Menge Futter."
    Wie viel Treibhausgas die Tiere in die Luft ablassen, scheint also vom Tempo der Verdauung abzuhängen. Läuft sie zügig, fabrizieren die Mikroorganismen in ihrem Magen wenig Methan.
    "Die Forschung, was diese Mikroben angeht, hat sich in der letzten Zeit hauptsächlich darauf fokussiert, unterschiedliche Mikroben-Arten zu finden. So dass man sagt: Ja, bei den Kängurus, das sind andere Mikroben-Arten als bei den Wiederkäuern, deswegen ist das so!"
    Die neuen Versuchsergebnisse stellen das in Frage. Sie zeigen, dass es dieselbe Mikroben-Truppe im Verdauungstrakt der Kängurus ist, die mal mehr Methan erzeugt und mal weniger.
    "Für uns ist das ein Hinweis darauf, dass sich der Stoffwechsel-Zustand dieser Mikroben verändert."
    Wichtig zu wissen ist dabei: Nicht der ganze Kohlenstoff im Futter wird in Methan umgewandelt. Beträchtliche Mengen zweigt die Mikro-Flora im Verdauungstrakt für ihr eigenes Wachstum ab.
    "Und jetzt kann man sagen: So eine Mikroben-Population kann jetzt entweder so drauf sein, dass sie nicht so viel wächst und dafür mehr Methan produziert. Oder sie ist so drauf, dass sie mehr wächst und nicht so viel Methan produziert."
    Wenn die Kängurus viel zu fressen haben und das Futter flott durchrauscht, spült es auch die Mikroben schnell aus dem Magen, wie Marcus Clauss erklärt:
    "Dann überleben nur die Mikroben, die schnell wachsen. Die mehr auf schnelles Wachstum, weniger Methan produzieren gepolt sind. Wenn ich viel Zeit hab' - dann können auch die, die langsam wachsen und dafür viel Methan geben - denen geht's auch gut. Die werden noch nicht heute ausgeschissen, vielleicht morgen ausgeschissen. Und dann überleben die auch."
    Auf Kühe übertragen bedeutet das: Es wäre wohl kaum sinnvoll, ihnen die Magen-Darm-Flora von Kängurus einzuverleiben. Clauss sieht aber Chancen, die Zucht der Tiere in Richtung Methan-Minderung zu lenken:
    "Das ist übrigens etwas, was Kollegen in Neuseeland tun. Die screenen Schafe darauf, ob sie viel oder wenig Methan produzieren und wollen damit weiter züchten. Und die haben schon gemerkt: Die Schafe, die weniger Methan produzieren, sind auch die, wo der Futterbrei schneller durch den Magen-Darm-Trakt durchgeht."
    Bei Rindern gibt es da auch Unterschiede. Und die Hoffnung, dass uns Kängurus lehren, wie Kühe klimafreundlicher verdauen.