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Missbrauchsvorwürfe im britischen Turnen
Athletinnen warten auf Stellungnahme

Seit August vergangenen Jahres sind die Vorwürfe bekannt, die frühere und aktuelle britische Top-Turnerinnen erheben: Mobbing wegen angeblicher Gewichtsprobleme, Training trotz Verletzung, eine Kultur der Angst, seelische Grausamkeit. Jetzt fordern sie von ihrem Verband Aufklärung und Gerechtigkeit.

Von Thomas Spickhofen | 29.03.2021
Catherine Lyons steht auf dem Schwebebalken und holt Schwung für einen Sprung.
Die britische Turnerin Catherine Lyons, hier bei der Junioren-EM 2014, erhebt schwere Vorwürfe gegen Trainingsmethoden in ihrem Verband. (imago sportfotodienst)
Die Athletinnen sprechen von vier Jahrzehnten der systematischen physischen und psychischen Misshandlung in ihrem Sport.
Das sei bis zu Sechsjährigen hinuntergegangen, berichten sie. 17 von ihnen haben Ende Februar einen Brief an ihren Verband aufgesetzt, in dem sie Aufklärung fordern. Inzwischen sind noch einmal 20 hinzugekommen, die sich dem Brief und den Forderungen angeschlossen haben.

Verband bittet um mehr Zeit

Bis Ende vergangener Woche wollten sie eine Antwort haben. Die aber haben sie nicht bekommen, stattdessen – nach Angaben der Anwälte, die sie vertreten – nur die Bitte des Verbandes um mehr Zeit – und zwar bis Dezember. Die Kanzlei hat jetzt eine neue Frist gesetzt, bis Mitte Juni. Danach will sie vor Gericht gehen, wenn es keine Antwort gibt. Wenn der Verband nicht sein volles organisatorisches Gewicht in die Angelegenheit einbringt, sagt eine Sprecherin der Athletinnen, dann werden wir ihn vor Gericht zu Reformen in dem Sport zwingen, den wir so lieben.
Die britische Turnerin Amy Tinkler im Finale im Bodenturnen bei den Olympischen Spielen 2016. 
Britischer Turnverband in tiefer Krise
Zahlreiche britische Turnerinnen machen dem Turnverband schwere Vorwürfe. Sie hätten zu wenig zu Essen bekommen und seien gezwungen worden, trotz Schmerzen zu trainieren. Eine unabhängige Kommission soll nun die Vorwürfe überprüfen.
Jeder Tag mit Verzögerungen bedeute für die betroffenen Sportlerinnen, dass ihnen die verdiente Gerechtigkeit verweigert werde und andere ähnlichen ernsthaften Schäden ausgesetzt werden. Den Athletinnen ist daran gelegen, noch vor Beginn der Olympischen Sommerspiele Ende Juli eine Antwort zu erhalten.