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Mögliche Abschaffung der Zeitumstellung
Bauern und Gastwirte befürworten ganzjährige Sommerzeit

Eine Stunde vor, eine Stunde zurück: Damit könnte in der EU bald Schluss sein - zumindest haben sich EU-Kommissionspräsident Juncker und Kanzlerin Merkel dafür ausgesprochen. Gastwirte, Bauern und Ökonomen befürworten den Wegfall der Zeitumstellung. Eine dauerhafte Sommerzeit könnte Energie sparen und Kühen glücklicher machen.

Von Mischa Ehrhardt | 31.08.2018
    Jean-Claude Juncker, Kommissionspräsident der EU, schaut am Ende einer Pressekonferenz auf seine Uhr.
    EU-Komissionspräsident Juncker will die Zeitumstellung abschaffen (dpa / Virginia Mayo)
    Es ist Sommerzeit. Und augenscheinlich soll sie bleiben, wenn es nach dem Präsidenten der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, geht: "Wir haben eine öffentliche Umfrage gemacht. Millionen haben geantwortet und sind der Auffassung, dass es so sein sollte, dass die Sommerzeit in Zukunft für alle Zeit gilt. So wird das auch kommen". sagte Juncker im ZDF.
    Seit 1980 gilt in Deutschland, dass es im Sommer eine Stunde länger hell ist als im Winter. Im letzten Sonntag des März nämlich müssen die Menschen an ihren Uhren drehen müssen, um sie für den Sommer eine Stunde vor zu stellen. Eingeführt wurde die Sommerzeit als Reaktion auf die Ölkrise: Man glaubte, Energie zu sparen, wenn es im Sommer abends eine Stunde länger hell ist. Ob die Energieersparnis wirklich so groß ist, bezweifeln viele Experten. Sie gehen mittlerweile davon aus, dass eine einheitliche Zeit über das Jahr über besser sei als die Zeitumstellung.
    "Wir haben eigene Studien gemacht und auch andere Studien haben gezeigt, dass es durch eine Zeitumstellung, nicht, wie man sich das erhofft hatte, zu Energieeinsparungen kommt. Bei uns war eine dauerhafte Sommerzeit energetisch am günstigsten. Der Hauptgrund ist, dass der Hauptenergieverbrauch der privaten Haushalte in den Abendstunden stattfindet. Und je heller es ist, desto weniger Energie wird verbraucht. Deswegen kommt es zu leichten Energieeinsparungen". Sagt der Volkswirtschaftler Korbinian von Blanckenburg von der Hochschule Ostwestfalen-Lippe.
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    Die Möglichkeit Energie einzusparen, ist die eine Seite. Auf der anderen würden sich auch einige Wirtschaftszweige freuen, wenn es ganzjährig bei der Sommerzeit bliebe – und nicht etwa bei der Winterzeit. So der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga:
    "Sicherlich profitieren auch unsere Betriebe von der ganzjährigen Sommerzeit. Also wenn die Zeitumstellung abgeschafft wird, dann sollte auf jeden Fall ganzjährig die Sommerzeit gelten, denn wenn es am Abend früher eine Stunde dunkel wird, werden sicherlich wir Gärten und Terrassen die Leidtragenden sein. Ich glaube das hat schon eine andere Lebensqualität wenn wir hier die Sommerzeit beibehalten".
    Sagt die Hauptgeschäftsführerin des Gastronomieverbandes Ingrid Hartges. Auch der Bauernverband würde zum Wohle der Tiere gerne ein Ende der Zeitumstellung sehen: Bauern kämen zwar gut mit der Zeitumstellung zurecht. Aber die Tiere täten sich leichter ohne Zeitumstellung, weil sie an feste Zeiten gewöhnt seien, sage der Deutsche Bauernverband. In Betrieben des Handwerks dagegen spiele die Frage der Zeitumstellung weniger eine Rolle. Denn die Arbeitszeiten würden sich auch im Fall der Abschaffung der Zeitumstellung nicht ändern.
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    Mit dem Vorstoß des EU-Kommissionspräsidenten Juncker allerdings ist die Abschaffung der Zeitumstellung keineswegs beschlossene Sache: Das EU-Parlament und der Europäische Rat müssten das Projekt auf den Weg bringen. Konkret umsetzen müssen es dann die Nationalstaaten. Die einzelnen Staaten können sich dann entscheiden, welcher Zeitzone sie für die Zukunft wählen – dann kann es also auch innerhalb der EU weiterhin unterschiedliche Zeitzonen zwischen den Staaten geben.