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MINT-Frühjahrsreport 2018
Dramatischer Fachkräftemangel

Mit knapp 490.000 unbesetzten Stellen hat der Fachkräftemangel in den MINT-Fächern ein Allzeithoch erreicht. Ältere Arbeitskräfte gehen in Rente und zu wenige rücken nach, so der Befund des MINT-Frühjahrsreports. Der Bedarf an Fachkräften steige aber nicht nur aufgrund der guten Konjunktur.

Von Nadine Lindner | 14.05.2018
    IT-Techniker Ben Langenberg geht am 05.05.2014 durch den neuen Hochleistungsrechner im Umweltforschungszentrum (UFZ) in Leipzig (Sachsen).
    Die Zahl der unbesetzten Stellen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) ist im vergangenen um über 30 Prozent gestiegen (picture alliance / dpa)
    Irgendwie scheint das Thema nicht neu, das muss auch Thomas Sattelberger zugeben.
    "Ihr jammert ja schon seit 10 Jahren über diese Lücke. Das Problem ist ja nicht, dass sich nichts verändert, es entwickelt sich ja auch vieles gut. Nur die Wachstumsdynamik der Wirtschaft ist so groß, dass jedes Mal, wenn wir die Lücke schließen, eine neue Öffnung passiert."
    Sattelberger spricht als Vorsitzender der Initiative "MINT Zukunft schaffen" und obwohl er für die FDP seit dem Herbst im Bundestag sitzt, merkt man ihm seine Zeit als Personalvorstand der Post noch deutlich an.
    Seit 2011 erheben der Arbeitgeberverband, der Bundesverband der deutschen Industrie und die Arbeitgeber der Metall- und Elektro-Industrie, kurz Gesamtmetall, Zahlen zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt in MINT-Berufen im sogenannten Frühjahrsreport.
    "Die Lücke hat einen Allzeithöchststand erreicht"
    In diesem Jahr sieht es besonders düster aus.
    490.000 unbesetzte Arbeitsplätze gibt es im MINT-Bereich derzeit. Und selbst wenn alle Arbeitslosen mit naturwissenschaftlicher oder IT-Qualifizierung sofort wieder arbeiten gehen würden, bliebe immer noch eine Lücke von 314.000 offenen Stellen.
    "Die Lücke hat damit einen Allzeithöchststand erreicht. Und ist 32 Prozent höher als im April des Vorjahres", stellt Axel Plünnecke, Bildungsforscher beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln fest. Und nein, es betrifft nicht nur Akademiker.
    "Die Struktur der Lücke hat sich verändert, der Anteil der nicht-akademischen Berufskategorien an der Lücke steigt und liegt mittlerweile bei 67 Prozent.
    Als Ursachen hält der MINT-Frühjahrsreport fest, dass viele ältere Fachkräfte in Rente gehen und zu wenige nachkommen würden. Hinzu käme, dass der Bedarf nicht nur durch die gute Wirtschaftslage steige. Digitale Geschäftsmodelle, stärkerer Einsatz von Elektromobilität oder vernetztem Fahren führten dazu, dass immer mehr Firmen vor allem Informatiker einstellen wollen. Hier ist der Mangel besonders deutlich, 40.000 Stellen sind offen, doppelt so viel wie vor drei Jahren.
    Abbrecherquoten von bis zu über 40 Prozent
    "Die digitale Vernetzung in den Werkhallen, das Internetgeschäft verlangt IT-Spezialisten, seien sie nun akademisch oder nicht-akademisch ausgebildet, beide Gruppen sind notwendig", so Stahl.
    Nach wie vor gibt es in MINT-Fächern deutlich mehr Männer als Frauen, das bleibt ein dauerhaftes Problem. Genauso wie die hohen Abbrecherquoten in Mintfächern - in Informatik sind es über 40 Prozent an Unis und FHs.
    Was also tun, um diesen Mangel zu beheben? Auf der Wunschliste der Wirtschaftsforscher und Verbände steht einiges.
    Neben besseren Vorbereitungskursen für das Studium hat Thomas Sattelberger unter anderem die Berufsschulen im Blick, die er die "Stiefkinder" des Bildungswesens nennt, die müssten unbedingt moderner ausgestattet werden.
    Verbände setzen auf qualifizierte Zuwanderung
    "Dass die auf dem neuesten Stand sind, dass die 3-D-Drucker haben, dass mit digitalen Tools im Unterricht gearbeitet wird. Dass mit Industrie 4.0 und Robotics-Anlagen gearbeitet wird, das sind ja alles sehr teure Anlagen."
    Auch Menschen, die schon im Berufsleben stehen, sollen die Möglichkeit zur Weiterbildung bekommen, um in MINT-Berufen arbeiten zu können.
    Außerdem setzen die Verbände auf qualifizierte Zuwanderung - und zwar nicht nur von Akademikern, sondern auch von Menschen mit einer Berufsausbildung. Die sollten mehr Zeit für die Jobsuche in Deutschland bekommen, findet Axel Plünnecke. Der Koalitionsvertrag sieht derzeit vor, dass ein Arbeitsplatz schon bei der Einreise nachgewiesen sein muss - das sollte seiner Ansicht nach gelockert werden.