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Mittelmeer
Erneut Hunderte Flüchtlinge in Seenot

Wieder sind Hunderte Flüchtlinge im Mittelmeer in Seenot geraten. Italien und Malta hätten Rettungseinsätze eingeleitet, nachdem es nach Hilferufen von drei Booten gegeben habe, sagte Italiens Regierungschef Matteo Renzi nach einem Treffen mit Maltas Premierminister Joseph Muscat.

20.04.2015
    Zahlreiche Menschen stehen an einer Küste und beobachten ein auf Grund gelaufenes Schiff.
    Vor Rhodos lief ein Flüchtlingsschiff auf Grund - es gab mehrere Todesopfer. (picture allinace / dpa / Loukas Mastis)
    "Ein Schlauchboot befindet sich etwa 55 Kilometer vor Libyen, mit 100 bis 150 Menschen an Bord. Ein weiteres Schiff ist etwas größer mit 300 Menschen", sagte Renzi. Auch ein drittes Boot habe um Hilfe gebeten. Zuvor hatte schon die Internationale Organisation für Migration (IOM) in Genf mitgeteilt, einen Hilferuf erhalten zu haben, demzufolge drei Boote in Seenot seien. Auf einem der Boote seien demnach mehr als 300 Menschen an Bord - und 20 bereits tot.
    Weiteres Flüchtlingsdrama vor Rhodos
    Ein weiteres Boot mit mindestens 83 Flüchtlingen lief vor der griechischen Insel Rhodos auf Grund. Der griechischen Küstenwache zufolge starben dabei mindestens drei Menschen. 23 Menschen seien ins Krankenhaus gebracht worden. Zudem werde auf dem Meer nach weiteren Überlebenden gesucht, da unklar sei, wie viele Flüchtlinge auf dem Holzkahn gewesen seien.
    Erst am Sonntag waren im Mittelmeer über 900 aus Afrika kommende Flüchtlinge ertrunken - bislang die wohl schlimmste Katastrophe im Mittelmeer. Das Unglück hat die Diskussion über die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union neu entfacht: Am Donnerstag hält die EU einen Krisengipfel in Brüssel ab, wie EU-Ratspräsident Donald Tusk mitteilte. Schon heute Vormittag kamen in Luxemburg die EU-Außenminister zusammen, um über Konsequenzen zu beraten, am Nachmittag soll ein gemeinsames Krisentreffen mit den Innenministern folgen.
    Scharfe Kritik an der EU
    Der Vizepräsident des EU-Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff (FDP), warf den Innenministern allerdings vor, kein echtes Interesse an der Bekämpfung von Schlepperbanden und dem Schutz von Flüchtlingen zu haben. "Ich bin da pessimistisch", sagte er im Deutschlandfunk zur Frage nach einer politischen Lösung. "Ich sehe den politischen Willen insbesondere in den Innenministerien der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nicht. " Lambsdorff forderte eine "legale Möglichkeit der Zuwanderung in die Europäische Union" und ein "ernst gemeintes, wirklich gemeinsam europäisch verantwortetes Seenot-Rettungsprogramm",
    Der Vorsitzende der Hilfsorganisation Borderline Europe, Elias Bierdel, kritisierte die Abschottungspolitik der EU als "systematisch unterlassene Hilfeleistung". Im Deutschlandfunk sprach er vom "größten Menschenrechtsskandal weltweit".
    Die Bundesregierung sieht ebenfalls die EU in der Pflicht: Die Mitgliedsstaaten müssten sich dringend auf zusätzliche Maßnahmen verständigen, um solche Katastrophen in Zukunft zu verhindern, sagte Regierungssprecher Seibert. Das Bundesinnenministerium reagierte zurückhaltend auf Forderungen von SPD und Opposition, das Rettungsprogramm "Mare Nostrum" neu aufzulegen. Ein Sprecher erklärte, Bundesinnenminister de Maizière sei zwar nicht generell dagegen, das Programm sei allerdings kein Allheilmittel.
    (swe/cc/tj)