Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Metropolen auf dem Trockenen

Umwelt. - Die wachsende Verstädterung führt zu gewaltigen Umweltproblemen. Bald schon werden die Megastädte genannten Riesenagglomerationen in ernste Wasserprobleme geraten - und das nicht nur in Entwicklungsländern. Auf der Weltwasserwoche wurden Konzepte gegen die drohende Austrocknung diskutiert.

Von Volker Mrasek | 20.08.2009
    "You put together rapid population growth, urbanization, and throw in climate change. And you have a recipe for a really dramatically changed world."

    Rapides Bevölkerungswachstum, ein anhaltender Trend zur Stadtflucht und obendrein noch der Klimawandel – das, sagt Paul Reiter, sei das Rezept für eine dramatisch verändert Welt. Der US-Amerikaner ist der Chef der IWA, der Internationalen Wasser-Vereinigung. Einer Organisation mit rund 10.000 Mitgliedern in über 120 Ländern der Erde, darunter unzählige Ingenieure und Hydrologen. Auf der Welt-Wasser-Woche in Stockholm leitete Reiter jetzt ein Experten-Seminar über die "Städte der Zukunft". Die IWA hat soeben ein Programm mit diesem Namen gestartet. Reiter:

    "Mit dem Programm wollen wir Stadtplaner dazu bringen, sich möglichst schnell auf die Herausforderungen der kommenden, sagen wir, 20 Jahre einzustellen. Es geht darum, Leckagen im Leitungssystem zu beheben, Meerwasser zu entsalzen, wo es möglich ist, Wasser wiederzuverwerten und auch Regen aufzufangen und zu nutzen. Es ist ein ganzes Maßnahmen-Paket."

    Schon in 15 Jahren werden sich zwei Drittel der Megastädte dieser Welt in Regionen befinden, in denen Wasser knapp ist. Diese Zahl wurde in Stockholm genannt. Metropolen in China, Indien oder Südafrika werde es genauso treffen wie Großstädte in den USA, etwa Colorado oder Los Angeles. Es drohe eine immer stärkere Nutzungskonkurrenz zwischen den Bewohnern, der Industrie und der Landwirtschaft.

    Es gibt eine Millionenstadt, die ist den anderen in der Entwicklung weit voraus. Sie gilt in vielem als Modell für die "Stadt der Zukunft". Es ist Perth im Südwesten Australiens. Ein boomendes Bergbauzentrum, in dem vieles aus der Erde geholt wird: Öl, Gas, Kohle, Gold, Zinn, Nickel und so weiter. Rund zwei Millionen Einwohner hat Perth inzwischen – nur kein Wasser mehr. Der Klimawandel beschert der Stadt ein Dürre-Jahr nach dem anderen, nur selten fällt noch Regen. Aufgestautes Flusswasser und Grundwasser können den Bedarf nicht mehr decken. Die australische Geologin und Umweltingenieurin Emma Rose:

    "Perth hat inzwischen eine Anlage zur Meerwasser-Entsalzung. Eine zweite ist in Planung. 15 Prozent des Abwassers, das aus den städtischen Kläranlagen kommt, wird industriell wiederverwertet. Es fließt in eine Metallschmelze und wird dort zu Reinigungszwecken genutzt. Und was es in Perth schon länger gibt: Hausbesitzer fangen Regenwasser auf. Auf ihren Grundstücken haben sie Sickergruben, durch die der Niederschlag abläuft und das Grundwasser auffüllt, das dann wieder über Brunnen genutzt werden kann."

    Die australische Küstenstadt hat dabei noch das Glück, auf einem salinen Aquifer zu sitzen, einem Grundwasserleiter in einer porösen Sandstein-Formation. Das brachte die Hydrologen und Stadtplaner in Perth jetzt auf eine neue, ausgeklügelte Idee. Emma Rose:

    "Perth arbeitet an einem Aquifer-Speicher, den man immer wieder aufladen kann. Man nimmt Abwasser, bereitet es bestmöglich auf und leitet es in den unterirdischen Grundwasser-Leiter. Das ist sinnvoller, als weitere Dämme zu bauen und Flusswasser aufzustauen. Im Untergrund gibt es auch keine Verluste durch Verdunstung. Bei anhaltender Dürre kann man diesen Aquifer-Speicher dann anzapfen."

    Wie Paul Reiter sagt, werden viele Städte gezwungen sein, ihr Wasser-Management auf neue Beine zu stellen. Das Ziel müsse sein, wesentlich sparsamer mit der überbeanspruchten Ressource umzugehen:

    "If we play out the demands for water, for energy, for food, we’ve got demands that equal three planets. And we’ve got about one planet with the ressources."

    Wenn unser Bedarf an Wasser, Energie und Nahrung weiter so steigt, dann bräuchten wir drei Planeten, um ihn zu decken. Wir haben aber nur einen ...