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Milliardenstrafen drohen
Airbus im Korruptionssumpf

Schwarze Kassen und dubiose Deals: In mehreren Ländern laufen Ermittlungen gegen den Airbus-Konzern. Dem Unternehmen drohen wegen diverser Altlasten aus der Vergangenheit Strafen in Milliardenhöhe. Noch ist offen, ob auch gegen Konzernchef Tom Enders ermittelt wird.

Von Stephan Lina | 09.10.2017
    Ein Airbus Super-Transporter wird im Airbus-Werk Finkenwerder entladen.
    Ein Airbus-Transporter in Hamburger-Finkenwerder: Schwere Vorwürfe richten sich derzeit gegen den weltweit agierenden Konzern. (imago / Jochen Tack)
    Hat Airbus bei Großaufträgen mit Geld nachgeholfen, um rund um den Globus Entscheidungsträger zum Vertragsabschluss zu motivieren? Etwa bei Zivilflugzeugen für China oder Kampfjets für Österreich. Diesem Verdacht gehen derzeit Ermittler in verschiedenen Ländern nach. Airbus hatte diesen Stein vor einiger Zeit selbst ins Rollen gebracht, mit einer Meldung bei den britischen Behörden. Das sogenannte Serious Fraud Office ermittelt seither gemeinsam mit französischen Behörden. Für Airbus könnte es sehr teuer werden.
    Nach Informationen britischer Zeitungen habe man die Möglichkeit eines Vergleichs durchgesprochen, bei dem die Strafzahlung bei mehr als einer Milliarde Pfund liegen könnte, auch wenn dies von keiner der beteiligten Seiten offiziell bestätigt wird. Das Management rechnet jedenfalls damit, dass es teuer wird. Das geht aus einem Brief an die Mitarbeiter hervor, der dem Bayerischen Rundfunk vorliegt. Dazu kommt der immense Schaden für die Reputation der Firma.
    Geldfluss über Tochterfirmen und Briefkastenadressen
    Die Behörden untersuchen nach übereinstimmenden Berichten derzeit hunderte von Zahlungen, bei denen Geld von Airbus teilweise über Tochterfirmen und Briefkastenadressen lief. Dabei handelt es sich offenbar um Beträge im dreistelligen Millionenbereich. Aus Sicht der Ermittler dürfte es auch darum gehen, ob sich konkrete Schmiergeldzahlungen nachweisen lassen oder zumindest Untreue belegen lässt. Diese liegt – vereinfacht gesagt – vor, wenn Geld aus dem Konzern floss, ohne dass es dafür belegbare und angemessene Gegenleistungen gab.
    Eine wichtige Frage dabei ist auch, was Tom Enders wann von den dubiosen Zahlungen wusste. Das Unternehmen selbst beteuert, der Vorstandsvorsitzende sei sauber. Auf offiziellen und inoffiziellen Kanälen bemüht sich Airbus, das Bild eines Konzerns zu zeichnen, der selbst Opfer betrügerischer Machenschaften wurde. Demnach haben Tochterunternehmen beim Export eine Art Eigenleben geführt.
    Offenbar keine Anklagen geegen Enders geplant
    Auf eine ähnliche Verteidigungsstrategie hatte vor mehr als zehn Jahren auch Siemens gesetzt, als der dortige Schmiergeldskandal aufflog. Auch damals war zunächst von Einzeltätern die Rede. Eine These, die sich nicht lange halten ließ. Staatsanwälte deckten bei Siemens ein regelrechtes Schmiergeldsystem auf. Ein Geflecht, das weite Teile des Konzerns durchzog, und das von Topmanagern gedeckt oder zumindest geduldet worden war.
    Ob es auch bei Airbus und Tom Enders soweit kommt ist offen. Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks sieht jedenfalls die Staatsanwaltschaft München keine persönliche Schuld des heutigen Konzernchefs, der immerhin schon seit Jahrzehnten in verschiedenen Management-Funktionen für Airbus tätig ist. Demnach wird gegen Enders weder ermittelt, noch sind irgendwelche Anklagen gegen ihn geplant. Bisherige Ermittlungen haben offenbar wenige Belege für Korruption ergeben, allerdings gehen die Behörden dem Verdacht auf Untreue nach.
    Hier gebe es verschiedene Verdächtige, zu denen Enders allerdings nicht gehört. Wie aus Verteidigungskreisen zu hören ist, stehen außerdem Berlin und Paris hinter dem Airbus-Chef. Sowohl der deutsche als auch der französische Staat sind Ankeraktionäre des Unternehmens. Aus dem Schneider ist die Führungsspitze jedoch nicht. Dafür dürften schon die möglichen Milliardenstrafen sorgen.