Donnerstag, 18. April 2024

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"Mit den Menschen ins Gespräch" kommen

Das Zentralkomitee deutscher Katholiken (ZdK) hat den CSU-Politiker Alois Glück zum neuen Präsidenten gewählt. Glück rief die Katholiken auf, sich selbstbewusst in gesellschaftliche Fragen einzumischen. Er sehe eine große Chance und auch eine Aufgabe der Kirche darin, "mit den Menschen ins Gespräch zu kommen".

Alois Glück im Gespräch mit Gerd Breker | 20.11.2009
    Gerd Breker: Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken hat heute in Bonn einen neuen Präsidenten und eine neue Führungsspitze gewählt. Einziger Kandidat für die Nachfolge von Präsident Hans Joachim Meyer war der CSU-Politiker und frühere bayerische Landtagspräsident Alois Glück. Dies wurde nötig, da die Deutsche Bischofskonferenz im Frühjahr dem damaligen Kandidaten, dem hessischen Kulturstaatssekretär Heinz-Wilhelm Brockmann die erforderliche Zustimmung verweigert hatte, [obwohl] weil dieser Mitbegründer der Organisation Donum Vitae war.

    In Godesberg begrüße ich nun Alois Glück, frisch gewählter Präsident. Guten Tag und herzlichen Glückwunsch, Herr Glück.

    Alois Glück: Guten Tag und vielen Dank.

    Breker: Herr Glück, inwieweit fühlen Sie sich als Ersatzspieler, der nur wegen einer Verletzung des ursprünglichen Stammspielers nun aufs Feld kommt?

    Glück: Das ist nicht meine Befindlichkeit, weil: Ich war für viele eigentlich schon ursprünglich der Wunschkandidat oder Stammspieler, um in Ihrem Bild zu bleiben, und ich habe jetzt Ja gesagt, nachdem ich früher abgelehnt habe, weil eine sehr schwierige Situation entstanden ist, in der ich mich nicht verweigern wollte.

    Breker: Auch für Sie ist die Organisation Donum Vitae nicht unbekannt, auch Sie unterstützen diese Organisation.

    Glück: So ist es.

    Breker: Aus gutem Grund?

    Glück: Ja!

    Breker: Lassen Sie unsere Hörer an diesen Gründen teilhaben?

    Glück: Ich habe mich jetzt aus der aktiven Mitarbeit bei Donum Vitae zurückgezogen. Das ist eine Notwendigkeit im Hinblick auf die Integrationsaufgabe des Präsidenten. Aber es ist wichtig, dass wir die Möglichkeit in der deutschen Gesetzgebung im Hinblick auf Beratung und insbesondere auch der Beratung von Frauen, die noch darum ringen, ob sie zum Kind ja sagen können oder nicht, dass es dafür ein Beratungsangebot gibt, neben Pro Familia und anderen, die aus dieser christlichen Wertüberzeugung heraus diese Beratung leisten, und zwar leisten außerhalb der Strukturen der Kirche.

    Ich akzeptiere und wir akzeptieren die Entscheidung, die von Rom her kam, dass die Katholische Kirche hier aus dieser Beratung aussteigen muss, aber ich halte es für Grund falsch, wenn wir die Möglichkeiten des Gesetzes nicht ausschöpfen würden in diesem Sinne.

    Breker: Herr Glück, die Katholische Kirche hat zwar in Papst Benedikt einen Superstar, der insbesondere bei den Jugendlichen sehr gut ankommt. Aber die Probleme der Kirche, die sind geblieben, nämlich zunehmende Austritte und letztendlich leere Kirchen am Sonntag.

    Glück: Ich glaube, in der Kirchengeschichte gab es noch sehr viel schwierigere Zeiten, auch Zeiten des Verfalls der Kirche, wo dann immer wieder neue Entwicklungen kamen aus der Krise heraus. Es ist so, dass momentan es sehr viel gegenläufige Entwicklungen in der Gesellschaft gibt: auf der einen Seite Rückzug aus der Kirchlichkeit, aus der Bindung zu Kirchen, auf der anderen Seite hat Religion heute einen ganz anderen, wieder anerkannten Stellenwert wie vor fünf oder vor zehn Jahren.

    Es gibt so eine neue Suche nach Religiosität, oft sehr diffus, aber darin sehe ich auch große Chancen und auch eine Aufgabe, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, die unterwegs sind in der Suche nach Orientierung, nach Lebenssinn.

    Und wir müssen uns fragen, auch die christliche Verkündigung muss sich fragen, warum wir diese Menschen vielleicht zu wenig erreichen. Vielleicht ist es unsere Sprache oder vielleicht ist alles zu stark institutionell, wie auch immer, aber neben den Krisenzeichen gibt es auch andere Zeichen.

    Breker: Herr Glück, der Papst sucht die Versöhnung mit den Pius-Brüdern, aber in der Ökumene mit den evangelischen Christen hier bei uns, da stockt es. Was kann da die Leidenschaft der Katholiken tun?

    Glück: Das Zentralkomitee der Katholiken ist Pionier in der ökumenischen Bewegung. Schon 1971 zum Beispiel ein erster Kongress dieser Art, weitere Tagungen haben gefolgt. Wir sind der Mitträger, gemeinsam mit dem Evangelischen Kirchentag, jetzt auch für den zweiten Ökumenischen Kirchentag in München im nächsten Jahr. Das ist momentan mit die wichtigste Plattform, von Laien organisiert, wo der ökumenische Dialog weitergeht.

    Wir können die theologischen Grundfragen nicht einfach auflösen, das kann niemand, kann man auch nicht erzwingen. Es wäre auch ein falscher Eindruck, wenn die Schwierigkeiten, die gegenwärtig in dem Dialog auch da sind, einseitig bei der Katholischen Kirche gesucht würden. Ich will nur darauf hinweisen, dass es ja auch innerhalb der Evangelischen Kirche durchaus einen Trend gibt, der sagt, Moment, nicht zu viel Ökumene, das ist eine Gefahr für unsere Identität, und da liegen unsere gemeinsamen Aufgaben.

    Breker: Im Deutschlandfunk war das der neue Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück. Herr Glück, danke für dieses Gespräch.