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Missbrauchsvorwürfe
Haitis Fußball-Präsident unter Verdacht

Der langjährige Präsident des haitianischen Fußballverbandes Yves Jean-Bart soll Spielerinnen sexuell missbraucht haben. Behörden und die FIFA Ethikkommission ermitteln. Spielerinnen berichten von Drohungen, damit sie ihre Anschuldigungen gegen Jean-Bart fallen lassen.

Von Robert Kempe | 05.06.2020
Frauen in Haiti demonstrieren mit Plakatenwährend der Anhörung des Präsidenten des haitianischen Fußballverbandes, Yves Jean Bart, für Frauenrechte.
Ruf nach Gerechtigkeit: Frauen in Haiti demonstrieren während der Anhörung Präsident des haitianischen Fußballverbandes Yves Jean Bart, dem sexueller Missbrauch vorgeworfen wird. (imago)
Die Vorwürfe sind gravierend. Fußballerinnen, darunter Nationalspielerinnen, beschuldigen den langjährigen Präsidenten des haitianischen Fußballverbandes, Yves Jean-Bart, sie sexuell missbraucht zu haben.
Über die Anschuldigungen berichtet die britische Zeitung "Guardian" seit Ende April. Mittlerweile ermitteln die Behörden in Haiti, und auch die Ethik-Kommission der FIFA wurde tätig. Sie suspendierte Yves Jean-Bart, auch "Dadou" genannt, vorläufig für 90 Tage vom Präsidentenamt. Jean-Bart weist alle Vorwürfe von sich.
Abtreibung und Schwangerschaften
Der Missbrauch soll sich im "Centre Technique National" abgespielt haben, einem Trainingskomplex des haitianischen Verbandes in Croix-des-Bouquets in der Nähe der Hauptstadt Port-au-Prince. Die Einrichtung, finanziert mit Geldern aus dem FIFA-Entwicklungshilfeprogramm "Goal", dient immer wieder als Beispiel für das Engagement des Weltverbandes in ärmeren Regionen der Welt.
Yves Jean-Bart, langjähriger Präsident des haitianischen Fußballverbandes
Yves Jean-Bart, langjähriger Präsident des haitianischen Fußballverbandes, soll Spielerinnen sexuell missbraucht haben (imago)
Über Jahre, so zitiert der "Guardian" mehrere Spielerinnen, die anonym bleiben wollen, wären sie im "Centre Technique National" unter Druck gesetzt worden, sexuelle Beziehungen mit Präsident Yves Jean-Bart einzugehen. Er habe angedroht, sie sonst aus dem nationalen Fußballprogramm auszuschließen. Eine 17-jährige Spielerin hätte abtreiben müssen, andere wären schwanger geworden und hätten gar Kinder geboren.
Pressesprecher spricht von Schmutzkampagne
Seit 2000 ist Yves Jean-Bart Präsident des haitianischen Verbandes. Im Februar wurde er in seine sechste Amtszeit gewählt. Evan Niermann, eine Art Krisenmanager und derzeit Pressesprecher des Verbandes, spricht von einer Schmutzkampagne gegen Jean-Bart.
"Die Anschuldigungen sind alle falsch. Sie kommen von anonymen Quellen ohne den Fetzen eines Beweises. Jean-Barts Position als Fußballpräsident soll damit untergraben werden."
Schwerer Schlag für die FIFA
Die Ethik-Kommission der FIFA ermittelt. Nach Angaben des Weltverbandes würde man mit Experten und Organisationen in Haiti kooperieren. Währenddessen berichten Spielerinnen davon, dass sie und ihre Familien bedroht worden seien, damit sie ihre Anschuldigungen gegen Yves Jean-Bart fallen lassen.
Auch für die FIFA sind die Anschuldigungen ein schwerer Schlag. Erst vor einem Jahr wurde der Präsident des afghanischen Fußballverbandes lebenslang gesperrt. Die FIFA sah es damals als erwiesen an, dass Keramuudin Karim jahrelang mehrere Nationalspielerinnen sexuell missbrauchte. Als Reaktion darauf hatte die FIFA ein Kinderschutz-Programm ins Leben gerufen.