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Missmanagement auf Steuerzahlerkosten

"Commerzbank mit Rekordgewinn" "Die IKB Bank erst einmal gerettet" - so weit spannten sich heute die Schlagzeilen aus der Bankbranche. Konkret sind allerdings nur die Gewinne bei der Commerzbank. Wie genau die Industrie-Kreditbank gerettet werden soll, ist noch offen. Wahrscheinlich verzichtet der Bund auf Dividenden, die ihm von der Post und der Telekom zufließen sollen, deren Aktien er bei der KfW - der ehemaligen Kreditanstalt für Wiederaufbau - geparkt hat.

Von Brigitte Scholtes, Michael Braun und Dorothee Holz | 14.02.2008
    Die KfW kann die Dividenden also im Umfang von bis zu 1,2 Milliarden Euro behalten und damit die IKB stützen. Die privaten Banken werden auch in die Tasche greifen. Denn die IKB ist eine börsennotierte, private Bank. Der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, Commerzbank-Vorstand Klaus-Peter Müller, heute Vormittag:

    "Ich denke mal, dass die privaten Banken zu ihren Verpflichtungen stehen und zu ihren Verpflichtungen stehen werden, über Art und Umfang wird zu sprechen sein."

    Der Bundesregierung schien es offenbar wichtig, die IKB nicht in die Insolvenz zu schicken. Sie vollzog gestern eine ordnungspolitische Kehrtwende. Im November hatte Finanzminister Steinbrück noch hoch und heilig versichert: "Der Steuerzahler wird für die IKB-Krise nicht bezahlen müssen." Gestern Abend musste er kleinlaut zugestehen, der Bundeshaushalt werde die IKB-Krise zu spüren bekommen:

    "Wir haben eine Lösung, die jedenfalls für das Jahr 2008 nicht zu einer Belastung des Haushaltes führt. Aber natürlich werden wir in den darauf folgenden Jahren darüber Nachteile haben auch für den Haushalt."

    Das ist es der Bundesregierung offenbar wert. Steinbrücks Koalitionspendant, Wirtschaftsminister Michael Glos, rechtfertigte die Rettung der IKB mit Steuermitteln gestern Abend jedenfalls damit, dass dramatische Folgen gedroht hätten:

    "Wir haben mit der Zurverfügungstellung weiteren Geldes dazu geholfen, dass es nicht zu einer Insolvenz einer deutschen Bank gekommen ist. Das hätte verheerende Wirkungen gehab,t für den deutschen und den europäischen Kapitalmarkt."

    Für Finanzökonomen war das ein historischer Tag. Jan Pieter Krahnen vom Center for Financial Studies der Universität Frankfurt:

    "Meines Erachtens nach ist der Tag, an dem dieser Rettungsversuch stattgefunden hat, ein Tag für die Geschichtsbücher - ein Ereignis, was wir in der deutschen Nachkriegsgeschichte nicht erlebt haben: eine Rettungsaktion einer privaten Bank durch den Staat, durch den Einsatz staatlicher öffentlicher Gelder. Und so eine Rettungsaktion ist ein letzter Ausweg, der am Vorabend einer ansonsten drohenden großen Krise zulässig ist."
    Leben wir in dieser Situation? Kann eine Bank, die an Rang 27 der deutschen Banken steht, wirklich Lawinen mit verheerender Wirkung auslösen? Oder werden Steuergelder eingesetzt, um andere notwendige Konsequenzen zu vermeiden? Warum hat der Aufsichtsrat der IKB nichts mitbekommen? Warum hat die Bankenaufsicht erst reagiert als es fast zu spät schien? Warum verdienen viele Banken so wenig, dass ihre Vorstände sich zu risikoreichen Spekulationen hinreißen lassen? Dürfen Banken nicht pleite gehen? Diesen Eindruck haben auch Banker. Robert Halver von der Baader Wertpapierhandelsbank:

    "Das sind heilige Kühe, Banken. Und wenn Banken in Deutschland pleite gehen, dann hat man in Deutschland als Deutscher immer das Problem: Jetzt passiert hier etwas, mein Geld ist nicht mehr sicher. Und das kann der Staat nicht zulassen."
    Für die IKB wurde jedenfalls gestern Abend die dritte Rettungsrunde eingeläutet. Die erste hatte am letzten Juliwochenende vorigen Jahres begonnen. Die Deutsche Bank wollte der IKB nicht weiter Kredit geben für ihre Spekulationen mit risikoreichen amerikanischen Wertpapieren. Sie schätzte die Situation so ernst ein, dass sie die Bankenaufsicht informierte. Deutsche Bank-Vorstand Josef Ackermann erzählte die Geschichte so:

    "Irgendwann hatten wir das Gefühl: Wir haben keine Transparenz mehr. Und man muss auch sagen: Die IKB konnte uns das nicht liefern. Wir haben eine Woche mit allen Stufen der IKB Kontakt gehabt und gesagt: Wir brauchen jetzt wirklich die Transparenz. Am Freitag war es so weit, dass wir den Kredit nicht verlängern konnten, sonst hätten wir ja schlechtem Geld Gutes nachgeworfen. Und weil es wirklich erste Gerüchte schon gab, dass da etwas schief ist: Wir hätten einen solchen Tsunami erlebt. Ich glaube, Deutschland wäre im Finanzsystem massiv erschüttert worden. Und übrigens auch die anderen Säulen, gerade die Sparkassen, hatten massive Exposures gegenüber IKB. Und die Ausländer: Und ich habe dann Herrn Sanio angerufen und gesagt: Herr Sanio, ich glaube, wir haben da eine totale Schieflage. Und man muss sagen, unsere Kreditleute haben das zuerst festgestellt, weil sie einfach auf Grund unserer Eigenbewertung gesehen haben, dass das Portfolio, das uns als Sicherheit gedient hatte, nicht mehr ausreichend war."
    Wenn das alles stimmt, heißt das: Nicht die Bankenaufsicht hat die Krise erkannt. Vielmehr war der Deutschen Bank der Kunde IKB zu heiß geworden. Als die Bankenaufsicht eingeschaltet war, hat sie mit der Schließung der IKB gedroht. Deshalb ein erstes Rettungspaket Ende Juli. Das kostete die KfW rund 2,3 Milliarden Euro. Sie schickte ihren besten Kapitalmarktmann als Vorstand nach Düsseldorf. Der deckte mit der Zeit immer höhere Risiken auf. Das zweite Rettungspaket beförderte die KfW-Hilfe auf knapp fünf Milliarden Euro. Gestern kamen weiter 1,5 Milliarden hinzu. Doch die IKB ist nicht die einzige Bank mit Schwierigkeiten: Die SachsenLB hat sich ähnlich verspekuliert und darüber ihre Selbständigkeit an die Landesbank Baden-Württemberg verloren. Die WestLB bekommt von ihren Aktionären, dem Land und den Sparkassen, weitere milliardenschwere Absicherungen, damit sie mit der Helaba Fusionsverhandlungen führen kann. Und die Bayerische Landesbank hat gestern ihren Abschreibungsbedarf von zunächst gut 100 Millionen auf 1,9 Milliarden Euro dramatisch erhöht. Die Krise der Banken scheint System zu haben, zumindest die der staatsnahen Banken. Die großen Privatbanken - zumindest die in Deutschland - haben die Krise bisher recht gut überstanden: Zwar hatten auch sie im Vertrauen auf ein geringes Ausfallrisiko in die so genannten Subprime-Papiere investiert, in die Kreditbündel also, die auf Krediten an amerikanische Häuslebauer mit niedriger Bonität beruhten. Doch als offenbar wurde, wie hoch das Risiko war, das sie damit eingegangen waren, zogen sie rechtzeitig die Reißleine. So wie die Deutsche Bank. Deren Chef Josef Ackermann erklärte in der vergangenen Woche:

    "Angesichts der Entwicklungen im Subprime-Segment haben wir uns defensiv positioniert. Damit waren wir von der rasanten Verschlechterung der Märkte weniger tangiert."

    Und auch die Commerzbank hat sich rechtzeitig Klarheit über ihre Risiken verschafft: Mehr als die knapp 600 Millionen Euro, die direkt aus der Subprime-Krise resultieren, wird sie voraussichtlich nicht abschreiben müssen. Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller sieht seine Bank sogar als Krisengewinnler:

    "Die Finanzkrise sehen wir, angesichts der dadurch ausgelösten stärkeren Hinwendung zu Qualität, für uns eher als Chance denn als Bedrohung."

    Bedroht aber sind diejenigen Banken, die im eigentlichen Bankgeschäft nicht mehr genügend Geld verdienen, weil ihre Renditen nicht auskömmlich genug sind. Und das sind meist die öffentlich-rechtlichen Banken. Margenschwache Institute - auch die IKB - haben dann offenbar ihr Heil in Spekulationen gesucht, ein untragbares Geschäftsmodell, meint Mark Wahrenburg, Professor für Bankbetriebslehre an der Universität Frankfurt:

    "Was die Welt hier erfährt ist im Wesentlichen, dass einige Banken ein strukturelles Problem haben, dass nämlich ihr Geschäftsmodell nicht profitabel genug ist und das diese Banken aus lauter Not relativ riskante Geschäfte eingehen müssen, schlicht und einfach um ihre Personalkosten weiterhin zu bezahlen. Das ist kein gutes Zeichen international, und wir wären gut daran beraten, dass unsere Bankwirtschaft in Zukunft wieder solide und gute Gewinne macht in allen Bereichen, so dass man nicht auf solche notspekulativen Geschäfte angewiesen ist."

    Für Commerzbank-Chef Müller ergibt sich aus dieser Krise die Frage nach einer Strukturbereinigung im Bankensektor:

    "Die Szene ist nach Jahren des Stillstands erkennbar in Bewegung geraten. Der öffentlich-rechtliche Bankensektor befindet sich unter dem Druck der Subprime-Krise in einer Konsolidierung, deren Folgen wir heute noch nicht absehen können. Sicher aber erscheint uns: Die Karten werden neu gemischt. Dies eröffnet neue und hochinteressante Opportunitäten."

    Dass eine solche Gelegenheit aber eine Übernahme der IKB sein könne, dass verneinte der Commerzbank-Chef heute wieder. Auch andere Interessenten wie etwa die genossenschaftliche DZ-Bank haben da schon abgewunken.
    Dieses hochriskante Spiel hat einige Banken an den Rand des Ruins getrieben. Soweit hätte es nicht kommen müssen, wenn die Aufsichtsbehörden und die Aufsichtsräte richtig hingesehen hätten, meint Dieter Hein vom unabhängigen Analysehaus Fairesearch:

    "Da ist einmal der Wirtschaftsprüfer, und zum zweiten der Aufsichtsrat, und man kann von dem Ergebnis konstatieren, dass beide sträflich versagt haben. Beide stehen sich gegenseitig zu, dass sie keine Fehler gemacht haben. Ganz offensichtlich haben sie ihre Aufgabe nicht erfüllt."

    Auch die KfW als Großaktionärin der IKB hätte die Risiken früher erkennen müssen, ist in diesen Tagen häufig zu hören. Schließlich ist eines ihrer Vorstandsmitglieder stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Düsseldorfer Mittelstandsbank, einen Posten, den er vom früheren KfW-Chef Hans Reich übernommen hatte. Der war seit 2005 bis zu seinem Ausscheiden bei der KfW sogar Vorsitzender des Finanz- und Prüfungsausschusses bei der IKB. Eine Mitverantwortung muss sie deshalb tragen, meint Mark Wahrenburg:

    "Sie muss es sich heute ankreiden lassen, dass sie im Bereich der Aufsicht, im Bereich der Kontrolle des Risikos der Geschäfte nicht richtig hingesehen hat. Sie hat aber gleichzeitig in einem Ausmaße Verantwortung gezeigt, wozu sie nicht rechtlich verpflichtet war. Was ganz außergewöhnlich ist: Dass die KfW heute 5 Mrd. ihres Eigenkapitals, und damit fast ihre gesamte Risikotragfähigkeit, für die Rettung der IKB eingesetzt hat, zeigt welche große Verbundenheit und welche große Verantwortung man dort für die IKB empfindet."
    Doch diese hohe Verantwortungsbereitschaft ist an ihre Grenzen gestoßen. Die KfW hat schon ein Drittel ihres Eigenkapitals für die Rettung der IKB aufgebraucht, mehr würde sie in ihrer eigentlichen Aufgabe, der Fördertätigkeit für die deutsche Wirtschaft und in der Entwicklungspolitik einschränken. Und das will KfW-Chefin Ingrid Matthäus-Maier nicht zulassen.

    Um die IKB zu retten, müssen also auch die anderen Banken wieder einspringen. Sparkassen und Genossenschaftsbanken verweigern sich dieses Mal offenbar unter Hinweis auf ihre Hilfe im Sommer, beim ersten Rettungspaket. Die privaten Banken aber wissen, dass sie in jedem Fall betroffen sind: Denn die IKB ist eine private Bank und gehört als solche dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken, der privaten Institute also, an. Grundsätzlich muss dieser Fonds bei Insolvenz einer privaten Bank einspringen, erläutert Finanzprofessor Mark Wahrenburg:

    "Es ist öffentlich nicht bekannt wie viel der Einlagensicherungsfonds im Fall einer Insolvenz zuschießen müsste. Aber eins ist ganz klar: Der Einlagensicherungsfonds würde das nicht aus der Portokasse bezahlen. Er finanziert sich ja über jährliche Umlagen von den Banken. Da wird normalerweise nur so viel Geld eingesammelt wie man auch braucht. Das heißt zu gut deutsch: Der Einlagensicherungsfonds würde vermutlich die zukünftigen Beiträge erhöhen und die Kosten in den laufenden Jahren von den Mitgliedsbanken einsammeln."
    Allerdings würden von der Einlagensicherung nur die Spar- und Termineinlagen gerettet, sagt Wahrenburg. Die ungesicherten Forderungen aus Wertpapieren aller Art würden nicht unter deren Schutz fallen, und damit hätte eine Insolvenz auch Auswirkungen auf andere Banken:

    "Eine Insolvenz der IKB bedeutet natürlich zunächst mal, dass alle Gläubiger der IKB - also die der IKB Geld geliehen haben - möglicherweise sich auf Verluste einstellen müssen. Dazu gehört die Europäische Zentralbank mit ihren Liquiditätshilfen; dazu zählen aber auch viele andere Banken, die im Interbankenmarkt Forderungen gegenüber der IKB haben. Da die IKB aber insgesamt keinen großen Anteil am deutschen Bankenmarkt hat ist zu erwarten, dass sich die Verluste in einem solchen Rahmen halten würden, dass es keine Kettenreaktionseffekte gibt. Das ist etwas ganz anderes wenn eine wirkliche Großbank nicht mehr zahlungsfähig ist. Dann gibt es sofort Kettenreaktionen und auch andere Banken sind über Nacht dann zahlungsunfähig Bei der IKB würde das sicherlich ein isoliertes Ereignis bleiben und insofern keine große Gefahr für die deutsche Volkswirtschaft bedeuten."
    Commerzbank-Chef Müller hält die Rettung der IKB zwar für richtig, warnt aber vor Panikmache:

    "Ich kann selbst bei einer Rezession in den USA, und selbst dann, wenn die Immobilienkrise in den USA sich verschärfen sollte, ein systemisches Risiko für die Weltgemeinschaft der Banken daraus nicht ableiten, halte auch die diesbezüglichen Sorgen im Grunde genommen für eine fast unvertretbare Stimmungsmache."

    Doch hat der Staat die Schäden einer Schließung der IKB deutlich höher bewertet, als die Verletzung der ordnungspolitischen Grundsätze, auf denen unser Wirtschaftssystem fußt. Diese staatliche Rettungsaktion bei einer privaten Bank mag zwar ein Präzedenzfall sein. Es ist aber nicht das erste Mal, dass der Staat mit Steuergeldern beispringt. Die Beispiele Philipp Holzmann, Maxhütte oder auch Cargolifter sind aber allesamt als Negativbeispiele in die Geschichtsbücher eingegangen.
    Schadensbegrenzung - damit haben die Politiker ihren Schritt begründet. Aber der Schaden ist schon längst da, und zwar für den Finanzplatz Deutschland, sagt der Frankfurter Finanzprofessor Jan Pieter Krahnen:

    "Es ist der größtmögliche Schaden eingetreten, insofern als im Vergleich zu anderen Finanzplätzen in Europa und außerhalb Europas, nun auch in Deutschland das System seine innere Stabilität nicht nachweisen konnte."

    Auch in England erwies sich das System als instabil, weil auch die Hypothekenbank Northern Rock nicht ohne staatliche Hilfe überlebt hätte. Die Folgen für den Finanzplatz London sind schon spürbar. Investoren haben angefangen zu vergleichen, wenden sich anderen Standorten zu. So sind US-Banken oder auch Schweizer Banken trotz der Krise sehr attraktiv für ausländische Staatsfonds.

    Schaden genommen haben aber auch die deutschen Aufsichtsbehörden - die Bundesfinanzaufsicht und die Bundesbank. Kritiker werfen ihnen vor, dass sie sich im Falle der IKB eher behindert als ergänzt hätten. Das muss sich ändern, so Jan Pieter Krahnen:

    "Sie müssen zusammenarbeiten, und sie müssen eine intelligente Balance finden zwischen Unabhängigkeit der Aufsicht, auch Unabhängigkeit der Notenbank in ihren Geldpolitischen Aktionen, von den aktuellen Situationen auf den Finanzmärkten. Und diese Balance ist vielleicht in dem jetzt realisierten System hier in Deutschland, wo im Grunde der Prozess der Überwachung, und damit auch die Informationsgewinnung, bei der Bundesbank liegt, aber die eigentliche Maßnahmenentscheidung bei der BaFin, sinnvoll gestaltet."
    Daran mangele es bisher, der Prozess der Überwachung läge bei der Bundesbank, aber die eigentliche Maßnahmenentwicklung bei der BaFin. Das gehöre eigentlich zusammen. Das schließt auch mit ein, dass die Wege zwischen den beiden Organen kürzer werden, dass die Bafin - wie von vielen schon lange gefordert - nach Frankfurt zieht.

    Ein gemeinsames Anliegen der Aufsichtsbehörden sollte dann auch sein, von den Banken eine bessere Ausstattung mit Eigenkapital zu fordern, damit sie eine solche Krise eigenständig meistern können. Das wird als große Schwäche im deutschen Finanzsystem gesehen. Diese Schwäche hat nicht nur die IKB offenbart, sondern auch die Landesbanken - die WestLB und die SachsenLB. Weil die Risiken, die sie eingegangen sind, in keinem Verhältnis zu ihrem Grundkapital standen.

    Da haben auch die Aufsichtsräte tatenlos zugesehen - oder es mangelte ihnen an Kenntnis, die Risiken richtig zu bewerten. Das muss eine der wichtigsten Lehren aus dieser Krise sein, die große Mängel beim Risikomanagement aufzeigte, glaubt Mark Wahrenburg:

    "Die Krise ist nicht mit mathematisch-statistischen Modellen einfach in den Griff zu bekommen. Hier braucht es schlicht und einfach ökonomischen Sachverstand: Das Denken in vernetzten, komplexen Systemen, das Überlegen welche Kettenreaktionen Dinge zur Folge haben können. Und natürlich braucht es jede Menge Spezialisten, die sich mit den heutigen komplexen Finanzinstrumenten wirklich gut auskennen. An all dem hat es den Banken, aber auch der Bankenaufsicht gemangelt. Und die Lehren werden schon heute aktuell gezogen und werden eben eine Strukturänderung für die Bankenaufsicht in den nächsten Jahren nach sich ziehen."

    Was ist die Konsequenz daraus? Es scheint alles auf eine Konsolidierung hinauszulaufen - nach dem Motto, weniger ist mehr. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück zeigte sich schon im Herbst zumindest was öffentliche Banken anbelangt, besonders radikal:

    "Ich schalte ein Plädoyer dafür, dass die Zeit jetzt genutzt werden sollte, um mindestens auf der Ebene der Landesbanken zu einer Konsolidierung zu kommen. Die Beteiligten müssen selber entscheiden, welche Modelle da für sie die Richtigen sind. Ich sage nur voraus: Ein bloßes Festhalten am Status Quo und ein Aussitzen, wird für die beteiligten Institute nicht von Vorteil sein."

    Er kann sich inzwischen sogar nur noch eine große Bank vorstellen. Da werden viele Kommunal- und Landespolitiker aufschreien, die ihre Banken auch als Erbhöfe betrachten. Dieser große staatliche Einfluss ist einmalig - der öffentliche Sektor macht die Hälfte des deutschen Bankensystems aus. Im Rest der Welt hat der Staat seinen Einfluss zurückgefahren. Das Klein-Klein hat sich in dieser Krise auf jeden Fall als Nachteil erwiesen - so Mark Wahrenburg:

    "An der Krise sieht man zunächst mal, dass einige Banken keine funktionierenden Geschäftsmodelle haben, und insofern ein drastischer Änderungsbedarf in der deutschen Bankwirtschaft besteht. Ob man das innerhalb der drei Säulen macht oder über Säulengrenzen hinweg: Wichtig ist, dass die Banken, die jetzt nicht strukturell profitabel sind, entweder vom Markt verschwinden, was ein schmerzhafter Prozess ist, oder aber, zum Beispiel durch Fusionen mit anderen Instituten, zum Beispiel durch Änderung ihrer strategischen Geschäftsausrichtung, wieder in den dauerhaft profitablen Bereich reinkommen."

    Diesen schmerzhaften Prozess hat man in anderen europäischen Ländern schon hinter sich. Er hatte aber Vorteile, die Banken in Frankreich, Großbritannien und in den Niederlanden sind deutlich wettbewerbsfähiger als die deutschen Banken, sagt Professor Jan Pieter Krahnen:

    "Nur Deutschland ist die Ausnahme: Obwohl es das größte Land ist von der Wirtschaftskraft her, ist sein Bankensystem ein Zwerg, was internationale Präsenz anbelangt. Und nicht nur ein Zwerg, sondern wohl auch ein schwacher Geselle, der dringend einer neuen Struktur bedarf, mit der die Wettbewerbsfähigkeit, auch international, überhaupt erst mal erreicht wird."
    Sicher: In Deutschland ist das Netz flächendeckend. Durch eine Konsolidierung würde es großmaschiger. Der eingeschränktere Wettbewerb könnte auch einzelne Dienstleistungen verteuern. Allerdings wird auch das jetzige System staatlich subventioniert, kostet also Steuergelder. Erst recht, wenn damit eigentlich marode Banken am Leben erhalten werden.