Donnerstag, 18. April 2024

Archiv

Monika Baer im Kunstmuseum Bonn
Dicke Tränen und Drahtseile

Märchenhafte Kulissen, formale Qualität und ein starker Fokus auf die Farbe Gelb - das facettenreiche Werk der Berliner Malerin Monika Baer ist gleichzeitig gesellschaftlich relevant und emotional. Kunst, die sich erst langsam erschließt und voller Humor und Ironie steckt.

Von Georg Imdahl | 03.05.2019
Ausstellungsansicht aus "Monika Baer. Preis der Stiftung Dieter Krieg 2019" im Kunstmuseum Bonn. Abgebildete Werke (v.l.n.r.): 1.) Set 4, 1995, Öl auf Leinwand, 160x250cm 2.) Untitled, 2013, Öl auf geschnittener Leinwand, Holz, Schnapsflasche, 50x40cm 3.) Untitled, 2016, Acryl, Pigment, Quarz auf Leinwand, Aluminium, Schrauben, 51x38,5cm 4.) Untitled, 2017, Acryl, Pigment, Quarz auf Leinwand, Aluminium, Schrauben, 180x118cm Alle Werke: Courtesy die Künstlerin & Galerie Barbara Weiss, Berlin
Die Ausstellung "Monika Baer. Preis der Stiftung Dieter Krieg 2019" im Kunstmuseum Bonn (David Ertl)
Die Bilder von Monika Baer sind nichts für eine flüchtige Wahrnehmung. Diese Malerei braucht ein bisschen Zeit. In einem ihrer jüngsten Werke taucht der Blick in einen blassen Farbnebel in zartem Grün und Türkis ein. Er verliert sich willig in abstrakten, dunstigen Sphären und einem Hauch von Helldunkel. Solch weiche, wolkige Auflösung der Formen würde man bei Leonardo da Vinci als Sfumato bezeichnen.
Gemalt hat Monika Baer das Bild in einem langen Prozess. Ausgiebig hat sie nach Substanzen recherchiert, bis sie auf jene mineralischen und metallischen Pigmente stieß, nach denen sie gesucht hatte und die sie dann in Acryl und Wasser auflöste. Ein solches Bild aber würde nicht ohne irgendeine ironische Volte das Atelier dieser Künstlerin verlassen. So kleben zwei dicke Tränen aus geschnitztem Hartschaum auf der Fläche, die sich damit in den Raum vorwölbt und den schwelgerischen Blick sozusagen ausbremst.
Gelb in allen Schattierungen
Jenes Bild hat das Kunstmuseum Bonn im Rahmen des Ankaufspreises der Stiftung Dieter Krieg soeben erworben. Daneben hängt eines ganz in Gelb, und auch dieser spezielle Farbton ist der Malerin nicht von selbst zugeflogen.
"Und dann war das schon klar, dass das Gelb ist, dann habe ich aber lange gebraucht um rauszufinden, wie – welches Gelb? Ölfarbe, Acrylfarbe? Glänzend, nicht glänzend? Matt, opak? Das hat ziemlich lang gedauert, bis mir dann klar war, dass es dann eben so sein sollte: opak, matt, pulverig wirkend, kühl im Sinne von nicht aufdringlich, wenig direkte Assoziationen aufrufend, was Gelb so machen kann: Sonne, Sonnenblumen, Urin, whatever."
Dieses Gemälde vergießt keine dicken Tränen, es ist mit einem Drahtseil an der Wand befestigt – und sozusagen gesichert, wenn auch eher provisorisch, wenn nicht gar kläglich. Auch das ist eine ironische Zutat, die der Malerei den weihevollen, gar heroischen Ton nehmen soll. Zugleich tritt das Bild als reales Ding direkt in Kontakt mit der Wand. Und schließlich ließe sich das Kabel als Antenne zur Welt betrachten.
Humor und illusionistische Pointen
An einem anderen Werk aus einer Reihe mit Bildern von Alkoholflaschen ist eine kleine Leiste angebracht und darauf ein Flachmann abgestellt. Auch das kann nicht eben bierernst gemeint sein. Welche Rolle spielt Ironie im Werk der Künstlerin?
"Ich würde sagen Humor spielt eine große Rolle, ich habe auch ein Vergnügen daran, es macht mir selbst Vergnügen, bestimmte Dinge mit den Bildern auszuprobieren, ich will nicht sagen: denen anzutun, aber durchspielen zu lassen, verkörpern zu lassen – vor allem, wenn sie in sich Widersprüche herstellen, wenn’s einen inneren Konflikt gibt."
Keine Effekthascherei
Die Bonner Kabinettausstellung zeigt mit wenigen Werken die Entwicklung der Künstlerin auf, deren relevantes Œuvre in den frühen 1990er Jahren beginnt. Damals malte Baer eine Postkarte, auf der ein bäuerliches Bühnenbild zu sehen ist. Was immer sie seitdem geschaffen hat, verdankte sich der Entdeckung des Bildes als Bühne – mitsamt Requisiten und Kulissen sowie den Zügen einer eigenen Theatralik. Darin bespiegelt Monika Baer die Malerei mit all ihren Möglichkeiten von konkreter Farbe und illusionistischen Pointen. Im Unterschied zu ebenso bekannten Kolleginnen wie etwa der Amerikanerin Nicole Eisenman geht es darin weniger deutlich um gesellschaftliche, politische Inhalte. Eher um die grundsätzliche Frage, wie ein Bild ausgestattet ist und welche Haltung es verkörpern kann: rustikal oder feinfühlig, derb oder diskret. Bei allem Bildwitz aber betont Monika Baer:
"Ich nehme die Bilder ernst als Bilder. Ich spekuliere nicht mit denen auf einen Effekt hin. Sondern die müssen für mich schon als Bild sich behaupten unter dem Aspekt, unter dem ich Bilder, egal welche Bilder, egal aus welcher Zeit, anschaue."