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Mission Europa Clipper
Suche nach Leben auf Jupiters Eismond

Als der Ort im Sonnensystem mit der höchsten Wahrscheinlichkeit für Leben gilt den meisten Astrobiologen der Jupiter-Mond Europa. Unter seinem Eispanzer gibt es wahrscheinlich mehr flüssiges Wasser als auf der Erde. Bei einer geplanten Mission zum Eismond könnte eine Einschmelzsonde zum Einsatz kommen.

Von Guido Meyer | 22.11.2016
    Ansicht des IceShuttles von seiner Spitze beziehungsweise dem Schmelzmodul aus betrachtet
    Ansicht des IceShuttles von seiner Spitze beziehungsweise dem Schmelzmodul aus betrachtet (Jan Albiez)
    "Jetzt gehen wir einmal hinein in die Kältekammer. Ziehen Sie die Fäustlinge an!"
    Die Kältekammer des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt ist so eine Art begehbarer Kühlschrank - ein kleiner Raum ohne Fenster. Die Luft kondensiert, wenn DLR-Projektleiter Stephan Ulamec die Tür öffnet. In dieser Kammer setzt das Kölner Institut für Raumsimulation Prototypen künftiger Raumsonden den unwirtlichen Bedingungen des offenen Weltraums aus:
    "Das haben wir jetzt im Moment nur so auf minus 25 Grad eingestellt. Das reicht im Augenblick für die Tests. Aber Sie merken, es ist ziemlich frisch hier."
    Mitten in diesem "begehbaren Kühlschrank" hängt SUSI. Diese Abkürzung steht für Sonde Under Shelf Ice, eine Sonde also, die unter schwimmenden Eisplatten nach Leben suchen soll. Einschmelzsonden nennen die Ingenieure vom DLR solche Roboter, weil sie sich durch kilometerdickes Eis schmelzen können. SUSI ist einen halben Meter lang, etwa zehn Zentimeter breit und silbern:
    "Die Sonde ist im Wesentlichen ein Aluminiumrohr. Und das eigentliche Element, das wir hier testen, ist in der Spitze diese Halbkugel. Da sind die Heizelemente drinnen, mit deren Hilfe man eben das Eis aufschmilzt und den Kanal in den Jupiter-Mond Europa einschmelzen kann."
    Die Eisschicht des Mondes schätzen die Forscher auf bis zu fünfzig Kilometer Dicke. SUSI soll sich mit einer Geschwindigkeit von ein paar Metern pro Stunde durch die harte, gefrorene Kruste schmelzen. Die Sonde rutscht dann unkontrolliert senkrecht nach unten. Während des Abstiegs überträgt sie Messergebnisse entweder an einen Lander, der oben auf dem Eis des Mondes steht, oder an ein Mutterschiff, das regelmäßig an Europa vorbeifliegt. Dieses Szenario entspricht den Plänen der US-Raumfahrtbehörde NASA. Sie entwirft derzeit die Mission Europa Clipper.
    "Nun gibt es eine Einladung an die Europäer, sich an dieser Mission zu beteiligen. Und eine sinnvolle Beteiligung wäre es, einen Lander, der dann unter Umständen eben auch mit solch einer Einschmelzsonde versehen sein könnte, beizustellen."
    Unterschiedliche Prototypen bereits entwickelt
    SUSI ist nicht das einzige Konzept einer Einschmelzsonde für Europa. Auch das Deutsche Forschungszentrum für künstliche Intelligenz hat bereits in Schwimmbecken einen Prototyp getestet. Das IceShuttle erreicht eine Ausdehnung von vier Metern und ist damit acht-mal länger als SUSI. Dabei ist es jedoch nur zwanzig Zentimeter breit. Es handelt sich also ebenfalls um ein Rohr. Auch der Einschmelzmechanismus ähnelt dem von SUSI, erläutert Marius Wirtz, Ingenieur in der Abteilung Unterwasser- und Weltraum-Robotik am Robotics Innovation Center in Bremen:
    "Man hat eine heiße Nase quasi oder eine heiße Spitze, und somit schmilzt man sich halt durch das Eis. In Kombination mit der Schwerkraft sinkt man einfach in das Eis hinein."
    Der Tauchroboter des IceShuttles beim Wassern in der Maritimen Explorationshalle des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) / Robotics Innovation Center (RIC) in Bremen
    Der Tauchroboter des IceShuttles beim Wassern in der Maritimen Explorationshalle des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) / Robotics Innovation Center (RIC) in Bremen (Annemarie Popp)
    Erreicht das IceShuttle den Ozean unter dem Eis, entlässt es einen Tauchroboter. Dieses U-Boot kehrt nach jeder Erkundungsfahrt selbständig zurück zum Mutterschiff, dem IceShuttle, um Daten zu übertragen und die Batterien aufzuladen. Astrobiologen rechnen weniger damit, dass sich mögliches Leben gleich unter der Eisschicht oder im offenen Ozean aufhält. Wenn es auf Europa Organismen gibt, dann am ehesten in der untersten Schicht dieses Gewässers, direkt über dem Meeresgrund, erklärt Marius Wirtz:
    "Wir kennen das von der Erde, dass in Regionen, die normalerweise total unbewohnt sind, durch Vulkanismus in Form von Black Smokern lokal kleine Ökosysteme entstehen."
    Eine dritte Einschmelzsonde, den IceMole, testet derzeit die Fachhochschule Aachen. Wie der Name "Eis-Maulwurf" anklingen lässt, bohrt sich dieser Roboter mit der Unterstützung einer Schraube in das Eis hinein. Diese kastenförmige Sonde verfügt über ein Dutzend Heizelemente, verteilt auf ihrer Oberfläche. Zusammengenommen entspricht ihre Leistung der von vier Bügeleisen. Je nachdem, welches Element beheizt wird, kann der "Eis-Maulwurf" seinen Kurs ändern. Ob eine dieser Einschmelzsonden mit ins Jupiter-System fliegen wird, wird sich vielleicht schon im kommenden Jahr entscheiden. Denn der Starttermin für den Europa Clipper ist bereits 2020.