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Mission Ermutigung

Nicht nur in Iran regt sich Protest gegen die Führung des Landes. Auch in Deutschland sorgen sich Exil-Iraner um die Zukunft der islamischen Republik. Mit allen verfügbaren legalen Mitteln unterstützen sie den Protest zuhause - so gut es geht.

Von Dorothea Jung | 28.12.2009
    Sar amad Semestan - Der Winter geht zu Ende, der Frühling erblüht.
    Die rote Blume der Sonne geht wieder einmal auf, und die Nacht verschwindet. Die Berge sind übersät mit Tulpen. Und die Tulpen sind erwacht. Sie pflanzen den Sonnenschein in die Berge, Blume für Blume.


    Eigentlich ist dies nur ein altes persisches Frühlingslied. Doch es hat eine besondere Bedeutung bekommen: 1979, in den frühen Tagen der islamischen Revolution, wurde es auf den Straßen Teherans gesungen, während das Schah-Regime stürzte. Vor allem von den Linken. Und heute ist das Lied erneut zu hören. Gegner des Mullah-Regimes stimmen es auf ihren Demonstrationen an. Auch in Deutschland hört man es auf Kundgebungen zur Unterstützung der Demokratiebewegung im Iran.

    Zum Beispiel vor Kurzem in Berlin, am sogenannten Studententag des Iran. Am Kurfürstendamm, gegenüber dem Café Kranzler, singen etwa 100 Exil-Iraner und Iranerinnen in strömendem Regen von ihrer Hoffnung auf einen politischen Frühling im Mullah-Staat. Sie erinnern an ermordete Studenten im Iran:

    "Im Gedenken an den Tag, an dem drei Studenten durch Spezialgarden der Putschisten des Schahs ermordet wurden, im Gedenken an den 21, Januar 1962, den Tag, an dem monarchistische Sicherheitskräfte Universitäten stürmten ..."

    Während die Exiliraner hier in Berlin auf die Straße gehen, werden in Teheran demonstrierende Studenten von der Polizei niederknüppelt und verhaftet, in der zentraliranischen Stadt Yazd fährt ein Jeep der Sicherkräfte gezielt fliehende Demonstranten nieder.

    "Wenn man sieht, wie die Studenten immer wieder auf die Straße gehen, trotz der Unterdrückung durch den Staat! Und es ist halt ziemlich mitreißend, was sie dort leisten, und das ist halt ein sehr, sehr bedeutender Tag auch im Exil für alle Iranerinnen und Iraner, wenn heute noch Studenten auf die Straße gehen."

    Die 29-jährige Philosophiestudentin ist Mitglied einer Initiative, die sich "Säkulare Iraner und Iranerinnen für Freiheit und Demokratie" nennt. Es ist ein locker organisierter Kreis iranischstämmiger Deutscher in Berlin, offen für alle, die sich einen säkularen Rechtsstaat und freie Wahlen im Iran wünschen.

    "Ich arbeite als Diplomingenieur bei einer Firma hier in Deutschland.

    Ich bin Ärztin.

    Ich bin vor 26 Jahren aus meinem Land nach Deutschland geflüchtet, und ich bin zurzeit Taxifahrer.

    Ich bin 32 Jahre alt und Lehrerin; als wir vor ungefähr 22 Jahren nach Deutschland gekommen sind, habe ich meine Mutter gefragt, wann wir denn zurückkönnten. Und sie hat gesagt: 'Wenn wieder 'ne Revolution ist und es wieder ein anderes System geben wird'. Das heißt: Im Prinzip hab ich mein Leben lang darauf gewartet, dass genau das passiert im Iran."

    Fast alle Mitglieder der iranischen Exilopposition sind "Davongekommene" - entweder mussten sie selbst vor den Mullahs fliehen - oder ihre Eltern. In Berlin engagieren sich deswegen viele beim Verein für iranische Flüchtlinge. Diesen Selbsthilfeverein gibt es schon seit 24 Jahren - und fast genauso lange prangert Vereinssprecher Hamid Nowzari Menschenrechtsverletzungen im Iran an. Doch seit dem Wahlbetrug im Juni dieses Jahres beobachtet der 51-Jährige, dass sich die iranische Exilanten-Szene in Deutschland radikal verändert.

    "Es sind viele neue Gesichter dazu gekommen, sind spontan viele, die sich mit Jugendbewegungen im Iran, mit Studenten im Iran, mit Frauen im Iran sich verbunden fühlen, und daher organisieren die jetzt sehr fantasievoll, so bisschen unorthodox, viele spontane, aber auch schon geplante Veranstaltungen und Kundgebungen, manchmal mit uns als sogenannte alte Kader, aber manchmal auch nur sie allein."

    So sind am 7. Dezember, dem iranischen Studententag, in Berlin neben der Initiative der "Säkularen Iraner und Iranerinnen für Freiheit und Demokratie" noch zwei weitere Gruppen aktiv, um ihre Solidarität mit den Studierenden im Iran zu bekunden. In Frankfurt am Main, Karlsruhe und Hannover werden Mahnwachen abgehalten, in Hamburg organisieren iranisch-stämmige Studenten eine mehrstündige Informationsveranstaltung. Dem Berliner Hamid Nowzari zufolge haben sich seit dem Wahlbetrug Ahmadinedschads in der gesamten Bundesrepublik Unterstützergruppen für die iranische Demokratiebewegung gegründet.

    "Soweit ich weiß, in fast allen Großstädten in Deutschland, nicht nur Berlin, Köln, Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf, Aachen, sogar in kleinen Städten wie Wiesbaden oder Heidelberg wie Mannheim, wo ja nur kleine Gruppen von Iranern leben, organisieren die sich, die machen irgendwas, aus Solidarität mit Bewegung im Iran. Das ist eine sehr neue Qualität auch; so was haben wir in den letzten zehn, 15 Jahren überhaupt nicht gehabt."

    Jahrelang konnte man die iranische Exil-Opposition in Deutschland grob in vier Gruppen einteilen: erstens die Schahanhänger oder die Verfechter einer konstitutionellen Monarchie. Zweitens die Gruppierungen der politisch radikalen Linken. Also Marxisten, Leninisten, Kommunisten. - Drittens das demokratisch-linke und bürgerlich-liberale Lager, die sogenannten "Republikaner". Und viertens die Volksmodjahedin, die der Verfassungsschutz als totalitär einstuft. Diese links-islamistische Gruppierung behauptet, die einzig legitime Alternative zum Mullah-Regime zu sein. Weshalb sie von der demokratischen Exilopposition gemieden wird.

    Doch selbst bei den extremistischen Volksmodjahedin scheint etwas in Bewegung gekommen zu sein. Als zum Beispiel im Juni dieses Jahres vorwiegend junge Exiliraner gegen den Wahlbetrug protestieren und untermalt mit Rap-Musik "Freiheit" - Persisch: "Azadi!" skandieren, stehen auch Mitglieder der Volksmodjahedin in der Menge. Hamid Nowzari vom Verein iranischer Flüchtlinge nennt das einen bemerkenswerten Vorgang.

    "Es waren Szenen, wo die ja mit ihren Plakaten und Parolen aufgetaucht sind, und auf Bitten der Veranstalter haben wir gebeten, dass keine spezifische von irgendeiner (der) Gruppierungen die Plakate hochgehalten wird, und die haben auch mitgemacht und ihre Plakate dann wieder zurückgestellt und mit den anderen mitgemacht. Das ist auch ein Kennzeichen der letzten sechs, sieben Monate, wo ja viele versuchen, trotz verschiedener Stimmen zusammen was zu machen."

    Zu Beginn der Demonstrationswelle im Sommer gab es noch offenen Streit zwischen Anhängern von Mir Hussein Moussawi und säkularen Demokratie-Verfechtern. Deren Urteil über den um den Sieg betrogenen Gewinner der Wahl: zu undemokratisch, zu religiös, und überdies politisch belastet durch Hinrichtungen während seiner Amtszeit als Premierminister unter Präsident Rafsandschani. "Doch jetzt organisieren wir Veranstaltungen mit Menschen, die wir früher nicht einmal gegrüßt haben", erzählt Farhad Fardjad, 66 Jahre alt und für die sogenannte Republikanische Union aktiv, ein Bündnis ehemaliger Linker, das man als sozialdemokratisch bezeichnen kann.

    "Fast kann man sagen, Erzfeinde in der Immigration sind zusammengekommen, und wir haben gemeinsam Demonstrationen, Veranstaltungen organisiert und versucht, mit Iran Kontakt aufzunehmen und die Stimme in Europa widerzuspiegeln und mit allen möglichen Möglichkeiten von uns den Iranern im Iran zu helfen. Ich kenne Leute, die 20 Jahre gar nichts getan haben, manche haben mir erzählt, dass sie einen Monat nicht schlafen konnten, geweint haben und fast wie verrückt auf der Straße waren."

    Als der international bekannte iranische Dissident und Journalist Akhbar Gandji kürzlich einen Vortrag in Berlin hält, sitzen im Publikum neben Kommunisten und Liberalen, gemäßigten Muslimen und Atheisten auch zwei Volksmodjahedin und - drei Männer mit einer kleinen grün-weiß-roten Anstecknadel am Revers, in deren Zentrum das Bild eines Löwen mit Schwert zu sehen ist: Dies ist oft das Erkennungszeichen von Monarchisten. Diese noch vor einem Jahr undenkbare Publikumsmischung hat allein der Mut der jungen Opposition im Iran zusammengebracht. Davon ist Mehran Barati überzeugt. Der 66-Jährige ist seit vielen Jahren in der Exilpolitik aktiv als Sprecher der Iranisch-Republikanischen Union.

    "Ich bin so begeistert über diese neue Generation, die tausendmal klüger ist, als wir es waren, und die aber auch tausendmal tapferer sind, als wir es waren. Die werfen alles auf die Waagschale, besonders unter den Frauen ist dieser Mut, die diesen verbrecherischen Bassidjis und Pasdarans gegenübertreten, wie sie einzeln denen entgegentreten und ihnen in den Hintern treten, selbst, wenn sie hinterher zu ihnen geschlagen werden, das frohlockt mich einerseits, andererseits macht mich traurig, weil wir immer noch so machtlos sind."

    Das Aufleben einer politisch aktiven iranischen Opposition ist nicht nur im Land der Ayatollahs ganz überwiegend jungen Menschen zu verdanken. Auch die Exilopposition erhält ihre Impulse im Wesentlichen aus der jungen Generation. Von Menschen wie Sara Dehkordi zum Beispiel. Die 26-jährige Studentin der Religion und Kultur hat das "Netzwerk junger Iraner in Berlin" gegründet.

    "Das Netzwerk junger Iraner in Berlin ist eine Zusammenkunft von vielen verschiedenen jungen Iranerinnen und Iranern und auch Deutschen, die eben daran interessiert sind, die neue demokratische Bewegung im Iran zu unterstützen - , also Solidaritätsveranstaltungen und Aktionen. Das Netzwerk ist pluralistisch mit vielen verschiedenen Ansichten, es gibt jetzt keine politische Linie, und wir haben überlegt, ob wir nicht auch eine Zeitschrift machen, die ebenso pluralistisch ist, also zu gucken, wie man geistig beitragen kann zu dieser Bewegung."

    Ein lose organisiertes Netzwerk, das demokratische Meinungsvielfalt verkörpert und demokratischen Meinungsstreit fördert. Das im Wesentlichen über digitale Medien miteinander kommuniziert, sich auf Internetseiten trifft, sich mit Hilfe von SMS und Twitter informiert und verabredet. Weil im Netzwerk auch viele junge Iraner mitarbeiten, die gerade erst zum Studium nach Deutschland gekommen sind, fließen immer aktuelle, verlässliche und persönlich nachprüfbare Informationen ein. - Das ist neu. Neu ist auch, wie das Netzwerk seine Mitglieder mobilisiert. Neben konventionellen Mobilisierungs-Formen wie Einladungen zu Podiumsdiskussionen, Solidaritätskonzerten und Aufrufen zu Großdemonstrationen setzt die Gruppe auf sogenannte Flash-Mob-Aktionen. Also auf spontane, meist per SMS organisierte Proteste. So etwa im November vor der Berliner O2 -Arena.


    In das Veranstaltungszentrum "O2-Arena" hatte das finnisch-deutsche Gemeinschaftsunternehmen Nokia-Siemens Gäste zum Schlagerabend geladen. Nokia-Siemens soll Technologie in den Iran geliefert haben, die dem Regime die Zensur der digitalen und mobilen Kommunikation ermöglicht. Das Unternehmen bestreitet dies, die Netzwerker glauben ihm nicht. Sie sehen sich und die iranische Opposition in einem wichtigen politischen Betätigungsfeld getroffen.

    "Boykottiert Unternehmen wie Nokia und Siemens, die es zulassen, dass im Iran die Menschen terrorisiert werden, gefoltert werden, umgebracht werden! Fördern Sie das nicht!"

    Die Zeugnisse aller Aktionen der Netzwerker wandern sofort über Internet oder Handy als Videobotschaft, Text- oder Audio-Nachricht bzw. per Onlinedienst Twitter in den Iran. Hinzugefügt werden umfangreiche Informationen, die im Westen über die tatsächliche Lage im Iran erhältlich sind. Diese Gegenöffentlichkeit zu den zensierten iranischen Medien sei genauso von Belang wie die moralische Unterstützung, sagt der iranische Dissident und Journalist Akhbar Gandji.

    "Es ist sehr bedeutsam, dass die Informationen, die man aus dem Iran erhält, wieder in den Iran zurückfließen. Außerdem ist es eine wichtige Sache, dass die Menschen im Ausland Anteil nehmen an den Vorgängen im Iran und ihre Sympathie mit der Bewegung bekunden. Und drittens: Da es keine freien Medien im Iran gibt, sollte die Exilopposition auf allen Wegen, Radio, Fernsehen, Internet und so weiter der Informationsknappheit im Iran vorbeugen."

    Und genau dies geschieht. Das ist einer der Gründe, warum die iranische Telefongesellschaft immer wieder Internet und Mobilfunk-Netze stört. Der andere Grund: Es sollen keine Bilder von Protesten aus dem Iran ins Ausland gelangen. Doch dank der Kontakte der Netzwerker erfährt die demokratische Welt trotzdem davon, sagt Aktivistin Sara Dehkordi.

    "Facebook, Twitter, Internet, E-Mail, das ist jetzt so das, was am wichtigsten ist, weil der Informationsaustausch mit den Aktiven im Iran so stattfinden kann, also nur über Telefon geht's nicht, die Telefone werden abgehört. Und alles das, was Gruppen machen, alles das, was man rüberbringen will an Inhalten, macht man eigentlich übers Internet."

    Netzwerk-Mitglied Sepideh Khaksar studiert erst seit etwa einem halben Jahr in Deutschland. Die 28-jährige Iranerin zog nach Berlin, um hier ihre Promotion in Musikarchäologie zu schreiben. "Als ich ankam, war ich noch unpolitisch", gesteht sie. Aber dann wurde im Iran gegen den Wahlbetrug protestiert.

    "Vor sechs Monaten ich war eine ganz andere Sepideh. Nach diesem Wahlbetrug zum Beispiel ich hab zwei Freunde verloren. Zwei Freunde von mir sind erschossen worden auf der Straße, und das tut mir ganz weh, ich möchte was tun."

    Im Netzwerk trifft die junge Iranerin auf Menschen wie Pedram Shahyar. Der floh 1986 als Zwölfjähriger mit seinen Eltern nach Deutschland. Heute ist der Diplompolitologe Mitglied im Koordinierungsrat von Attac und promoviert zurzeit über "Führungsprobleme in sozialen Bewegungen". "Im Moment fließt allerdings der Großteil meiner Kraft in die Netzwerkarbeit", gesteht er:

    "Diese Revolte hat mich erst mal politisch sehr inspiriert, weil der Mut der Menschen einmalig ist, wenn man weiß, welche Brutalität das Regime da anwendet. Und dass die Leute trotzdem kämpfen, und da wollte ich irgendwie helfen, wollt ich mit dabei sein. Aber dieses geschehene Leid auch irgendwie zu Gerechtigkeit bringen, das ist auch ein sehr starkes Motiv."

    Es ist das Leid seiner Familie: Das Mullah-Regime ließ die Geschwister seiner Eltern hinrichten. Viele im Netzwerk haben Angehörige, die das iranische Regime umbringen ließ. So war auch für den 24-jährigen Sohrab Mokhtari ein politischer Mord ausschlaggebend für sein politisches Engagement im Netzwerk. Der Vater des Philosophie-Studenten, ein bekannter iranischer Schriftsteller, wurde vor neun Jahren entführt und - vermutlich von staatlichen Sicherheitsbediensteten - ermordet. Wenn Sohrab Mokhtari an all die verhafteten und erschlagenen Demonstranten im Iran denkt, dann weiß er: Ihre Angehörigen haben einen langen Leidensweg vor sich.

    "Also ich spür in mir vor allem einen großen Schmerz, weil als ich damals meinen Vater verloren habe, hat es lange Zeit gedauert, bis ich die Traumatisierung des Verlustes meines Vaters verarbeitet habe. Und deshalb glaube ich, dass die Leute, die jetzt im Iran ihre Brüder und Schwestern, ihre Väter und Mütter verloren haben, auch eine lange Zeit brauchen, die Traumatisierung zu verarbeiten, und das ist schwer für mich und auch natürlich für die Leute im Iran und unsere Familien und Freunde."

    Sohrab Mokhtari hofft, dass die Aktivitäten der Exilopposition die iranische Demokratiebewegung tatsächlich ermutigen können. Und ein wenig dazu beitragen, dass die Verzweiflung von Angehörigen der Opfer nicht zu groß wird. Ähnliche Hoffnungen hat auch Sara Dehkordi. Ihr Vater wurde vom iranischen Geheimdienst ermordet - 1992 im Berliner Restaurant Mykonos.

    "Eine Rolle spielt das schon, weil man auch immer darüber nachdenkt, dass es ja nicht umsonst gewesen sein soll. Und lange Zeit war, war man sehr, ja, enttäuscht und auch demotiviert, weil man immer dachte, es gibt nichts zu mobilisieren. Und mit dieser Bewegung hat man natürlich neue Motivation, aber es geht auf keinen Fall irgendwie um Rache oder so, also es geht einfach nur um Gerechtigkeit."

    Es bleibt nicht aus, dass die Spitzel der islamischen Republik die Exilopposition sorgfältig beobachten. Bei einer Aktion vor der iranischen Botschaft zum Beispiel treten zwei Männer aus der Residenz auf die Straße. Einer von ihnen ist Ali Zavareh, der im Berliner Büro der staatlichen Rundfunkgesellschaft des Iran arbeitet und als sehr guter Freund der Machthaber im Iran gilt. Als Zavareh einen Gefährten anweist, die jungen Leute auf der anderen Straßenseite zu filmen, regt sich Protest.

    "Bezahlter Spitzel, hau ab", skandiert die Gruppe. Die Exilopposition weiß, dass die Spitzel der islamischen Republik auch in ihren Veranstaltungen sitzen. Doch Netzwerkerin Sara Dehkordi versucht, sich von derartigen Aktivitäten nicht in die Enge treiben zu lassen.

    "Angst schon manchmal, aber ich glaube nicht, dass es um Aktivitäten geht vom Geheimdienst direkt, gewalttätige Aktivitäten, sondern ich glaub, dass sie immer wieder gewillt sind, diese Drohkulisse aufzubauen. Ein As, das die immer wieder haben und auch ausspielen, ist, dass man eben, wenn man aktiv ist, nicht in den Iran reisen kann. So kriegen sie auch viele Leute zurück in die Wohnungen."

    Die jungen exiliranischen Gruppen sind gut miteinander vernetzt, planen vielerorts Aktivitäten gemeinsam und arbeiten trotzdem an ihrem politischen Profil. "Das haben wir jungen Leute den älteren Exilgruppen voraus", meint der Unternehmensberater Mohsen Vahedi aus Berlin, der einen Verein gegründet hat, der sich Colour of Democratic Election nennt. "Wir haben begriffen, dass wir in einem Punkt alle das Gleiche wollen: freie und geheime Wahlen im Iran".

    "Ich denke, dass wir zu dem Entschluss gekommen sind, zumindest die Mehrheit der Exiliraner, dass man jetzt in diesem Moment zusammenhalten muss. Und wenn es zu einer demokratischen freien Wahl kommt, dann kann man ja politisch gegeneinander arbeiten, das heißt noch lange nicht, dass wir Feinde sind, sondern: Wir müssen halt miteinander arbeiten, bis wir halt dieses Ziel, die freien Wahlen erreichen."