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"Das 5G-Netz ist im Moment noch quasi gähnend leer"

5G-Netze seien dramatisch schneller als die alten Mobilfunknetze, sagte Urs Mansmann vom Technikmagazin "c’t" im Dlf. Allerdings gebe es beim Ausbau noch große Lücken. Verbrauchern, die ein 5G-fähiges Mobiltelefon kaufen wollen, empfiehlt er zu warten. Im Moment hätten die 5G-Geräte noch Kinderkrankheiten.

Urs Mansmann im Gespräch mit Stefan Römermann | 04.08.2020
Start der Auktion von 5G-Mobilfunkblöcken
Es gibt viele Landstriche in Deutschland, in denen das 5G-Netz noch nicht ausgebaut ist, sagte Urs Mansmann vom c't Magazin (picture alliance/Boris Roessler/dpa)
Beim mobilen Telefonieren und im Internetsurfen bricht laut Mobilfunkanbietern ein neues Zeitalter an, eine neue Generation: Mit dem 5G-Standard, der fünften Generation der Mobilfunknetze, sind deutlich höhere Übertragungsgeschwindigkeiten möglich. In den vergangenen Wochen wurden an vielen Orten die passenden 5G-Mobilfunkmasten in Betrieb genommen.
Urs Mansmann vom Technikmagazin "c't" sprach im Deutschlandfunk von "Riesenlücken" beim 5G-Netz, der Ausbau komme nur schleppend voran: "Es ist einfach Wunschdenken, dass eine neue Funktechnologie dann die Löcher beseitigt. Das hätte man schon mit 4G machen können."

Stefan Römermann: Wie weit ist der Ausbau der 5G-Netze?
Urs Mansmann: Ganz vorne ist die Telekom, die versorgt inzwischen rund die Hälfte der Bevölkerung, also die Hälfte der Haushalte, das heißt natürlich erst mal vorzugsweise in großen Städten, aber auch in ländlichen Gebieten, beispielsweise die Autobahn Hamburg-Berlin, die ist schon abgedeckt mit 5G. Vodafone liegt deutlich dahinter, die haben eine deutlich geringere Abdeckung, das ist es nur punktuell, und O2 ist noch gar nicht gestartet.
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"Wenn ich ein Funkloch habe, muss ich da einen Sendemast reinstellen"
Stefan Römermann: Es sollten ja mit 5G auch die weißen Flecken auf der Landkarte hinsichtlich Breitbandanbindung ein bisschen gestopft werden. Ist da auch schon was passiert, dass in Regionen, die bisher einfach gar nicht mit schnellem Internet versorgt worden sind, jetzt 5G-Verbindungen sind, oder ist das erst der zweite Schritt des Ausbaus?
Urs Mansmann: Es ist einfach Wunschdenken, dass eine neue Funktechnologie dann die Löcher beseitigt. Das hätte man schon mit 4G machen können. Wenn ich ein Funkloch habe, muss ich da einen Sendemast reinstellen. Ob ich das mit 4G mache oder 5G, spielt keine Rolle, es gibt keinen exklusiven 5G-Ausbau. Dort, wo 5G neu hinkommt, kommt immer auch 4G mit.
Römermann: Wo sind denn beim 5G-Ausbau noch die größten Lücken?
Mansmann: Na ja, bis jetzt ist der 5G-Ausbau eigentlich eine Riesenlücke. Es gibt ganze Landstriche, die noch kein 5G haben, insbesondere bei den anderen Netzbetreibern als der Telekom. 5G ist Moment die Technik, die gerade kommt, da läuft der Ausbau. Es wird noch ganz lange dauern, bis 5G mit 4G gleichzieht.
Römermann: Sie haben ja jetzt die 5G-Netze dort, wo sie sind, auch schon mal getestet. Spürt man denn da tatsächlich Unterschiede, wenn man da mit dem Smartphone oder mit dem Laptop ins Internet geht?
"Das 5G-Netz ist im Moment noch quasi gähnend leer"
Mansmann: Es ist tatsächlich so, dass die 5G-Netze dramatisch schneller sind als die 4G-Netze. Man erreicht dort Download-Raten von mehreren Hundert Megabit, bis zu 600, 700 Megabit schon im jetzigen Ausbaustand des Netzes, und das wird in Zukunft noch besser werden. Allerdings muss man auch sehen, das 5G-Netz ist im Moment noch quasi gähnend leer, da sind kaum Nutzer unterwegs, weil die wenigsten diesen Tarif und die Geräte schon haben. Auch das könnte sich dann in Zukunft ein bisschen relativieren, aber man sieht schon jetzt, diese zusätzliche Kapazität sorgt natürlich für mehr Tempo.
Römermann: Wieso spielt die Anzahl der Nutzer da eine Rolle?
Mansmann: Na ja, das Problem beim Mobilfunk ist, das ist ein sogenanntes Shared Medium, das heißt, die vorhandene Kapazität wird unter den Nutzern aufgeteilt, und wenn in einer Zelle sehr viele Nutzer sind, da kann nicht jeder von denen die Maximaldatenrate kriegen, sondern dann bekommt jeder ein bisschen weniger.
Römermann: Inzwischen gibt es ja schon eine Handvoll Smartphones, die laut Hersteller 5G unterstützen, sind das nur die ganz teuren High-End-Geräte, oder gibt es da inzwischen auch günstige Angebote?
"Das Problem ist, es kommen verschiedene Frequenzbänder zum Einsatz"
Mansmann: Es sind vor allem die ganz neuen Geräte. Die ersten waren tatsächlich High-End-Geräte, aber inzwischen ist 5G schon in der 400-, 500-Euro-Klasse angekommen.
Römermann: Da muss man aber, glaube ich, ein bisschen aufpassen. Ich hab in Ihrer Zeitschrift gelesen, dass nicht alle Geräte, bei denen ich sag mal 5G draufsteht, auch tatsächlich schon jetzt 5G so richtig unterstützen, oder?
Mansmann: Das Problem ist, es kommen verschiedene Frequenzbänder zum Einsatz und, was die Sache noch kompliziert, bei Vodafone und Telekom unterschiedliche Frequenzbänder. Die Geräte der ersten Generation können, einige dieser Geräte können noch nicht alle Frequenzbänder, da muss man tatsächlich genau hinschauen, in welchem Netz möchte ich das Gerät einsetzen, und kann das Netz die dafür erforderlichen Frequenzbänder.
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Römermann: Das klingt ein bisschen so wie, man sollte eigentlich lieber noch ein bisschen abwarten beim Smartphone-Kauf.
Mansmann: Ich würde tatsächlich dazu raten abzuwarten beim Smartphone-Kauf. Im Moment haben die 5G-Geräte noch Kinderkrankheiten, das wird sich innerhalb der nächsten Monate bis spätestens in einem Jahr geklärt haben. Vermutlich bekommen auch die Geräte, die jetzt Schwierigkeiten haben, oder viele von diesen Geräten noch Updates. Aber im Moment ist es so, man kann sich nicht drauf verlassen, dass ein Gerät, das als 5G-fähig beworben wird, auch tatsächlich 5G kann.
"Es bringt einfach mehr Performance"
Römermann: Was würden Sie denn sagen, was bringt 5G für einen ganz normalen typischen Smartphone-Nutzer?
Mansmann: Für den ganz normalen typischen Smartphone-Nutzer bringt es einfach mehr Performance. Ich kann wesentlich schneller runterladen, ich habe zügigere Antwortzeiten, und ich bin im Moment halt auch ziemlich exklusiv in einem sehr leeren Netz unterwegs. Das heißt, da, wo ich bisher möglicherweise Performance-Probleme hatte, dort, wo ich 5G-Empfang habe, habe ich die garantiert dann nicht mehr. Gerade Downloads sind im 5G-Netz natürlich viel schneller. Also um beispielsweise eine Serienfolge runterzuladen fürs Mobilgerät, das ist tatsächlich in wenigen Sekunden möglich.
Römermann: Nun hat ja nicht jeder passende Geräte für das neue 5G-Netz, und vielleicht sollte man auch noch ein bisschen warten, haben Sie gerade gesagt, mit dem Kauf. Vom Netzausbau profitieren aber auch Menschen mit älteren Geräten, habe ich gelesen. Wieso denn das?
Mansmann: Ja, der 5G-Ausbau ist keine exklusive Sache. Die Frequenzbereiche, die jetzt für 5G hergenommen werden, werden gleichzeitig auch noch für 4G genutzt. Das ist durchaus sinnvoll, denn 5G nutzt noch kaum einer, die ganzen Ressourcen würden brachliegen. Diese Basisstationen sind quasi Dual-Mode-Stationen, das heißt, die können sowohl das eine als auch das andere und senden dann je nach Bedarf 4G- oder 5G-Signale aus und schalten innerhalb von Millisekunden zwischen den beiden Betriebsmodi um – je nachdem, was für ein Gerät sich da anmeldet. Das heißt, wenn ein 5G-Nutzer kommt und macht einen Download, dann bekommt er den, und wenn ein 4G-Nutzer gleichzeitig auch einen Download haben will, dann bekommt er den auch, und das Ganze im gleichen Frequenzbereich.
"Wer jetzt noch ein 3G-Smartphone hat, sollte unbedingt umsteigen"
Römermann: Der Ausbau der 5G-Netze geht also voran, gleichzeitig sollen jetzt aber die 3G-Netze oder die UMTS-Netze im nächsten Jahr abgeschaltet werden. Was bedeutet das denn für die Nutzer von älteren Smartphones?
Mansmann: Wer jetzt noch ein 3G-Smartphone hat, sollte unbedingt umsteigen, weil mit der Abschaltung der 3G-Netze ist ein Smartphone, das kein 4G oder 5G kann, wirklich nur noch zum Telefonieren zu gebrauchen. Internet wird damit nicht mehr gehen, weil die 2G-Netze, auf die es dann angewiesen wäre, so langsam sind, dass man sie praktisch nicht mehr nutzen kann. Also wer noch ein 3G-Gerät hat, der muss sich dann ein neues beschaffen.
Römermann: Wie erkenne ich denn, ob mein Telefon das unterstützt?
Mansmann: Ich kann in die Einstellungen reingehen und schauen bei den SIM-Karten-Einstellungen, welche Betriebsmodi dort angezeigt werden. Wenn dort steht, 2G, 3G, 4G, dann weiß ich, das Gerät kann LTE - 4G ist LTE.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.