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Migranten in Italien
Geld für die Rückreise und Starthilfe

Für Barnabas und Precious aus Nigeria hat sich die Hoffnung auf ein besseres Leben in Italien nicht erfüllt: ihr Asylantrag wurde abgelehnt, ohne gültige Papiere kein Job. Nun soll ihnen ein Projekt des Italienischen Flüchtlingsrats zur freiwilligen Rückkehr beim Neustart in der alten Heimat helfen.

Von Jörg Seisselberg | 25.07.2019
Barnabas ist müde. In der Nähe der Engelsburg in Rom sitzt er draußen vor einer Bar und nippt an seiner Cola. Es ist seine letzte in Italien, gleich geht es zum Flughafen - und von dort zurück nach Nigeria. In Nordafrika steigen auch in diesem Sommer fast täglich Menschen in Boote, um nach Europa zu kommen. Genau wie es Barnabas vor drei Jahren getan hat. Jetzt will der 22-Jährige zurück, Europa hat ihn enttäuscht.
"Ich habe mir ein gutes Leben hier erhofft, dass ich arbeiten und meine Mutter unterstützen kann. Aber Migranten haben hier kein gutes Leben. Ich habe mir das anders vorgestellt, als ich es nun erlebt habe."
Barnabas ist quer durch den afrikanischen Kontinent gefahren, Freunde sind bei dem Weg durch die Wüste ums Leben gekommen. Monatelang hat er in Libyen ausgeharrt, auf dem Mittelmeer sein Leben riskiert und ist dann von der italienischen Küstenwache gerettet worden. Für den gelernten Friseur, der nach eigenen Angaben 1.600 Euro in seine Flucht investiert hat, war Europa das gelobte Land. Sein Asylantrag aber wurde, wie bei den meisten Nigerianern, abgelehnt. Er saß auf der Straße.
"Ich gehe zurück, weil es in Italien keine Arbeit für mich gibt, ich nicht die nötigen Papiere habe. Hier habe ich auf der Straße um Geld gebettelt. Als ich in meinem Land war, habe ich nie um Geld gebettelt."
Am Nebentisch der Bar in Rom sitzt Precious. Auch er ist aus Nigeria, auch er auf einem Boot über das Mittelmeer nach Italien gekommen – und auch er will nach drei Jahren nach Hause.
"Ich habe hier meine Zeit verschwendet. Ich konnte hier nicht arbeiten. Wenn ich in Nigeria geblieben wäre, hätte ich vielleicht schon eine Universität beendet. Ich freue mich, jetzt zurückzugehen, um neu anzufangen."
Neues Projekt des Italienischen Flüchtlingsrats
Barnabas und Precious gehört zu den ersten, die von einem neuen Projekt des Italienischen Flüchtlingsrats zur freiwilligen Rückkehr profitieren. Es richtet sich unter anderem an Ausreisepflichtige aus Nigeria, dem Land, aus dem bis zum vergangenen Jahr die meisten Migranten nach Italien gekommen sind. Das Programm gibt den Rückkehrern eine Starthilfe für eine neue berufliche Existenz. Barnabas will wieder als Friseur arbeiten.
"Wenn ich in Nigeria zurück bin, werde ich in meinen alten Beruf einsteigen. Ich bekomme die Möglichkeit, einen eigenen Laden zu haben. Ja, und darüber freue ich mich."
Precious wird ein Geschäft aufmachen, in dem er Kleidung und Kosmetik verkauft. Wie alle Rückkehrer in dem Projekt, bekommt er 2.000 Euro Starthilfe, allerdings nicht in bar. Die Partnerorganisation in Nigeria kauft für das Geld einen Laden und erste Ware – damit der Rückkehrer sofort mit seiner neuen Aufgabe anfangen kann und nicht mit leeren Händen dasteht.
Die Realität in Europa sieht anders aus als erhofft
In Deutschland gilt die Rückkehr von Nigerianern als schwierig, unter anderem weil die Behörden nicht kooperieren. Elisabetta Tuccinardi vom Italienischen Flüchtlingsrat erzählt, man habe das Projekt ausführlich der Botschaft präsentiert und nun einen festen wöchentlichen Termin, an dem sich die potenziellen Rückkehrer mit ihren Projekten präsentieren.
"Wir kommen hier jeweils mit zwei, drei Migranten her. Und in der Regel erhalten wir dann innerhalb von zwei Stunden ein Notfall-Reisedokument, mit dem sie am selben Tag ausreisen können."
Seit Ende Mai hat die Nicht-Regierungsorganisation auf diese Weise rund 30 Menschen zurück nach Nigeria begleitet. Es könnten deutlich mehr sein, heißt es, wenn die Regierung die Mittel im Vergleich zu früheren Programmen nicht gekürzt hätte.
Rückkehrer Precious verabschiedet sich mit Handschlag und macht sich auf Richtung Flughafen. Im Gepäck eine Nachricht für seine Landsleute, die überlegen, sich auf den Weg zu machen:
"Meine Botschaft für die, die nach Europa wollen, ist: Denkt nach und trefft nicht diese Entscheidung. Alle denken, sie hätten hier ein besseres, einfacheres Leben und Geld und alles. Aber sie kennen die Realität nicht. Mein Rat an sie ist: Sie sollten nicht kommen."