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Mittelständler
Heikle Fusion in der Metallbranche

Das Bundeskartellamt war gegen die Fusion, der Bundeswirtschaftsminister hat sich heute darüber hinweg gesetzt. Der deutsche Mittelständler Zollern und die österreichische Miba können jetzt ihr Geschäft mit Gleitlagern fusionieren, um - wie sie sagen - asiatischer Konkurrenz Paroli zu bieten.

Von Volker Finthammer | 19.08.2019
Bundeswirtschaftsminister Altmaier steht hinter einem Mikrofon.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will sich nicht vorwerfen lassen, Mittelständler im Regen stehen zu lassen (dpa/Bernd von Jutrczenka)
Vor der heute erteilten Ministererlaubnis war das Bundeskartellamt gefragt. Es sollte entscheiden, ob sich die beiden Unternehmen Miba AG aus Österreich und die Zollern GmbH & Co KG aus Sigmaringen zusammenschließen können. Das schwäbische Unternehmen zählt zu den 20 ältesten Familienunternehmen in Deutschland. Ein klassischer Mittelständler in der Metallbranche mit mittlerweile weltweit 3.000 Beschäftigten.
Für den Spezialbereich der Gleitlagerherstellung verfolgt das Unternehmen seit dem vergangenen Jahr den Plan, ein Joint Venture mit der österreichischen Miba AG, dem weltweit bedeutenden Anbieter von Motorengleitlagern, zu gründen.
Minister setzt sich über Bundeskartellamt hinweg
Doch das Bundeskartellamt hatte am 17. Januar die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens untersagt. Daraufhin haben die beiden beteiligten Unternehmen einen Antrag auf Ministererlaubnis gestellt, die Wirtschaftsminister Peter Altmaier heute erteilte.
Das heißt: Die beiden Unternehmen können ihre Gleitlagesparten in einem Gemeinschaftsunternehmen zusammenführen.
Er habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und auch mit Auflagen versehen betonte Altmaier, zumal die Ministererlaubnis in Fusionsverfahren nach geltendem Recht eher die Ausnahme als die Regel sein soll.
Präzenzfall Kaiser's Tengelmann und Edeka
Die letzte Ministererlaubnis hatte der frühere Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel für den Verkauf der Supermarktkette Kaiser's Tengelmann an Edeka erteilt, der zuvor auch vom Kartellamt untersagt worden war. Schon damals wurde mit besonderen Allgemeinwohlgründen argumentiert, wie es Wirtschaftsminister Peter Altmaier gleichermaßen im vorliegenden Fall tut.
"Nach langer und ausführlicher Prüfung, nach Anhörung der Beteiligten bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass in diesem Fall ein Gemeinwohlgrund vorliegt und zwar der Gemeinwohlgrund Know How und Innovationspotential für Energie wende und Nachhaltigkeit. Und deshalb glaube ich, dass wir bei der Erteilung dieser Ministererlaubnis einen wichtigen Baustein bei der Energiewende schaffen."
Auflagen und Überwachung durch Treuhänder
Außerdem zeige man damit, dass auch die mittelständischen Hidden Champions eine Perspektive haben und bekommen sollen, betonte Altmaier. Dies aber unter Auflagen. So müssen die beiden Unternehmen ihre vollständigen Kenntnisse und Fähigkeiten im Gleitlagerbereich in das Gemeinschaftsunternehmen einbringen und dieses mindestens fünf Jahre gemeinsam betreiben.
Über eine Investitionsauflage in Höhe von 50 Millionen Euro soll zudem sichergestellt werden, dass die Unternehmen die notwendigen Investitionen - vor allem in Forschung und Entwicklung - innerhalb dieser fünf Jahre tätigen. Diese Auflagen sollen durch einen unabhängigen Treuhänder überwacht werden.
Der Wirtschaftsminister leitet aus diesem Fall aber auch grundsätzliche Erwägungen für die Arbeit des Bundeskartellamtes ab. So möchte er künftig die Schwellen für die Fusionskontrolle etwa beim Inlandsumsatz höher ansetzen. Außerdem will Altmaier die Voraussetzungen für eine Ministererlaubnis noch genauer fassen, um den Ausnahmecharakter dieser Lösung noch deutlicher herauszustellen und abzugrenzen.