Mikrokosmos

Raus aus dem Turm, rauf auf die Bühne - Science Slam!

43:44 Minuten
Die angehende Geschichtslehrerin Elisabeth Ruffert boxt sich durch beim "Science Slam" in Leipzig
Die angehende Geschichtslehrerin Elisabeth Ruffert boxt sich durch beim "Science Slam" in Leipzig © Deutschlandradio / Manuel Waltz
Von Manuel Waltz · 06.07.2018
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Zehn Minuten sind nicht viel Zeit für einen Wissenschaftler, um seine aktuellen Forschungsergebnisse zu präsentieren. Unterhaltsam soll es auch noch sein - denn nur dann applaudiert das Publikum! Wer an einem "Science Slam" teilnimmt, sollte wissen, worauf sie oder er sich einlässt.
Das Werk 2 ist wahrlich kein Elfenbeinturm. Es ist einer der beliebtesten Veranstaltungsorte in Leipzig. Große Konzerte finden hier statt - und regelmäßig treten hier junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gegeneinander an - beim Science Slam. Zehn Minuten haben sie Zeit, um dem Publikum ihre aktuellen Forschungsergebnisse zu präsentieren. Jedes Mittel ist dabei erlaubt. Am Ende bestimmt das Publikum per Applaus, wer die oder der Beste war.
Interesse für Abseitiges
Vor noch nicht allzu langer Zeit wurden wissenschaftliche Inhalte unter Eingeweihten verbreitet und diskutiert. Heute erhebt die Öffentlichkeit den Anspruch, zu wissen, was da eigentlich passiert - die Sprache der Wissenschaft muss sich dem anpassen. Das kommt vielen jungen Wissenschaftlern entgegen: Sie wollen ihre Begeisterung für das, wofür sie brennen, auf ein großes Publikum übertragen. Dafür sind die Science Slams die richtige Bühne. Witz und Pointen, klare Worte, Forscher als Darsteller, die das Publikum mit einbeziehen. Das folgt mit Applaus und Buh-Rufen, je nachdem. Beim Science Slam zeigt sich, dass jedes noch so abseitige Thema interessant sein kann, wenn es nur gut genug präsentiert wird.
Moderator Rainer Holl führt durch den Science Slam im Werk 2, Leipzig
Moderator Rainer Holl führt durch den Science Slam im Werk 2, Leipzig© Deutschlandradio / Manuel Waltz
Die angehende Geschichtslehrerin Elisabeth Ruffert schaffte es mit dem "Gesandtschaftszeremoniell des Brandenburg-Preußischen Hofes um 1700" zum Sieg. Sie trug die goldenen Boxhandschuhe davon, weil sie dem Publikum die Verbindung ihres Themas zur heutigen Diplomatie, der immer noch gültigen Politik der Roten Teppiche und erhöhten Treppenstufen, klar zu machen.
Dabei war die Konkurrenz hart: Ihre Widersacher sprachen über Phosphatmangel und noch schnelleres Internet, über Opferblut an Tatwaffen und über neue Erkenntnisse in der Krebsforschung.
"Rockkonzert der Wissenschaft"
500 Menschen waren zum Science Slam im Werk 2 gekommen, es war zum wiederholten Mal ausverkauft. Dieses Format zeigt, wie Wissenschaft begeistern kann. Das will man auch in den Universitäten schaffen. Inzwischen organisieren die Hochschulen mittlerweile selbst solche populärwissenschaftlichen Veranstaltungen.
Professor Dr. Jörg Hacker, Präsident der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, sieht darin eine positive Entwicklung. Denn nur so könne die Wissenschaft in die Gesellschaft hinein wirken, zum Allgemeingut werden wie Literatur oder Musik. Und also findet Hacker die Bezeichnung eines Science Slams als "Rockkonzert der Wissenschaft" überhaupt nicht anrüchig.
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