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Mit Joggen gegen Arterienverstopfung

Wenn es um die Todesursache Nummer eins in den Industrienationen geht, dann ist sie schnell ausgemacht: Es ist die Arteriosklerose, die Gefäßverkalkung. Doch streng genommen bezeichnet der Begriff Arteriosklerose rein "eine Verhärtung der Arterien". Der auch international gebräuchlichere Terminus Atherosklerose hingegen erweitert das Gemeinte, das zu deutsch ungefähr fettige Gefäßverhärtung heißen würde und die Erkrankung der Herzkranzgefässe und der Halsarterien umfasst. In Leipzig fand kürzlich der 1. Deutsche Atherosklerose-Kongress statt. Eine der dort vorgestellten Therapien: "Sport hilft bei Atherosklerose - in jedem Stadium".

Von Hartmut Schade | 02.11.2004
    Sport ist gesund - nur nicht bei Herzkranken. Die müssen sich schonen. Erst in den letzten Jahren verlor dieser ärztliche Glaubenssatz seine Gültigkeit. Zunächst in der Rehabilitation nach Herzinfarkt oder Schlaganfall, nun auch als Behandlungsstrategie bei chronischen Herzkrankheiten, sagt Professor Rainer Hambrecht vom Herzzentrum Leipzig.

    Nach neueren Erkenntnissen zeigt sich, das körperliches Training ein Ansatz ist, neben der medikamentösen Behandlung, die Leistungsfähigkeit zu verbessern, die Gefäße auch geschmeidiger werden zu lassen.

    Letzteres ist das Entscheidende. Bei der Atherosklerose lagern sich Lipide, Fette, an den Innenwänden der Arterien ab. Diese sind mit so genannten Endothel-Zellen ausgekleidet, an denen normalerweise nichts haften bleibt. Doch bei atherosklerotischen Patienten sind die Endotheltzellen defekt. Dadurch bleiben die Lipide doch haften, im schlimmsten Fall verstopfen sie die die Blutgefäße und verursachen so Herzinfarkt oder Schlaganfall.
    Mit Medikamenten versuchen die Ärzte die lebensrettende Innenverkleidung der Arterien zu reparieren. Das kann aber der Körper selbst, wenn er trainiert wird, sagt Rainer Hambrecht

    Jedermann, der sich belastet, weiß, das die Herzfrequenz nach oben schnellt, auch durchaus ein bisschen der Blutdruck ansteigt und durch die Kombination Anstieg der Herzfrequenz und Anstieg des Blutdruckes kommt es zu einer mechanischen Kraft an der Gefäßinnenhaut. Und die induziert letztendlich dann Botenstoffe oder auch Enzyme, die für das Endothel ganz wichtig sind, um wieder diese Schutzfunktion zu übernehmen, die sie über Jahre der körperlichen Inaktivität verloren hat.

    Menschen mit einer so genannten "Schaufenster-Krankheit", die aufgrund von Verschlüssen in den Beinarterien und einer daraus folgenden Ischämie, einer Sauerstoffunterversorgung, nur kurze Strecken laufen können, profitieren zusätzlich von einem Ausdauertraining. Wenn sie 5-6 mal täglich für eine Viertelstunde aufs Rad steigen, dann locken sie adulte Stammzellen aus dem Knochenmark ins Blut. Diese Stammzellen braucht der Organismus, um die Innenverkleidung der Arterien zu reparieren. Sie wandern vom Knochenmark in die Blutbahn, herausgelockt von Botenstoffen, die in den Muskeln produziert werden.

    Wenn sie mehrere Wochen hochdosiert trainieren, haben sie eine Vervier- bis Verfünffachung der adulte Stammzellen im peripheren Blut messbar, so dass die Hoffnungen besteht, dass körperliches Training letztendlich eine Art adulter Stammzelltherapie ist

    Sport als Jungbrunnen. Ganz ohne Pillenschlucken lässt sich aber eine Atherosklerose nicht in den Griff bekommen. Eine wichtige Ursache für die Gefäßverkalkung ist das schlechte, das LDL-Cholesterin, im Blut. Sein Anteil sinkt durch Training nicht. Wenn aber Sporttreiben und Lipidsenker zusammentreffen, dann wird das LDL-Cholesterin um ein Drittel stärker gesenkt, als ohne Körperertüchtigung. Joggen und Radfahren steigern zudem den Anteil des "guten", des HDL-Cholesterins, im Blut um rund 10 Prozent.

    Das Training wirkt eben nicht nur auf die Fette, sondern aus Tierversuchen haben wir gelernt, dass auch das vegetative Nervensystem günstig beeinflusst wird, und über das vegetative Nervensystem wird eben auch die Blutdruckregulation positiv modifiziert und es kommt zu einem Blutdruckabfall unter körperlichen Langzeittraining.

    Hoher Blutdruck zählt neben Rauchen, hohen LDL-Cholesterinwerten, Übergewicht und Diabetes zu den Hauptrisiken für eine Atherosklerose. Doch selbst eine Diabetes kann bei regelmäßigem körperlichen Training wieder verschwinden. Regelmäßig bedeutet 3-4mal die Woche eine halbe Stunde Rad fahren, laufen oder walken. Das empfehlen die Kardiologen auch zur Vorsorge. Ob der Gang in die Mucki-Bude indes etwas nützt, ist noch nicht untersucht.

    Doch für die Körperertüchtigung gilt das gleiche wie für das Pillenschlucken: fragen sie ihren Arzt. Die Sporttherapie muss genauso wie eine medikamentöse exakt dosiert werden, gerade bei Kranken. Dann aber ist sie wirkungsvoller als Beta-Blocker oder Lipidsenker allein.