Samstag, 20. April 2024

Archiv

Mobilität
Als Azubi im Ausland

Heute, am 1. September startet für viele Azubis die Lehre. Während für die meisten Studierenden ganz klar ist, dass sie ein Semester oder mehr im Ausland verbringen wollen, gehen nur vier Prozent der Azubis ins Ausland. Dabei gibt es seit zehn Jahren einen rechtlichen Anspruch darauf.

Von Andrea Lueg | 01.09.2015
    Azubis feilen am Mittwoch (17.03.2004) im Qualifizierungszentrum von VW Kassel in Baunatal an der Werkbank. Im Qualifizierungszentrum bekommen rund 700 Lehrlinge metallverarbeitender Berufe ihre Ausbildung.
    Bei vielen Unternehmen ist es gut, die Arbeit auch vom Ausland aus zu betrachten. (picture alliance / dpa / Uwe Zucchi)
    "Natürlich dadurch, dass man komplett alleine erstmal ist, hat man am Anfang das Gefühl, ein bisschen verloren zu sein. Aber man lernt schnell, allein damit umzugehen, selbständiger zu sein auf jeden Fall, selbstbewusster."
    Sarah Müller war als angehende Kauffrau für Spedition und Logistikdienstleistungen gerade für vier Wochen in Frankreich. So wie sie könnten alle Azubis ihre Lehre für ein paar Wochen oder Monate ins Ausland verlegen. Das wurde im Berufsbildungsgesetz vor zehn Jahren so festgelegt. Bis zu einem Viertel der Ausbildungszeit, kann jeder in einem anderen Land absolvieren. Einzige Voraussetzung: der Aufenthalt muss dem Ausbildungsziel dienen. Das war bei Sarah Müller kein Problem.
    "Erstmal für die Sprachkompetenz, aber auch für die Kultur und es reizt halt schon, das gleiche Unternehmen von zwei Seiten zu sehen, einmal von deutscher und einmal von französischer."
    Auch in kleineren Betrieben möglich
    Ein Auslandsaufenthalt findet innerhalb der normalen Ausbildungszeit statt – die verlängert sich dadurch also nicht. Erster Ansprechpartner, wenn man gerne ins Ausland möchte ist der Ausbildungsleiter. Wenn man bei einem großen Unternehmen mit Filialen in anderen Staaten arbeitet, ist es meist recht einfach, einen Auslandsaufenthalt dort zu organisieren. Aber auch in einem kleinen Betrieb sollte man es probieren, rät Angelika Ivens von der IHK Aachen.
    "Dann gibt es auch Institutionen wie die IHKs oder andere Kammern oder Institutionen, bei denen man sich Hilfe holen kann."
    Die Kammern helfen zum Beispiel, einen Platz bei einem passenden Unternehmen im Ausland zu finden, wissen über Austauschprogramme Bescheid und beraten bei der Vorbereitung und Finanzierung. Auch die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung hat viele Infos und die Informations- und Beratungsstelle für Auslandsaufenthalte in der beruflichen Bildung bietet eine Datenbank mit Austauschprojekten. Hilfreich ist, wenn man die Landessprache spricht.
    "Aber manchmal schicken wir Azubis zum Beispiel nach Finnland. Niemand spricht Finnisch, ist natürlich eine sehr schwierige Sprache, da muss man sich dann mit Englisch helfen."
    Und selbst wenn man gar keine Fremdsprachenkenntnisse hat, kann man ins Ausland gehen.
    "Man könnte ja beispielsweise auch nach Österreich gehen, wo man Deutsch spricht, aber trotzdem würde man eine Auslandserfahrung haben."
    Um eventuell vor dem Auslandsaufenthalt noch einen Sprachkurs machen zu können, aber auch alle anderen Vorbereitungen rechtzeitig hinzubekommen, muss man frühzeitig planen. Zwischen einem halben Jahr und einem Jahr Vorlauf sollte man einrechnen, um einen wirklich geeigneten Praktikumsplatz zu finden. Und sich mit allen Beteiligten abzustimmen.
    "Die Berufsschule muss man natürlich mit ins Boot holen, man muss sich da auch vom Unterricht befreien lassen, das geht aber, solange man die gesetzlichen Richtlinien beachtet. Wichtig ist, dass der Azubi in der Lage ist, das, was er in der Schule verpasst, nachzuarbeiten."
    Drei Wochen bis drei Monate sind empfehlenswert
    Der Auslandsaufenthalt sollte mindestens drei Wochen bis zu etwa drei Monaten dauern und ein guter Zeitpunkt dafür ist nach der Zwischenprüfung. Meist helfen die Unternehmen dabei, eine Unterkunft zu finden und zahlen die auch. Die Ausbildungsvergütung läuft in der Zeit weiter und außerdem gibt es weitere Geldtöpfe. Das Programm Erasmus+ von der Europäischen Union etwa.
    "Beispielsweise haben wir eine Möglichkeit von der IHK in Aachen, einen dreiwöchigen Aufenthalt in London Auszubildenden anzubieten, der kostet etwas unter 2000 Euro, da wäre die Erasmus-Förderung, das würde etwa die Hälfte ausmachen."
    Ein Gruppenaufenthalt ist generell eine weitere Möglichkeit, die Kosten zu senken, zum Beispiel für Unterkunft und Anreise. Und Sarahs Tipp zum Schluss:
    "Alles auf sich zukommen zu lassen, offen den Menschen gegenüber zu sein, viele Fragen stellen, wenn man Vokabeln nicht kennt, das nicht zu persönlich zu nehmen als Fehler, sondern einfach zu sagen, ok, das wusste ich nicht, beim nächsten Mal weiß ich es."