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Mit Ideen gegen Google

Internet. - Wer sich gegen Google behaupten will, braucht vor allem eine pfiffige Idee, die sich gegen die beherrschende Suchmaschine abhebt. Das kalifornische Startup Blekko bietet dem Benutzer neuartige Filtermöglichkeiten. Der Wissenschaftsjournalist Marcus Schuler im Gespräch mit Manfred Kloiber über die Aussichten des Unternehmens.

07.08.2010
    Kloiber: Suchmaschinen-Experte Eric Kubitz ist skeptisch, was den Erfolg von blekko angeht. Marcus Schuler, blekko befindet sich noch in der Beta-Phase, im offenen Test. Sie haben einen Zugang erhalten und konnten die neue Suchmaschine bereits testen. Was sind die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale zu den anderen Diensten?

    Schuler: Es gibt da zwei Unterscheidungsmerkmale: Einmal bietet blekko so genannte Slashtags an – der Name ist eine Eigenerfindung. Dahinter verbirgt sich die Möglichkeit, Ergebnisse bereits bei der Anfrage zu filtern. Das zweite wichtige Unterscheidungskriterium ist die Offenlegung des eigenen Such-Algorithmus'. Das finde ich das eigentlich spektakuläre. Google und andere machen daraus nämlich ein Geheimnis. Bei blekko soll Transparenz im Vordergrund stehen. Also kann ich zum Beispiel der Frage nachgehen: Wieso gewichtet meine Internetseite höher als eine andere? Das kann ich mit Blekko herausfinden.

    Kloiber: Dieser Aspekt, daß das alles offengelegt wird, der ist interessant, werden wir gleich drüber reden. Zuvor: Wie funktionieren diese Slashtags?

    Schuler: Ich kann zum Beispiel nur die Website des Deutschlandfunks durchsuchen, indem ich nach meinem eigentlichen Suchbegriff, nehmen wir die Worte Computer und Kommunikation, einen Schrägstrich oder auch Slash genannt, eingebe und dann das Wort Deutschlandfunk. Dann erhalte ich nur Ergebnisse aus dem Internetangebot des Deutschlandfunks. Diese so genannten SlashTags kann ich bei blekko selbst anlegen, abspeichern und mir so meinen eigenen Such-Mix zusammenstellen. Andere User können meinem Profil folgen und meine Slashtags, wenn ich sie auf öffentlich stelle, mit benutzen. V

    Kloiber: Kommen wir zurück auf den Aspekt der Offenlegung. Warum hat man bei blekko den Such-Algorithmus offengelegt?

    Schuler: Rich Skrenta, der Chef der neuen Suchmaschine, will damit das Thema Suche transparenter machen. Er dürfte damit vermutlich auch Webseiten-Betreiber abschrecken, die mit Tricksereien ihre Webseite in den Ergebnisseiten nach oben bringen wollen. Ich kann mir bei blekko in einer Art Tabelle wichtige Kriterien anzeigen lassen, weshalb eine bestimmte Internetseite besonders weit oben steht.

    Kloiber: Wie genau sind die Suchergebnisse?

    Schuler: Man muss vorwegschicken: Blekko indexiert zur Zeit fast nur englischsprachige Internetseiten. Der Index besteht nach eigenen Angaben aus rund drei Milliarden Seiten. Der von Google oder Yahoo dürfte deutlich größer sein, zehnmal so groß ist vermutlich noch untertrieben. Offizielle Zahlen gibt es jedoch nicht. Was die Genauigkeit angeht: Ich finde die Ergebnisse bislang sehr genau. Mir ist noch keine Spam-Seite begegnet. Man muss allerdings auch sagen: Google und Co. haben hier in den vergangenen Jahren sehr viel getan, um bessere, relevante Ergebnisse auszuliefern. Ich glaube die Unterschiede zu den etablierten Suchmaschinen sind hier nicht ganz so groß.

    Schuler: Ein bisschen mutet es ja an wie ein Kampf gegen Windmühlen, den Suchmaschinenmarkt gegen Google aufrollen zu wollen. Was treibt denn den Chef, Rich Skrenta an?

    Schuler: Skrenta genießt im Silicon Valley ein hohes Ansehen. Nicht weil er der erste Mensch war, der als Jugendlicher einen Computervirus programmiert hat, sondern weil er sich schon seit Jahren mit dem Thema Suche beschäftigt. Der 43jährige ist alles andere als ein Träumer. Er hat in den vergangenen drei Jahren, seit er an blekko arbeitet, mehr als 20 Millionen Dollar Risiko-Kapital erhalten. Darunter befinden sich namhafte Investoren wie Ron Conway, der auch als einer der ersten in den 90er Jahren in Google investiert hat. Für Silicon Valley Verhältnisse sind 20 Millionen Dollar allerdings auch nicht so viel, aber doch ausreichend, um wahrgenommen zu werden. Und Skrenta weiß, dass er selbst bei einem kleinen Marktanteil von ein bis zwei Prozent bereits schwarze Zahlen schreiben kann. Denn Werbung neben Suchergebnis-Seiten kann ein sehr gewinnbringendes Geschäft sein.

    Kloiber: Und weshalb wagen dann nicht mehr Unternehmen diesen Schritt?

    Schuler: Weil die Infrastruktur, die man zum Betrieb einer Suchmaschine benötigt, sehr aufwändig und kompliziert ist. Neben großem mathematischen Verständnis, benötigt man nämlich ein ganzes Bataillon an sehr leistungsfähigen Servern. Das ist übrigens auch eine der großen Sorgen von Rich Skrenta: Er hat Angst, so sagte er mir, dass seine Rechner unter der Last der Suchanfragen zusammenbrechen könnten, wenn man in den nächsten Tagen Online geht.

    Kloiber: Ihre Einschätzung, Herr Schuler: Wird blekko tatsächlich eine Chance gegenüber den etablierten Suchmaschinen haben?

    Schuler: Ich glaube ja, allerdings auf niedrigem Niveau. Wenn der Index von blekko schnell größer wird, ist das eine hervorragende Suchmaschine für Menschen, die das Netz tiefgehender durchsuchen wollen. Ich glaube allerdings, dass blekko für den normalen Benutzer eventuell zu kompliziert ist, wenn man das gesamte Potential nutzen möchte. Diese Slashtags sind eine tolle Idee, erfordern aber Pflegeaufwand, weil man entsprechende Seiten erst vordefinieren muss.