Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Mit harten Bandagen

Am Sonntag wird in der Schweiz gewählt. Die stärkste Partei ist die Schweizerische Volkspartei SVP. Durch fremdenfeindlichen Parolen ist es der Partei um SVP-Bundesrat und Justizminister Christoph Blocher gelungen, den Wahlkampf zu polarisieren. Bislang hatte das spezifische politische System des Landes immer eher für ein konstruktives Miteinander gesorgt.

Von Anke Schäfer | 17.10.2007
    Das hatte die Schweiz so noch nicht erlebt: Klar, Krawalle hatte es zum Beispiel am 1. Mai oder bei Bauernprotesten schon mal gegeben. Aber dass - wie am 6. Oktober in Bern - 500 vermummte linksradikale Randalierer mit Gewalt einen Demonstrationszug stoppen, das war neu.

    Die stärkste Partei der Schweiz, die Schweizerische Volkspartei SVP, hatte zur Wahlkundgebung eingeladen. Rund 10.000 Anhänger waren mit Schweizer Fahnen und Kuhglocken nach Bern gekommen, man wollte durch die Altstadt ziehen, um vor dem Bundeshaus, also vor dem Sitz des Parlaments Christoph Blocher sprechen zu hören, den SVP-Bundesrat und Justizminister. Blocher ist das Gesicht der SVP. Doch ihn vor dem Bundeshaus sprechen zu hören, dazu kam es nicht. Die vermummten Linken bauten aus Biertischen und Sonnenschirmen Barrikaden, stellten sie den SVP-Anhängern in den Weg und verwüsteten gleichzeitig die Wahlkampfinformationsstände auf dem Bundesplatz, zündeten auch ein Auto an. Die Polizei setzte Tränengas ein, es gab Verletzte und Verhaftungen. Entsprechend betroffen reagierte der Stadtpräsident von Bern, Alexander Tschäppät:

    "Gewalt, egal aus welchem Lager sie kommt ist abzulehnen, speziell, wenn es gegen die Meinungsäußerungsfreiheit geht, weil das ist nun wirklich ein Angriff auf die Demokratie."

    Die SVP ihrerseits wusste die Situation ganz in ihrem Sinne zu deuten: Diese Krawalle zeigten, so hieß es, dass die Schweiz kein sicherer Ort mehr sei. SVP-Bundesrat Christoph Blocher:
    "Dass da eine so genannter Schwarzer Block von Linkschaoten aufgerufen durch verschiedene Organisationen eine bewilligte Route als unbewilligte abschließen können, da muss sich die Stadt Bern und die politische Szene Gedanken machen!"

    Es ist in der Schweiz neu, dass ein Wahlkampf so sehr polarisiert. Das spezifische politische System des Landes hatte bisher immer eher für ein konstruktives Miteinander gesorgt. Am Tag der Krawalle in Bern aber sorgten sich die Berner in der Fußgängerzone wegen des Erfolgs der SVP:

    "Früher traditionell war das ja die Bauernpartei, das war eine prima Partei und heute ist das sehr populistisch und es ängstigt mich, dass die so erfolgreich sind, auch bei Intellektuellen."

    "Ich wähle nur links und grün, also rot-grün. Das ist sicher und immer schon so gewesen und jetzt erst recht. Also jetzt nachdem hier dieser Aufmarsch, dieser SVP mit Kuhglocken und Fahnen, das erinnert mich eher an so ein rechtsnationale Kundgebung, und damit kann ich halt nichts anfangen."

    "Ja, ich habe Angst, dass sich was ändert. Das beinhaltet Rassismus, Migrantinnenfeindlichkeit, Abbau der Sozialleistungen, der Sozialversicherungen und ganz schlussendlich dann irgendwo im Kern unseres Daseins, dass die Menschlichkeit in Frage stellt."

    "Ich wähle gar nicht, nenenene, weil da ist niemand dabei, den ich für wählbar halte, ganz einfacher Grund. Das traurige für mich ist, dass niemand wählbar ist."

    Unmut also in zumindest Teilen der Bevölkerung - es ist klar die SVP, die für diese neue Polasierung verantwortlich ist. Was ist das für eine Partei?

    Besuch in Mönthal in der Nordschweiz. Das kleine Dorf liegt im Kanton Aargau, nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Kühe grasen auf einer Weide - ländliche Idylle pur. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Das einzige Exotische: Die örtliche Pizzeria. Mönthal ist eine typische Hochburg der Schweizerischen Volkspartei SVP. Hier kommen ihre fremdenfeindlichen Parolen ganz gut an. Mit einer Initiative zum Verbot von Minaretten hatte sie im Sommer den Wahlkampf begonnen. Und in der Schweiz ist der Bau von Moscheen ähnlich umstritten wie in Deutschland. In Mönthal begrüßt man den Vorstoß der SVP gegen neue Minarette. Ein älterer Mann, der gerade auf dem Weg zum Gottesdienst ist, meint, dass sich die Ausländer in der Schweiz anpassen müssten, nicht in allem, aber wenn es ums Gesetz ginge auf jeden Fall.

    Ein anderer Mann meint, man sollte für jedes Minarett hier einen Kirchturm anderswo auf der Welt, etwa in Pakistan oder Afghanistan bauen.

    "Man sollte einfach für jedes Minarett, das man in der Schweiz stellen darf, auch irgendwo in Pakistan oder Afghanistan oder in einem anderen Ort einen Kirchturm bauen."

    Zur Zeit gibt es gerade mal zwei Minarette in der Schweiz. Aber eigentlich geht es der SVP auch gar nicht um eine neue Bauverordnung. Nein, die Partei will mit dem Minarettverbot verhindern, dass sich ein islamisches Rechtsverständnis in der Schweiz breit macht. Ehrenmorde, Zwangsehen, Beschneidungen, all das, was die SVP unter Scharia versteht, habe in der Eidgenossenschaft keinen Platz, und deshalb will sie darüber abstimmen lassen, ob Minarette gebaut werden dürfen. Ulrich Schlüer, SVP Nationalrat und Herausgeber einer bürgerlich-konservativen Zeitung:

    "Das Minarett ist kein religiöses Symbol, sondern es ist ein Symbol der Machtausbreitung, also es bringt den Willen zum Ausdruck, von hier aus soll eine andere Rechtsordnung, eben die Scharia-Rechtsordnung etabliert werden. Und da, glaube ich, müssen wir in der Demokratischen Schweiz, wo das Volk die Möglichkeit hat, zu den wichtigen Fragen direkt Stellung nehmen, sagen, dass muss jetzt auf den Tisch. Und aus diesem Grund haben wird diese Initiative geschaffen."

    Die Volksinitiative ist eine Form in der Schweiz, eine Volksabstimmung herbeizuführen. Bekommt die SVP 100.000 Unterschriften zusammen, dann werden alle Schweizer in den nächsten Jahren über das Minarettverbot abstimmen. Jeden Tag gehen bei der SVP Tausende Unterschriften ein. Die Initiative fällt auf fruchtbaren Boden. Überall in der Schweiz regt sich Widerstand gegen neue islamische Gemeindezentren. Immer führen die Kritiker Fälle von Zwangsehen oder Fälle, in denen Mädchen nicht am Schulsport teilnehmen dürfen, als Beleg für den mangelnden Integrationswillen der Ausländer, speziell der Muslime, an. Der Imam der Genfer Moschee, Ibram, gibt zu, dass es solche Fälle gebe.

    "Gibt es im Schoß der Gemeinde Probleme in Bezug auf bestimmte Aktivitäten? Ja, die gibt es. Aber sie müssen doch sehen, dass Angesichts der großen Zahl der Mitglieder, dies verschwindend wenige Fälle sind. Und was die Minarette angeht. Sie in einen Topf mit Problemen in den Schulen zu werfen, ist doch eine verhängnisvolle Propaganda."

    Die Schweiz hat mit 21 Prozent mit den höchsten Ausländeranteil in Europa. Wie in Deutschland holte man in den 60er Jahren viele Gastarbeiter ins Land, und machte sich wenig Gedanken über Integration. In seinem letzten Integrationsbericht schreibt das Bundesamt für Migration von einem im Großen und Ganzen erfolgreichen Zusammenleben zwischen Schweizern und Ausländern. Allerdings finden ausländische Jugendliche seltener einen Ausbildungsplatz und sind häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen als Schweizer Jugendliche. 40 Prozent der Sozialhilfeempfänger der Schweiz haben einen ausländischen Pass. Gut die Hälfte der Straftäter in Schweizer Gefängnissen sind Ausländer. Diese Zahlen hat die SVP zum Anlass genommen, in Sachen ausländerfeindlichem Wahlkampf noch eins nachzulegen.

    Auf der Internetseite der SVP gibt es ein Spiel, bei dem es darauf ankommt, einen Comic-Richter, eine Comic-Figur, rauszuklicken, der - so steht es da - "alle einbürgert". "Stopp Einbürgerungsmissbrauch" heißt dieses nette Spiel, andere Spiele tragen die Titel "Stopp staatliche Abzockerei" und "Stopp kriminelle Ausländer". Was sich hinter dem Spiel "Stopp kriminelle Ausländer" verbirgt, das sieht man jetzt auch schon seit Wochen auf Schweizer Litfasssäulen. Da sind nämlich vier Comic-Schafe auf einem Plakat abgebildet. Drei weiße und ein schwarzes, die auf der Fahne der Eidgenossenschaft grasen. Aber das schwarze Schaf bekommt von einem der weißen einen Tritt und fliegt von der Fahne runter. Will heißen: kriminelle Ausländer raus. So aber steht das freilich nicht auf dem Plakat, da steht nur drunter: "Sicherheit schaffen". Ausländerfeindlich, nein, ausländerfeindlich sei man deswegen nicht, meint SVP Frontmann und Justizminister Christoph Blocher:

    "Die SVP hat klar von Anfang an gesagt, wir müssen für Ausländer klare Regeln fordern, wir haben eine Zunahme der Kriminalität. Wir haben vor allem viel aus dem Balkan und da müssen wir für Ordnung schaffen. Sie müssen sehen, es gibt kaum ein Land in Europa, die 22 Prozent Ausländer, 1,2 Millionen Ausländer, und wir haben ein gutes Verhältnis unter den Ausländern und den Schweizern, aber hier haben wir ein Problem und das löst man. Und wir sind die einzige Partei, die es ausspricht und wenn sie etwas sagen, sagt man ausländerfeindlich."

    Und in der Tat ist der Erfolg der SVP darauf zurückzuführen, dass sie die Themen anspricht, die andere Parteien aussparen, meint zumindest der renommierte Politikwissenschaftler, Andreas Ladner aus Lausanne:

    "Der Erfolg der SVP im Asylbereich oder im Bereich der Sozialversicherungen, der rührt daher, dass sie Themen aufgreifen, die die anderen Parteien zu wenig thematisieren. Weil man weiß, diese Themen sind problematisch, die Lösungen sind nicht einfach - da hat man Tendenz zu sagen, insgesamt ist das gar nicht so wichtig, Missbrauch ist nur ein kleiner Anteil der Personen, die Missbrauch betreiben, deshalb lohnt sich dieser Aufwand nicht oder es sind nur ganz wenige Asylbewerber, die in die Schweiz kommen, deshalb muss man da gar nichts machen. Und ich glaube, diese Argumentation, die verfängt nicht bei den Leuten, es ist nicht ein statistisches Problem - sind es viele oder wenige, sondern es ist ein grundsätzliches Problem, und ich denke, auch viele Leute, die jetzt SVP wählen oder gewählt haben, die wählen die Partei nicht für die Lösungen, die sie vorschlägt, die wählen die Partei dafür, dass sie diese Themen aufgreift, und sie haben das Gefühl, da kümmert sich jemand um diese Probleme. Die Lösungen, um diese Probleme zu lösen, die sind nicht einfach und die sind und die werden mehrheitlich auch nicht auf der Linie der SVP liegen. Diese Lösungen würden in der Schweiz kaum Unterstützung finden. Aber man muss der Bevölkerung das Gefühl geben, das etwas getan wird und das die Partei auch Kompetenzen hat, diese Probleme nachhaltig anzugehen."

    Immer wenn in der Schweiz bei einem Referendum über Ausländerthemen abgestimmt wird, dann ist die Zustimmung für repressive Maßnahmen in den ländlichgeprägten Gebieten, dort also, wo die SVP besonders stark ist, am höchsten. Oder einfacher gesagt: Mit ausländerfeindlichen Parolen punktet die SVP besonders dort, wo es eigentlich keine Ausländer gibt - weiß Wahlforscher Claude Longchamps:

    "Es ist vor allem die Angst davor mit diesen - aus SVP Sicht - urbanen Phänomen konfrontiert zu werden und diese Angst ist natürlich auf dem Lande am größten. Es ist vor allem diese Angst davor, die eigentlich am besten mobilisiert werden kann. Es hat wenig mit objektiver Realität zu tun, sondern es hat sehr viel mit subjektiven Empfinden und eben vor allem auch mit diesem Angstklima zu tun."

    Die Rechnung der SVP geht vor allem in der Deutschschweiz auf. Je weiter man in die französischsprachige Schweiz kommt, die von jeher als weltoffener gilt als die Deutschschweiz, wird der Widerstand gegen die SVP und gegen Christoph Blocher größer. Hier sind die Schafplakate nicht zu sehen. Für den welschen - also Westschweizer - Rapper Stress ist Christoph Blocher zum Feindbild Nummer eins geworden. In einem seiner Liedern verhöhnt er den Schweizer Justizminister genauso wie die Schweizer Volkspartei.

    Und was alle in der Schweiz - außer der SVP - besonders besorgt, ist die Tatsache, dass das gute Image der Alpenrepublik im Ausland Schaden zu nehmen droht. Der Independent in London schrieb bereits von der Schweiz als dem "dunklen Herzen" Europas. Und er UNO-Sonderberichterstatter für Rassismus hat das SVP-Schaf-Plakat als "rassistisch" gerügt. Und erstaunlich dabei ist, dass in diesem Schweizer Wahlkampf, die Parteien der Mitte wie die CVP, eine Art CDU, und die FDP - die alte große Schweizer Partei - sich so schwer tun, eine klare Position zur SVP zu finden. Das kann aber in gewisser Weise mit der so genannten Zauberformel erkläret werden. Denn seit 1959 gibt es in der Schweiz eine Art Große Koalition. Nach einem festen Schlüssel verteilen sich die Ministerposten auf die vier größten Parteien der Schweiz, die SVP also, die Sozialdemokraten (SP), die CVP und die FDP. An der Regierungszusammensetzung hat sich kaum etwas geändert und es wird sich wohl auch nach diesen Wahlen kaum etwas ändern. Die Bundesräte der Mitte-Parteien wissen also, dass sie nach dem Urnengang wieder mit zwei SVP Ministerkollegen zusammenarbeiten müssen. Und einer davon wird vermutlich auch wieder Christoph Blocher sein. Die Sozialdemokraten finden allerdings angesichts der ausländerfeindlichen Parolen der SVP schon manchmal klare Worte. In den Augen von Nationalrätin Maria Roth-Bernasconi zum Beispiel überschreitet die SVP mit dem Schaf-Plakat die Grenzen des guten Geschmacks:

    "Also ich finde, dass es da wirklich Parallelen gibt, mit dem, was in den 30er Jahren in Deutschland passiert ist, und das die SVP schamlos hier Methoden benutzt um Wähler anzuziehen, die ich ganz klar faschistisch finde. Und auch wenn die Schäfchen nett gezeichnet sind, so ist doch die Botschaft dahinter die, wir wollen keine Schwarzen. Also das ist für mich rassistisch, auch wenn es im Volksmund heißt, das schwarze Schaf, dass ist derjenige, oder diejenige, die nicht recht tut, finde ich doch, dass ein schwarzes Schaf im heutigen Kontext wirklich problematisch ist, wenn man das so zeigt."

    Die SVP selbst sieht sich nicht in der rechten Ecke. Sie vergleicht sich mit der bayerischen CSU. Man sei wirtschaftsliberal, man habe ein Ohr für die Sorgen des kleinen Mannes und der Landwirte und man vertrete mit Vehemenz eben die Schweizer Interessen. Keine andere Partei gibt sich so Schweiz-national wie die SVP. "Mein Zuhause unsere Schweiz" oder "Schweizer Qualität" so lauten die Slogans der SVP. Auf ihren Parteiveranstaltungen gibt sich die SVP stets traditionell. Boulevardjournalisten hat Christoph Blocher verraten, dass er keine Pop-Musik mag. Also lieber Alphörner statt neuzeitliche Klänge.

    Wie weit rechts die SVP auf einer Links-Rechts-Skala zu verorten ist, das ist unter Schweizer Politikwissenschaftlern umstritten. Der Berner Politologe Hans Hirter beispielsweise führt Parlamentsinitiativen an, in denen die SVP mehr polnische Erntehelfer forderte. Einwanderung also zum Wohl der Wirtschaft, damit sei die SVP schon einverstanden, meint Hirter.

    "Also in dem Sinn ist die Partei nicht gegen Ausländer an sich, sondern eben das was sie als Ausländer bezeichnet, sei es das Asylrecht, sei es das Einwanderungsrecht missbrauchen und auch da würde ich mal sagen, dass ist nicht unbedingt das Kernanliegen von Herrn Blocher, den interessiert das gar nicht so, sondern ist Wahlkampfmasche. Man weis, damit kann man etwas zehn Prozent der Bevölkerung ansprechen, und wenn die als einzige Partei eine solche Wertung machen, haben sie die zehn Prozent auf ihrer Seite."

    Der SVP ist es in den letzten Jahren immer wieder geglückt, Protestwähler zu binden. Groß geworden ist sie mit ihrem Kampf gegen einen Beitritt der Schweiz zur EU. Diese Anti-EU-Karte oder die Anti-Ausländer-Karte zu spielen, hat es ihr ermöglicht, ihren Wähleranteil von zwölf Prozent auf nunmehr fast 27 Prozent zu steigern. Um diesen Wähleranteil jetzt aber halten zu können, braucht sie den Rummel in eigener Sache, sagt Wahlforscher Claude Longchamps:

    "Es ist jene Partei, die in den letzten 10 - 12 Jahren am systematischsten versucht hat, Politik als politisches Marketing zu betreiben. Nicht mehr als Legislatur und Wahlkampf, sondern permanent im Wahlkampf, ist permanent eigentlich Zielgruppenansprache betreibt, permanent emotionale Aufwallungen der Bevölkerung betreibt und auch permanent ihre Themen und Köpfe ins Zentrum der Schweitzer Politik zu rücken weiß."

    Und das ist neu in der Schweiz, wo traditionell die Sachthemen im Mittelpunkt standen, wo es ein Milizparlament gibt, - das heißt ein Parlament, das theoretisch wirklich nur aus ehrenamtlichen Mitgliedern besteht, wo niemand hauptberuflich ein Politiker ist. Keine Partei hat jemals in der Schweiz den Wahlkampf so stark personalisiert wie die SVP. Der Publizist und ehemalige "Zeit"-Chefredakteur Roger de Weck:

    "Christoph Blocher ist wahrscheinlich der gescheiteste, strategisch am stärksten gewiefte Populist in Europa. Und es kommt hinzu, er ist steinreich, Milliardär, und in der Lage seine Partei auch weitgehend zu finanzieren, wenn es denn sein muss und man beobachtet das die SVP weit mehr Geld, weit mehr Plakate, weit mehr Werbung hat als alle anderen Parteien zusammengenommen. Hier ist etwas Undemokratisches. Die Schweizer haben sich bis jetzt nicht darum gekümmert, Transparenz in der Finanzierung der Parteien und der Abstimmungs- und Wahlkämpfe herzustellen und das ist meines Erachtens eine der ganz großen Aufgaben."

    Eine staatliche Parteienfinanzierung nämlich gibt es in der Schweiz nicht. Und keine Partei hat so einen potenten Geldgeber wie die SVP. Glaubt man den Umfragen, so wird die SVP am Sonntag ihre 27 Prozent Wähleranteil halten können. Es ist gelungen, ihre Klientel weiterhin auf sich einzuschwören, und es ist ihr geglückt, auch den nicht eben unerheblichen Teil an Protestwählern in der Schweiz wieder für sich zu gewinnen.