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Mit Einfachheit zum Erfolg - die Teekampagne

Nach dem Studium stellt sich bei vielen Absolventen die Frage: Was tun? Für den Weg in die Selbstständigkeit fehlen vielen Menschen die Ideen. Doch der Schritt in die Selbstständigkeit kann sich lohnen. Den Beweis hat in den vergangenen 20 Jahren der Berliner Wirtschaftsprofessor Günter Faltin erbracht. Was zuerst als Idee belächelt wurde, darf sich inzwischen mit dem Attribut "Weltmarktführer" schmücken.

Von Claudia van Laak | 17.02.2006
    Eigentlich ist Günter Faltin gar kein Teetrinker. Aber als weltgrößter Importeur von Darjeeling-Tee bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als seinen Gästen Tee zu servieren und ihn selber auch zu trinken.

    Weltgrößter Importeur von Darjeeling-Tee wurde Günter Faltin, weil er sich an einen Grundsatz hielt:

    "In der Einfachheit liegt die größte Vollendung, das gilt auch in der Ökonomie, nicht nur in der Kunst. "

    Der Wirtschaftsprofessor schenkt noch einmal nach und erzählt dann die unglaublich klingende Erfolgsgeschichte der Teekampagne. Vor 20 Jahren, als Unternehmensgründungen aus der Uni heraus noch kein Thema waren, wollte Günter Faltin seinen Studenten demonstrieren, wie so etwas geht. Die Ausgangsidee:

    "Ich hab mich über die hohen Teepreise geärgert. Deutschland hatte im Vergleich zu den Erzeugerländern und im Vergleich zu anderen umliegenden Ländern hohe Teepreise. "

    Günter Faltin recherchierte und stellte fest: die hohen Teepreise in Deutschland waren hauptsächlich auf die kleinen Verkaufspackungen zurückzuführen. Wenn Kaffee in 500-Gramm-Verpackungen verkauft wird, warum denn nicht Tee - fragte er sich. Zumal Tee länger aromatisch bleibt als Kaffee. Sein Konzept: nur Versandhandel, nur eine Sorte Tee - Darjeeling - und nur 1-Kilopackungen. Die Idee der Teekampagne war geboren.

    "Es glaubte niemand daran, meine Studenten nicht, meine Freunde nicht, meine Kollegen nicht, alle sagten, das kann sich nur ein Wirtschaftsprofessor ausdenken - aber es klappte. "

    Durch das Prinzip "So einfach wie möglich" kann das Unternehmen eine Menge Kosten einsparen. Ein Großteil des importierten Darjeelings wird gleich nach der Ernte nach Hamburg gebracht, dort verpackt und weiter versandt, die Lagerkosten so quasi an die Endverbraucher weiter gegeben. Die Teekampagne beschäftigt heute 15 Mitarbeiter und macht einen Jahresumsatz von 7,5 Millionen Euro. Sitz des Unternehmens ist das historische Weberviertel in Potsdam-Babelsberg, gleich um die Ecke wohnt Matthias Platzeck.

    "Wir waren 40 Prozent günstiger als der nächstgünstigste Anbieter. Wenn man so preiswert ist, braucht man sich keine Sorgen machen, dass man Kunden findet, die so einen guten Tee schätzen. "

    Marktanalysen, ausgeklügelte Markteintrittsstrategien, Anzeigenkampagnen - auf all das verzichtete Günter Faltin. Der Tee verkaufte und verkauft sich durch Mund-zu-Mund-Propaganda und durch gute Testergebnisse. Qualität und Preis stimmen eben - sagt der Gründer.

    "Ich finde es rausgeschmissenes Geld, Anzeigen zu finanzieren. "

    Wie erfolgreich ein Produkt ist, zeigt sich an seinen Nachahmern. Viele haben schon versucht, die Teekampagne zu kopieren. Geschäftsführer Thomas Räuchle zeigt Packungen, die denen der Teekampagne bis aufs Haar gleichen. Eine silberfarbene, stabile Tüte mit einem grünen Logo - fertig ist das Plagiat.

    "Sie setzen massiv auf Verwechslungen vom äußeren Erscheinungsbild und wir haben es ganz oft schon erlebt, dass uns Kunden aus dem Versandhandel den Tee zurückschicken und sich über die Qualität beklagen, und wir müssen dann sagen: Sorry, das ist nicht unser Tee. Oft wird auch ganz massiv auf Täuschung und Verwechslungen gesetzt. Das erleben wir regelmäßig. "

    Nach 20 Jahren ist die Teekampagne unter Darjeeling-Trinkern bekannt, ein weiteres Wachstum in Deutschland kaum möglich. Da Gründer und Mehrheitsgesellschafter Faltin bei seinem Prinzip "Einfachheit" bleiben und die Produktpalette nicht erweitern will, hat sich das Unternehmen zu einer Expansion ins Ausland entschlossen.

    Auf dem Tisch liegen einige japanische Zeitungen, abgedruckt das Konterfei von Günter Faltin mit einer Packung Darjeeling in der Hand. Wir wollen zeigen, dass unser Prinzip auch in anderen Ländern funktioniert, sagt der Wirtschaftsprofessor.

    "Das wollen wir zeigen, indem wir nach Japan gehen. Japan ist das Teekulturland der Welt. Wir wollen zeigen, dass wir mit unserem Tee auch in Japan Erfolg haben. "

    Wie schon vor 20 Jahren halten ihn die Branchenkenner auch heute für verrückt, aber Faltin bleibt dabei. Er will auch diesmal seinen Studenten Vorbild sein.

    "Ich möchte gerne, dass meine Studenten das nicht nur als trockene Lehre behandeln, sondern selber gründen. Wir brauchen in Deutschland sehr viel mehr Menschen mit Ideen und dem Mut, das dann auch auf dem Markt auszuprobieren und durchzusetzen. "

    Einige Studenten von Günter Faltin haben es ausprobiert – nach dem Vorbild der Teekampagne verkaufen sie zum Beispiel Rapskernöl und Olivenöl.