Donnerstag, 28. März 2024

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Mittelbau-Dora
"Wir wehren uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln"

Vor der Gedenkstätte Mittelbau-Dora in Thüringen wurde ein Sprengsatz gefunden. Ein extremistischer Hintergrund ist nicht ausgeschlossen. Schon in den 90er-Jahren hatte die Gedenkstätte mit Störungen durch Neonazis zu kämpfen, sagte der stellvertretende Stiftungsdirektor Philipp Neumann-Thein im Dlf.

Philipp Neumann-Thein im Gespräch mit Anja Reinhardt | 21.02.2020
Das Gelände des ehemaligen Häftlingslagers des KZ Mittelbau-Dora im Januar 2018.
Gelände des KZ Mittelbau-Dora: Im Eingangsbereich der Gedenkstätte wurde ein Sprengkörper gefunden (Deutschlandradio / Henry Bernhard)
Es war ein "zündfähiger Sprengkörper mit ernstzunehmender Wirkung", teilt die Gedenkstätte mit. Laut Untersuchungsbericht der Polizei handelt es sich offenbar um einen selbstgebastelten Feuerwerkskörper mit Zündschnur. Er wurde bereits im Januar im Eingangsbereich der Gedenkstätte Mittelbau-Dora, einem ehemaligen Außenlager des KZ Buchenwald, gefunden.
Über die Hintergründe und mögliche Täter sei noch nichts bekannt, sagte der stellvertretende Stiftungsdirektor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Philipp Neumann-Thein, im Deutschlandfunk. Die Polizei habe aber bekannt gegeben, dass ein extremistischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden könne - "das sehen wir ganz genau so", so Neumann-Thein.
Provokation durch Neonazis in den 90ern
Vor allem in den 90er-Jahren habe man in Buchenwald und Mittelbau-Dora mit Störungen durch Neonazis zu kämpfen gehabt. "Wir haben viele Vorfälle so bis Mitte, Ende des Jahrzehnts gehabt, wo größere Gruppen von Neonazis hier vor allem auch in der Gedenkstätte Buchenwald aufgetreten sind, um Angst und Schrecken zu verbreiten, um ihre Hassparolen hier in die Öffentlichkeit zu tragen."
Man wisse, dass auch die Kernmitglieder des NSU 1996 in einer solchen Gruppe die Gedenksätte besucht hätten, um gezielt zu provozieren. Damals habe man so reagiert, wie man auch heute reagiere. "Wir bringen jeden Fall zur Anzeige und erteilen, wenn Personalien festzustellen sind, auch umgehend Hausverbote. Wir wehren uns in solchen Fällen, aber auch generell, immer mit allen uns durch den Rechtstaat zur Verfügung stehenden Mitteln."
Hausverbot gegen Höcke bei Gedenkveranstaltungen
Hausverbot besteht zur Zeit auch zum Beispiel für das AfD-Mitglied Björn Höcke. Dieses Verbot beziehe sich auf Gedenkveranstaltungen, präzisiert Neumann-Thein.
Vertreter der AfD könnten sich in den Gedenkstätten zwar mit den fuchtbaren Folgen rassistischer und menschenverachtender Ideologie bekannt machen. "Aber wir können nicht dulden, dass Vertreter einer Partei, die genau solche rassistische und menschenverachtende Ideologie verbreitet, hier zu Gedenkveranstaltungen kommen - vielleicht auch noch, um sich selbst zu inszenieren. Und erst recht nicht, wenn an diesen Veranstaltungen auch ehemalige Häftlinge von Buchenwald oder Mittelbau-Dora teilnehmen."