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Mit Zögern unter den Schirm

Das Rettungspaket der Bundesregierung wird von den Banken nur zögerlich angenommen. Allein die ohnehin stark angeschlagene Hypo Real Estate hat bislang als einziges privates Institut einen Hilfsantrag gestellt und auch bewilligt bekommen. Doch der staatliche Rettungsschirm dürfte wohl noch einige Mal zum Einsatz kommen.

Von Eva Bahner und Jörg Münchenberg | 31.10.2008
    Taunusanlage 6, Frankfurt am Main. Hinter dieser unscheinbaren Adresse verbirgt sich einer der mächtigsten Behörden in Deutschland - der Sonderfonds Finanzmarktstabilität, kurz Soffin, ausgestattet mit knapp 500 Milliarden Euro an Steuergeldern. Seine Aufgabe: Rettung des deutschen Bankensystems:

    "Wir können künftig zum besseren Verständnis von der Anstalt sprechen, die also nach den Regeln der Verordnung und des Gesetzes um die Umsetzung kümmern wird,"

    so die flapsige Feststellung des stellvertretenden Regierungssprechers Thomas Steeg. Tatsächlich war es ein gewaltigen Kraftakt: Innerhalb von nur einer Woche wurde das Rettungspaket durch die parlamentarischen Gremien gepeitscht.

    Bereits Anfang dieser Woche meldete sich die neue Behörde, die ihren Sitz bei der Bundesbank hat, aber fachlich und rechtlich dem Bundesfinanzministerium unterstellt ist, einsatzbereit. Günther Merl, ehemals Chef der Landesbank Hessen-Thüringen und jetzt Chef des sogenannten Leitungsausschusses, der für das operative Geschäft des Fonds zuständig ist:

    "Der Fonds steht, und wir sind jetzt arbeitsfähig. Ich kann aus der heutigen Sicht feststellen. Erstens: Wir können Anträge entgegennehmen. Wir sind ein Team von 21 Mitarbeitern, das in den nächsten Tagen noch ergänzt werden soll. Und zweitens: Wir haben mit Interessenten die ersten Gespräche geführt."

    Doch bislang ist die Resonanz zumindest bei den privaten Banken erstaunlich verhalten. Allein die ohnehin stark angeschlagene Hypo Real Estate hat bislang als einziges privates Institut einen Hilfsantrag gestellt und auch bewilligt bekommen. 15 Milliarden Euro stellt die Soffin als Garantie zur Verfügung. Mit dem Geld will der Konzern mögliche Liquiditätsengpässe überbrücken, bis dann das 50-Milliarden-Euro Hilfspaket zum Tragen kommt, das Bundesregierung und Finanzwirtschaft Ende September eigens für die Hypo Real Estate geschnürt haben.

    Zwar verdichten sich inzwischen die Hinweise, dass demnächst auch andere Privatbanken wie Commerz-, Dredner, Deutsche oder auch Postbank den Fonds in einer gemeinsamen Aktion anzapfen wollen. Aber noch halten sich die Institute bedeckt. Neben der Hypo Real Estate haben bislang nur die drei Landesbanken Bayern LB, West LB und HSH Nordbank bei der Soffin um Finanzhilfe nachgefragt.

    Jeder Einzelfall muss genau geprüft werden, erklärt der ehemalige Finanzminister von Baden Württemberg, Gerhard Stratthaus, der dem Soffin-Vorstand ebenfalls angehört:

    "Da wird es selbstverständlich Verhandlungen geben müssen. Da wird man ganz genau untersuchen müssen, wo die Bank steht. Man wird zum Beispiel bei einer Garantie fragen: Reicht eigentlich das Eigenkapital aus, oder ist es notwendig, dass auch beim Eigenkapital etwas geschieht. Da wird es selbstverständlich Verhandlungen geben. Ich meine, man kann ja nicht einfach Riesen Millionen- oder Milliardensummen auf einen informellen Antrag hin auszahlen. Das ist ganz klar."

    Grundsätzlich gibt es drei Maßnahmen, mit denen der Fonds angeschlagenen Banken unter die Arme greifen kann: Zunächst kann er Garantien für Verbindlichkeiten und Schuldtitel abgeben - eine Maßnahme, die dazu beitragen soll, dass sich die Banken wieder untereinander vertrauen und Geld leihen. Dafür stellt der Fonds insgesamt 400 Milliarden Euro zur Verfügung. Banken, die diese Hilfsmöglichkeit in Anspruch nehmen, müssen eine marktgerechte Gebühr bezahlen. Zudem sind die Garantien bis 2012 beschränkt.

    Die zweite Hilfsmaßnahme wiegt da schon bedeutend schwerer. Denn faktisch kann sich der Fonds bis zu einer Obergrenze von zehn Milliarden Euro direkt an einem Institut beteiligen. Gerhard Stratthaus:

    "Viele Banken haben in den letzten Monaten Kapital verloren. Ihr Eigenkapital ist also nicht immer so stark wie es sein sollte. Und da besteht nun die Möglichkeit, dass sich dieser Fonds nun an dem Eigenkapital der Banken beteiligt. Es ist allerdings daran gedacht, dass dies nicht für alle Zeiten so sein soll. Wir wollen nicht auf die Dauer eine Verstaatlichung der Banken oder eine Teilverstaatlichung der Banken in Deutschland."

    Doch diese Hilfe ist bereits mit strengen Auflagen versehen. Das gilt auch für die dritte Hilfsmöglichkeit: Der Fonds kann auch derzeit nicht verkäufliche Wertpapiere der Banken vorübergehend übernehmen - für maximal fünf Milliarden Euro pro Unternehmen.

    Letztlich aber entscheidet nicht allein der Leitungsausschuss der Behörde über die Hilfsmaßnahmen - einmal pro Woche kommt der Soffin-Vorstand mit dem so genannten Lenkungsausschuss zusammen, sozusagen das Bindemitglied zwischen Behörde und Politik. Im Lenkungsausschuss sitzen die Staatssekretäre der zuständigen Ministerien. Doch auch hier gilt, so Stratthaus - entschieden wird von Fall zu Fall, schließlich handelt es sich um absolutes Neuland:

    "Also letztlich wird der Bundesfinanzminister oder sogar die Bundeskanzlerin entscheiden, wenn es eine ganz große Sache ist. Sie müssen bedenken: Das ist letztlich Geld der Bundesrepublik Deutschland, und da muss die Politik entscheiden."

    Das könnte im Falle der BayernLB von Vorteil sein. So rechnet Ministerpräsident Horst Seehofer inzwischen fest mit der Unterstützung der Bundeskanzlerin. 6,4 Milliarden Euro benötigt die bayrische Landesbank, über 5,4 Milliarden Euro sollen aus dem Rettungsfonds kommen. Michael Kemmer war der erste Bank-Chef, der sich letzte Woche aus der Deckung wagte:

    "Dass das Ganze ein bisschen läuft wie beim Mikado, nach dem Motto: Wer sich als erstes bewegt hat verloren, das wissen wir, das stört uns nicht. Wenn wir hier nun eine Bresche für andere geschlagen haben sollten, ist das in Ordnung."

    Und die Bresche war geschlagen: aber nur für drei der acht Landesbanken. Für Konjunkturforscher Horn keine große Überraschung:

    "Ich glaube, dass diese Banken schon stigmatisiert waren. Man wusste ja schon, dass es der Bayrischen Landesbank nicht besonders gut geht, das Gleiche gilt für die HSH Nordbank und die WestLB, insofern war für sie der Schritt natürlich leichter, hinzu kommt, dass die Länder ja als Miteigentümer einen besonderen Druck ausüben können, das Programm in Anspruch zu nehmen."

    Landesbürgschaften gegen Bundesbürgschaften auszutauschen scheint eine attraktive Option in Hamburg, Düsseldorf und München. Würden die Hilfen aus dem Rettungsfonds gewährt, könnte die angeschlagene BayernLB zum Beispiel auf den landeseigenen Risikoschirm, den der Freistaat und die Sparkassen bereits im Frühling aufgespannt haben, insgesamt Bürgschaften in Höhe von 4,8 Milliarden Euro, verzichten, so das Kalkül. Für Gustav Horn, Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, durchaus nachvollziehbar:

    "Der Landeshaushalt entlastet sich sozusagen ein wenig von seiner Miteigentümerschaft, indem er den Bund mit ins Boot nimmt. Ich denke aber, dass im Zuge der Verhandlungen die Bundesregierung dem Rechnung tragen wird, und hier im Falle der Landesbanken besonders restriktiv sein wird bei der Mittelvergabe, denn es kann ja nicht sein, dass sich die Länder auf diesem Wege aus der Verantwortung stehlen."

    Bundesfinanzminister Peer Steinbrück wehrt sich bislang noch dagegen, bereits bestehende Rettungsschirme gegen Hilfen aus dem neuen Fonds auszutauschen. Das Paket sei für Opfer der Finanzkrise geschnürt worden und nicht für Altlasten der Bundesländer. Die Entscheidung soll in den nächsten Tagen fallen und für die Landesbanken wird sie Signalwirkung haben.

    Die privaten Banken indes greifen noch immer wenig beherzt zu. Eine Tatsache, die in Berlin für große Verärgerung sorgt, waren sie doch maßgeblich an der Entstehung des Rettungspakets beteiligt. Finanzminister Peer Steinbrück:

    "Die ersten Vorstände einer Bank kommen auf die Idee, dass ich noch ein besonderes Anreizprogramm liefern soll, damit der Rettungsschirm der Bundesregierung überhaupt in Anspruch genommen wird. Ich soll ihnen quasi noch einen Pralinenteller hinstellen, damit sie das Menü auch ja essen."

    Dabei wird das Rettungspaket in der Frankfurter Bankenszene grundsätzlich begrüßt. Und Professor Thomas Hartmann Wendels von der Universität Köln glaubt, es sei ohnehin nur eine Frage der Zeit und völlig normal, dass Banken die unterschiedlichen Instrumente des Fonds sorgfältig prüfen:

    "Ich kann mir gut vorstellen, dass vor allen Dingen bei den privaten Banken, die ja noch stärker von den Aktionären und vom Kapitalmarkt abhängen, insofern noch vorsichtiger mit ihrer Reputation umgehen müssen als jetzt die Landesbanken, dass es dort hinter den Kulissen Bestrebungen gibt zu einem gemeinsamen Vorgehen zu kommen, um eben die Stigmatisierung einzelner Institute zu verhindern."

    Schon in wenigen Tagen könnten die großen Kreditinstitute also vorstellig werden beim Bund und Anträge stellen für Kreditbürgschaften. Laut Peer Steinbrück seien auch solche darunter, die sich zuvor öffentlich anders geäußert haben. Also möglicherweise auch die Deutsche Bank, die als Branchenprimus wenige Tage nach Inkrafttreten des Gesetzes bereits unmissverständlich klar machte, dass sie Staatshilfen nicht benötige, mehr noch, sich schäme, diese in Anspruch nehmen zu müssen, wie Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann zitiert wurde - ausgerechnet der Bankmanager, der in größter Not am lautesten nach dem staatlichen Rettungsring schrie.

    "Die deutschen Banken glauben eben schon, dass sie schon abgestraft würden, und hier war auch die Äußerung von Herrn Ackermann nicht besonders hilfreich, der die Schwelle zur Teilnahme an diesem Programm ja noch deutlich erhöht haben dürfte. Insofern wäre es besser, man macht es den Banken so leicht wie möglich, an dieses Geld zu kommen, und es ist wichtig, dass alle Banken teilnehmen, nur so generiert man wieder Vertrauen in die Banken hinein",

    sagt Wirtschaftsexperte Horn. Doch dass bei den privaten Geldinstituten inzwischen ein Umdenkungsprozess eingesetzt hat, dürfte zugleich dem wachsenden Druck von außen geschuldet sein. Denn wie andere Institute stehen auch die großen deutschen Privatbanken im internationalen Wettbewerb um Anleger und die Verwaltung von Vermögen. Doch von einem Konkurrenzkampf auf Augenhöhe könne längst keine Rede mehr sein, meint Soffin-Vorstand Stratthaus, einfach weil die ausländischen Banken inzwischen deutlich mehr Sicherheiten vorweisen können als die deutschen Institute:

    "Allmählich merkt man, dass vor allem in Großbritannien, aber auch in den Vereinigten Staaten die Banken nachdrücklich unterstützt worden sind vom Staat auch mit Eigenkapital, und jetzt befürchten natürlich manche Banken bei uns, dass sie dadurch einen Wettbewerbsnachteil erleiden würden. Und wenn eine Bank darauf hinweisen kann, dass ihre internationalen Konkurrenten durch diese staatlichen Maßnahmen in den entsprechenden Ländern besser gestellt sind. Dann werden sie sich vielleicht auch leichter tun, wenn sie es für notwendig halten, sich an den Fonds zu wenden."

    Gemeinsam durch die Krise, als Schicksalsgemeinschaft, damit keine Bank allein im Rampenlicht steht, so lautet die neue Strategie in der Frankfurter Bankenwelt. Dabei geht es hauptsächlich um staatliche Garantien, der Staat als Aktionär wird hingegen noch immer mit Argwohn beäugt, erklärt Dieter Hein, Analyst bei der unabhängigen Analysegesellschaft Fair Research:

    "Bei den privaten Banken gibt es ja private Aktionäre, und das Rettungspaket greift natürlich schon ziemlich stark in die Eigentumsrechte der Aktionäre ein, und von daher überlegt man sich schon zweimal, ob man das wirklich braucht. Das sollte man eigentlich positiv werten. Man hat das nötige Auffangnetz gespannt, und je weniger das wirklich brauchen, desto besser ist es doch."

    Beispiel Postbank. Auch das Geschäft der Post-Tochter leidet stärker als gedacht unter der Finanzkrise, verzichtet aber auf den Staat als Kapitalgeber. Die Kapitalerhöhung wird aus eigener Kraft gestemmt, mit Hilfe der Mutter, der Deutschen Post:

    "Die Postbank ist ein privates Unternehmen mit einem Großaktionär, es ist für Banken und andere Unternehmen auch nicht ungewöhnlich, dass man den Eigentümer bei gewissen Problemen um frisches Kapital bittet. Der Staat als Rettungsanker sollte immer die letzte Instanz sein, die da eingreift. Wenn das die privaten Eigentümer stemmen können, warum sollten sie es auch nicht stemmen können, so hoch ist der Betrag nicht von einer Milliarde Euro, dann sollten sie das auch tun und nicht die Staatshilfe in Anspruch nehmen."

    Anders könnte es bei der Commerzbank aussehen. Sie könnte sich schon in den nächsten Tagen für eine Kapitalspritze des Bundes entscheiden, um ihre Eigenkapitalbasis zu stärken.

    In den USA oder in Frankreich hatte man weniger Vorbehalte gegenüber dem Staat als Banker. Hier wurden die Institute zur Teilnahme an den nationalen Rettungsprogrammen gesetzlich verpflichtet, egal ob die Kreditinstitute gesund waren oder nicht. Aber auch Bank-Professor Hartmann-Wendels glaubt, dass der deutsche Weg auf lange Sicht der bessere ist. Einerseits hätte die Zwangsteilnahme sicherlich das Problem der Stigmatisierung vermieden, ...

    "...andererseits muss man sehen, dass der Staat sich doch möglichst zurückhalten sollte bei seiner Banktätigkeit. Anders als in den USA haben wir ja hier in Deutschland umfangreiche Erfahrungen mit dem Staat als Bankier, ungefähr ein Drittel unseres Bankwesens ist ja in öffentlicher Hand, und wenn man sich die Landesbanken anschaut, dann ist das nicht der erfolgreichste Teil, also insofern plädiere ich doch eher für den deutschen Weg, wir zwingen niemanden, es ist freiwillig, und es ist auch mit bestimmten Sanktionen verbunden, denn auch im Hinblick auf die Anreizwirkungen für die Zukunft kann es nicht sein, dass der Staat bereitwillig seine Mittel zur Verfügung stellt, ohne dass es für die Banken auch negative Konsequenzen hat."

    "Wir brauchen Banken, aber wir brauchen Banken in einer dienenden Funktion, in einer dienenden Funktion für den Mittelstand, in einer dienenden Funktion für die Sparerinnen und Sparer, in einer dienenden Funktion für Gebietskörperschaften."

    Dem Eindruck, das Rettungspaket sei nur ein Geschenk an die Banker, versuchte der Bundesfinanzminister von Anfang an entschieden entgegenzutreten.

    "Ich nenn Ihnen mal meine Zahl, diese Manager sollten pro Jahr nicht mehr als 500.000 Euro pro Jahr bekommen, keine Boni, keine Abfindung in der Zeit, und keine Dividende."

    Zwar ist aus Sicht aller Experten klar, dass der Staat sein Rettungsangebot nur mit Auflagen und Gegenleistungen anbieten kann. Und gerade die teilweise exorbitant hohen Gehälter und Boni stehen stellvertretend für die gesamte Finanzmarktkrise.

    Und doch stößt die starre Regelung, die Gehälter bei 500.000 Euro zu deckeln, wenn der Fonds bereits Risikopapiere von Banken übernimmt oder sich an ihnen beteiligt, auf Kritik. Gregor Thüsing vom Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit an der Universität Bonn:

    "Dort steht, dass ein Vorstandsmitglied grundsätzlich nicht mehr als 500.000 Euro verdienen darf. Alles was darüber hinausgeht, ist grundsätzlich unangemessen und im Gegenschluss heißt das wohl, dass alles was da drunter ist, grundsätzlich angemessen ist. Das setzt die falschen Signale. 500.000 Euro sind für einen Vorstand der Sparkasse Herfort etwas ganz anderes als für den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank. Will sagen: die Vorstände und die Banken sind verschieden, und hier bedarf es differenzierter Reglungen."

    Nach Ansicht von manchen Beobachtern könnten nicht zuletzt die strengen Gehalts- und Boni-Regelungen mit dafür verantwortlich gewesen sein, dass die privaten Banken um das staatliche Rettungspaket zunächst einen großen Bogen gemacht haben. Doch in der Praxis bietet die bestehende Regelung viel Spielraum. Zunächst einmal können die Fondsverwalter nicht direkt eine Gehaltskürzung vorgeben. Dies geschieht zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. Außerdem muss der Betroffene einer Gehaltskürzung zustimmen.

    Kommt es aber zwischen Aufsichtsrat und Vorstandsmitglied nicht zu einer Einigung, müsste er zwangsläufig entlassen werden. Doch soweit, so der Wirtschaftsexperte Gustav Horn, dürfte der Konflikt kaum gehen:

    "Ich gehe einfach mal davon aus, dass hier die entsprechenden Aufsichtsräte ein Gegengewicht darstellen. Wenn der Aufsichtsratsvorsitzende sieht - der Bank geht es schlecht - dann wird er seinen Vorstand zwingen, am Programm teilzunehmen. Ich glaube, das kann dann nicht der entscheidende Punkt sein, die Teilnahme an diesem Programm zu verweigern, weil die Managergehälter gekürzt werden, zumal das ja auch noch Verhandlungsgegenstand ist. Es steht ja nicht von vorneherein fest, wie stark sie gekürzt werden und auf welches Niveau."

    Auch der zwangsläufige Verzicht auf Boni und Abfindungen, wie in der Verordnung festgelegt, klingt zunächst drastisch. Doch auch hier, so der Arbeitsrechtler Thüsing, wird die Leitung der Bankentreuhand von Einzelfall zu Einzelfall entscheiden müssen:

    "Es gibt Abfindungsregelungen, die sind bereits im Vertrag formuliert und in ihren Voraussetzungen genau im Anstellungsvertrag definiert. An die kommt die jetzige Verordnung wiederum nicht so einfach dran - unproblematisch verbieten kann die jetzige Verordnung nur die Abfindungszahlungen, die noch nicht im Anstellungsvertrag festgelegt sind. Das sind aber durchaus die selteneren Fälle."

    Ohnehin gelten die strengen Regelungen, sofern sie denn angewendet werden können, wie gesagt nur dann, wenn der Rettungsfonds sich direkt bei den Instituten beteiligt oder faule Kredite aufkauft. Bei der reinen Garantieerklärung für Verbindlichkeiten oder Schuldtitel müssen sich die betroffenen Institute lediglich verpflichten, ihre Geschäftspolitik und deren Nachhaltigkeit zu überprüfen, wie es heißt. Genau diesen Weg dürften wohl die meisten privaten Banken wählen und somit um staatliche Eingriffe herumkommen.

    Ob sich damit die Turbulenzen der Finanzkrise zumindest aus der deutschen Perspektive abschwächen werden, bleibt abzuwarten. Entscheidend ist, dass die Banken untereinander wieder Vertrauen fassen und sich gegenseitig Geld leihen. Erst dann wird diese Krise überwunden sein. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, warnt Analyst Hein:

    "Was wir bislang gesehen haben, sind die Schieflagen, die im Zusammenhang stehen mit der aktuellen Finanzmarktkrise. Die Finanzmarktkrise, das sieht man immer mehr, wird wohl zu einer weltweiten Rezession führen. Nicht nur das. Auch Länder stehen vor dem Staatsbankrott. Das heißt, nach der ersten Welle von Abschreibungen aufgrund der Finanzmarktkrise werden wohl noch zwei weitere Wellen auf die Banken zukommen."

    Im Klartext: der staatliche Rettungsschirm, den gerade die privaten Banken so lange verschmäht haben, dürfte wohl noch einige Mal zum Einsatz kommen - da ist sich auch Soffin-Vorstand Stratthaus ziemlich sicher:

    "Also, da werden schon noch einige kommen. Davon bin ich fest überzeugt."