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Mindestlohn in der Baubranche
Last-Minute-Schlichtung soll Durchbruch bringen

Die Baubranche boomt. Das neunte Jahr in Folge ist der Umsatz kräftig gestiegen. Doch über den Mindestlohn wird noch immer gestritten. Nun soll ein Schlichter vermitteln. Doch er hat nicht mehr viel Zeit: Die aktuelle Regelung läuft am Jahresende aus.

Von Panajotis Gavrilis | 18.12.2019
Drei Bauaerbeiter bei der Arbeit. Das Fundament eine Gebäudes wird betoniert, der Beton kommt per Betonpumpe auf die Stahlbeton-Matten.
Nicht auf jeder Baustelle in Deutschland gibt es den gleichen Mindestlohn. (imago images / Jochen Tack)
Die Zeit drängt: Die aktuellen Mindestlöhne für die Baubranche gelten nur noch knapp zwei Wochen bis zum Jahresende. Drei Verhandlungsrunden haben nicht ausgereicht, um die Zeit danach zu regeln. Nun soll ein Schlichter zwischen den festgefahrenen Positionen vermitteln. Das ist auf der einen Seite die Gewerkschaft "IG Bauen, Agrar, Umwelt" und auf der anderen, der Arbeitgeberseite der "Hauptverband der Deutschen Bauindustrie" und der "Zentralverband des Deutschen Baugewerbes".
Zum Hintergrund: In der Baubranche gibt es zwei Mindestlöhne. Einen bundesweiten Mindestlohn für Hilfsarbeiten: Der beträgt 12,20 Euro pro Stunde. Und einen Mindestlohn für Facharbeiten: 15,20 Euro die Stunde. Der Höhere gilt allerdings nur im Westen, im Osten - bis auf Berlin mit einer eigenen Regelung – hingegen nicht. Laut der Gewerkschaft "IG Bauen, Agrar, Umwelt" gilt der Branchen-Mindestlohn immerhin für jeden fünften Bauarbeiter im Westen und für fast jeden Dritten im Osten. Sie fordert, den Betrag für beide Sätze anzuheben und den höheren Mindestlohn im Osten wieder einzuführen. Laut IG BAU würden so 36.000 qualifizierte Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter im Osten profitieren.
Bau-Industrie will einheitlichen Mindestlohn
Die Arbeitgeberseite will hingegen die höhere Mindestlohn-Stufe im Prinzip abschaffen, spricht von "einem einzigen Bau-Mindestlohn". Peter Hübner, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, glaubt an eine zeitnahe Einigung:
"Ich bin mir relativ sicher, dass wir hier schnell zum Abschluss kommen. Da setze ich nicht nur auf den Schlichter, sondern auch auf die beteiligten Parteien."
Schnell, so Hübner, heißt aber nicht zwangsläufig, dass die Parteien sich noch in diesem Jahr einigen.
"Aber wir werden dann früh im nächsten Jahr abschließen. Aber das liegt auch daran, dass man einem Schlichter dann erstmal zubilligen muss, dass er in das Thema reinkommt."
Selbst wenn man sich noch dieses Jahr im Schlichtungsverfahren einigt, bürokratische Hürden dürften bleiben: Das Arbeitsministerium müsste nämlich den Mindestlohn als allgemein verbindlich erklären. Es ist nicht davon auszugehen, dass dies noch in diesem Jahr passiert.
Ohne Einigung gilt ab Januar der gesetzliche Mindestlohn
Gibt es gar keine Einigung, dann wäre das wohl am gravierendsten für die Bauarbeiterinnen und Bauerbeiter, die bei nicht tarifgebunden Unternehmen arbeiten und denen nur der Mindestlohn zusteht. Sie könnten ab dem 1. Januar in den gesetzlichen Mindestlohn abrutschen und nur 9,35 Euro bekommen. Das zumindest sind die Befürchtungen von Gewerkschafts-Seite.
Dabei könnte die finanzielle Ausgangslage für die Unternehmen, um den Streit beizulegen, kaum besser sein. Die Baubranche boomt nach wie vor. Für das laufende Jahr rechnet sie mit einem Umsatzwachstum von 8,5 Prozent auf knapp 137 Milliarden Euro. Auch für nächstes Jahr werden gute Daten erwartet. Die Zahl der Beschäftigten soll dann von aktuell 860.000 weiter steigen.