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Militäroffensive in Afrin
Syrische Zivilisten fliehen vor türkischer Armee

Die Militäroperation in Nord-Syrien richtet sich gegen die kurdische YPG - doch sie trifft auch viele Zivilisten. Die Zahl der Verletzten steigt stetig, viele sind auf der Flucht. Nun will das kurdisch dominierte Militärbündnis SDF Einheiten aus dem Osten nach Afrin abziehen, um gegen die türkische Armee zu kämpfen.

Von Jürgen Stryjak | 08.03.2018
    Panzer der türkischen Armee gesehen in Afrin, Syrien - 22.1.2018
    Mit ihrer Militäroffensive will die Türkei die kurdischen Volksschutzeinheiten YPG aus dem Gebiet vertreiben. Sie seien ein Ableger der PKK, also Terroristen. (imago stock&people)
    Die Kämpfer der syrischen Opposition, die zusammen mit der türkischen Armee Richtung Afrin vorrücken, sind zuversichtlich. Gerade hätten die Kämpfer des zweiten Bataillons den Ort Shamanli eingenommen, erklärt Muhammed Youssef. Er nennt die Kämpfer 'Helden' und er sagt, sie hätten den Ort 'befreit'. Der Vorstoß werde fortgesetzt, bis ins Zentrum der Stadt Afrin.

    Die Einheit des Kommandeurs besteht aus syrischen Rebellen, die die türkische Armee bei der Militäroffensive im Norden Syriens unterstützen. Die Türkei will die kurdischen Volksschutzeinheiten YPG aus dem Gebiet vertreiben. Sie seien ein Ableger der PKK, also Terroristen.
    Zivilisten auf der Flucht
    Aber die Offensive ist an etlichen Stellen ins Stocken geraten. Seine Einheit hätte zwar mehrere Dörfer eingenommen, berichtet ein Kämpfer, aber man stoße auf Schwierigkeiten. Manche Dörfer seien vermint. Die türkischen Streitkräfte fliegen Luftangriffe und beschießen das Gebiet mit Artillerie. Seit Beginn der Militäroperation vor sechs Wochen sollen mehr als 165 Zivilisten getötet worden sein, berichtet die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die Türkei dementierte dies.
    Seit Januar eroberte die türkische Armee im Norden Syriens rund 100 Dörfer. Viele Menschen sind auf der Flucht. "Wir fliehen vor der türkischen Armee", erklärt ein Mann. "Wir haben alles verloren, das Haus, unsere Schafe." Er möchte seine Frau und die Tochter vor den Bomben in Sicherheit bringen, sagt ein Familienvater.
    In den Krankenhäusern von Afrin arbeiten die Ärzte am Limit. Doktor Khalil Sabr berichtet, dass in seine Klinik jüngst innerhalb von nur zwölf Stunden 25 Verletzte eingeliefert wurden, darunter Kinder. Eine alte Frau schildert den Moment, in dem sie verletzt wurde:
    "Wir waren in unserem Haus in der Nähe von Afrin. Nach dem Morgengebet hieß es, dass die Lage sicher sei, wir könnten das Haus verlassen. Plötzlich landete etwas in unserer Mitte und explodierte."
    SDF-Kämpfer werden nach Afrin verlegt
    Das kurdisch dominierte Militärbündnis Syrische Demokratische Kräfte (SDF) beschloss jetzt, 1.700 Kämpfer vom Osten des Landes nach Afrin zu verlegen.
    "Wir müssen unsere Soldaten schweren Herzens abziehen", erklärte SDF-Sprecher Abu Omar al-Idlibi in einem Stadion in Raqqa. Hier würden sie gegen die IS-Terroristen kämpfen, aber man brauche sie jetzt in Afrin im Kampf gegen die türkische Armee.
    Die SDF-Einheiten sind der stärkste Verbündete der USA im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat im Osten Syriens. Offenbar wurde dort wegen des Abzugs von SDF-Kämpfern bereits eine Operationspause eingelegt. Die USA warnen schon seit Wochen davor, dass die türkische Offensive in Afrin den Kampf gegen den IS schwäche.