Mittwoch, 24. April 2024

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Milchgipfel
"Eine schlechtere Qualität der Milch"

Der Preisverfall bei der Milch könnte zu einer Verschlechterung der Milchqualität führen, sagte Britta Schautz von der Verbraucherzentrale Niedersachsen im DLF. Wer Milchbauern unterstützen möchte, sollte am besten direkt beim Erzeuger kaufen oder auf Fair-Siegel achten.

Britta Schautz im Gespräch mit Georg Ehring | 30.05.2016
    Milchkühe stehen am 24.08.2015 in einem Stall in Hohenwestedt (Schleswig-Holstein).
    Weniger Grünfutter für Milchkühe könnte eine Folge des Milchpreisverfalls sein (picture-alliance / dpa / Markus Scholz)
    Georg Ehring: Moderne Hochleistungskühe geben immer mehr Milch und moderne Bauern halten immer mehr Kühe. Das Resultat ist ein dramatisches Überangebot an Milch mit entsprechendem Preisverfall. In Berlin tagt heute der Milchgipfel. Es geht darum, dem Preisverfall entgegenzuwirken und Not leidende Milchbauern zu unterstützen. Viele Verbraucher freuen sich über sinkende Preise für Milch, Butter und Joghurt.
    Andere sorgen sich dagegen um die Zukunft der Landwirtschaft und fürchten auch um die Qualität der Milch von Kühen, die mit sehr vielen Artgenossen in riesigen Ställen und nicht etwa auf der Weide leben. Britta Schautz beschäftigt sich bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen mit Ernährungsfragen. Guten Tag, Frau Schautz!
    Britta Schautz: Guten Morgen!
    Ehring: Frau Schautz, freuen Sie sich über die gesunkenen Milchpreise?
    Schautz: Nein, leider nicht. Natürlich sieht es für Verbraucher ja erst mal toll aus, wenn Milch, Käse, Joghurt und so weiter alle günstiger werden. Aber auf lange Sicht kann sich das natürlich auf die Qualität auswirken, einerseits der Zusammensetzung und andererseits auch auf bestimmte Eigenschaften wie Tierwohl. Denn wenn die Landwirte nicht kostendeckend arbeiten können, dann müssen sie natürlich gucken, wo kann ich Kosten einsparen. Das könnte einerseits billigeres Futter sein, vielleicht mehr Kraftfutter und weniger Grünfutter, und dann haben wir gleichzeitig auch eine schlechtere Qualität der Milch, weil wir weniger Omega-III-Fettsäuren darin haben.
    Ehring: Ist das eine Befürchtung für die Zukunft, oder lässt sich das jetzt schon nachweisen?
    Schautz: Es lässt sich nachweisen, dass Kühe, die regelmäßig Gras zu fressen bekommen, mehr Omega-III-Fettsäuren in der Milch aufweisen. Das lässt sich schon nachweisen. Ob sich der Milchpreis jetzt direkt darauf auswirkt, das natürlich noch nicht. Dafür ist es noch zu früh.
    "Direkt zum Erzeuger fahren"
    Ehring: Die bäuerliche Landwirtschaft wird ja geschätzt, auch weil sie Landleben und Landschaft enthält. Kann der Verbraucher denn durch seine Kaufentscheidung das unterstützen?
    Schautz: Ja, das kann er. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, und zwar wäre natürlich das Schönste, aber nicht jeder hat dafür die Zeit, direkt zum Erzeuger zu fahren und dort seine Milch zu beziehen. Die ist dann meistens teurer, aber diesen Preis bekommt auch der Landwirt dann direkt, da kein Geld für Werbung oder Verpackung oder Transport bezahlt werden muss. Natürlich hat nicht jeder die Möglichkeit. Es gibt aber auch schon Supermärkte, die regionale Anbieter fördern, die diese ins Milchregal aufnehmen, und dann muss der Verbraucher genauer schauen. Auch dafür muss man mehr Geld in die Hand nehmen.
    Nicht von jeder teuren Milch profitieren die Landwirte
    Ehring: Hilft denn der Griff zur teureren Milchsorte überhaupt den Bauern in jedem Fall, oder ist das von Sorte zu Sorte unterschiedlich?
    Schautz: Das ist völlig unterschiedlich. Wenn eine Milch mehr kostet heißt das nicht, dass der Landwirt automatisch mehr bekommt. Es gibt verschiedene Initiativen, die auf der Packung auch direkt damit werben, so was wie "Ein Herz für Erzeuger", dass die Milchwirte mehr Geld dafür bekommen. Das ist aber ein unterschiedlicher Umfang. Da gibt es ganz verschiedene Marken, die das bewerben, und auf diese Aussagen muss man sich dann als Verbraucher auch verlassen. Man kann sich nur auf der Homepage dieser Organisationen informieren. Aber nicht jede teure Milch gibt auch dem Landwirt mehr Geld dafür.
    Ehring: Das heißt, wenn da "fair" draufsteht ist nicht klar, dass da auch fair drin ist?
    Schautz: Ja. Da müssen Sie sich natürlich die genauen Richtlinien dazu anschauen, was bedeutet da fair.
    Ehring: Den Bauern wird ja empfohlen, sich von der Massenproduktion abzuheben zum Beispiel durch Weidemilch. Ist die wirklich dann auch teurer und auch besser?
    Schautz: Weidemilch ist standardmäßig immer deutlich teurer als die normale Milch, die Sie im Supermarkt bekommen. Aber das Problem, das wir in Deutschland haben, ist, dass der Begriff einfach nicht rechtlich geschützt ist. Es heißt nicht, dass die Kühe das ganze Jahr draußen stehen. Je nachdem welcher Anbieter die Weidemilch anbietet, definiert er selber die Kriterien dafür, wie lange die draußen stehen müssen und welches Futter sie bekommen dürfen, und die Kriterien stehen dann im besten Fall auch direkt für den Verbraucher auf der Verpackung.
    Ehring: Wie steht es denn um Biomilch?
    Schautz: Ja, Biomilch sorgt einerseits natürlich dafür, dass die Tiere Auslauf haben, dass das Tierwohl gestärkt wird. Da wird in kleineren Gruppen gehalten. Und die Biolandwirte leiden auch nicht ganz so sehr unter dem Verfall des Preises, denn der Aufzahlungspreis hat sich in den letzten Jahren kaum verändert.
    Ehring: Britta Schautz war das von der Verbraucherzentrale Niedersachsen zum Preisverfall der Milch und der Frage, was wir Verbraucher tun können.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.