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Minderwertige Brustimplantate
EuGH senkt Hoffnung auf Schmerzensgeld

Tausende Frauen ließen sich in Deutschland Brustimplantate der französischen Firma PIP einsetzen - bis 2010 bekannt wurde, dass diese reißen und die Gesundheit schädigen können. Die Hoffnung auf Schmerzensgeld hat der Europäische Gerichtshof den Betroffenen heute weitgehend genommen.

16.02.2017
    Ein Brustimplantat in Originalverpackung liegt auf einem Tisch, daneben eine blaue Umverpackung mit dem Logo von PIP.
    Ein minderwertiges Brustimplantate der inzwischen liquidierten französischen Firma PIP. (dpa/Dominique Leriche)
    Das Urteil geht auf die Klage einer Frau aus der Vorderpfalz zurück. Sie hatte sich die Implantate einsetzen und dann wieder entfernen lassem, nachdem der Skandal 2010 publik geworden war. Die Frau verlangte vom TÜV Rheinland, der das PIP-Qualitätssicherungssystem zertifiziert hatte, 40.000 Euro Schmerzensgeld. Doch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschied nun: Organisationen wie der TÜV sind grundsätzlich nicht verpflichtet, Medizinprodukte selbst zu überwachen oder unangekündigte Kontrollen bei Herstellern durchzuführen. Nur unter bestimmten Umständen könnten solche Prüfstellen gegenüber Patienten, die geschädigt wurden, haftbar gemacht werden [Rechtssache C-219/15].
    Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich in der Sache an den EugH in Luxemburg gewandt - mit der Bitte, die Auslegung europäischer Vorgaben bei der Kontrolle von Medizinprodukten zu klären. Es wird nun erwartet, dass der BGH die Klage der Frau abweisen wird.
    Weltweit Hunderttausende Frauen betroffen
    Der französische Hersteller Poly Implant Prothèse (PIP) hatte die gesundheitsgefährdende Brustimplantate weltweit verkauft. In Deutschland bekamen tausende Frauen die minderwertigen Produkte eingesetzt, weltweit waren es hunderttausende. Im März 2010 nahm die zuständige Behörde in Frankreich die Produkte wegen der hohen Reißanfälligkeit vom Markt. Das Unternehmen PIP meldet später Konkurs an und wird zwangsliquidiert.
    Als eine betroffene Frau stirbt, werden im Dezember 2011 Vorermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung und Tötung eingeleitet. Die Behörden empfehlen 30.000 französischen Frauen die Entfernung der Implantate. Zwei Jahre später wird der PIP-Gründer in Marseille wegen Betrugs und Verbrauchertäuschung zu vier Jahren Haft und einer Geldstrafe von 75.000 Euro verurteilt.
    (am)