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Monti macht in Medien

Das System Berlusconi stützte sich vor allem auf das Mediensystem. Das zielte darauf ab, die politische Opposition mundtot zu machen. Kein Wunder, dass Ministerpräsident Mario Monti sich weigert, die Medienpolitik der alten Regierung zu übernehmen.

Von Kirstin Hausen | 26.04.2012
    Warum sollen frei werdende TV-Frequenzen an das staatliche Programm RAI und an das Privatfernsehen Mediaset verschenkt werden?" fragt Oppositionspolitiker Antonio di Pietro im Parlament die Regierung. Der zuständige Minister Corrado Passera räuspert sich. Diese Frage verfolgt ihn, seit er im Amt ist. Denn normalerweise wären solche Frequenzen eine lukrative Einnahmequelle für den italienischen Staat, vorausgesetzt sie würden versteigert und nicht verschenkt. Doch die Regierung-Berlusconi hatte anders entschieden und der Medienunternehmer Berlusconi konnte sich so ganz sicher sein, gratis an die begehrten Frequenzen zu kommen. Selbst nach seinem Rücktritt sollte das so bleiben. Denn das Mediensystem werde er nicht antasten, hatte Mario Monti ihm bei der Amtsübernahme zugesichert. Nun spuckt die Regierung von Mario Monti seinem Vorgänger Berlusconi aber doch in die Suppe.

    "Wollen Sie das mitmachen oder diese Situation auflösen?"

    fragt Antonio di Pietro.Mit seiner Oppositionspartei "Italien der Werte" hatte er jahrelang die Mediendominanz von Silvio Berlusconi kritisiert und bekämpft. Seit Monti regiert, hoffen er und seine Mitstreiter auf die Neuregelung des Medienmarktes. Doch daran war bisher nicht zu denken. Schon jeder Denkanstoß in diese Richtung wurde von den Abgeordneten der Berlusconi-Partei "Volk der Freiheit" mit großem Protest zurückgewiesen. Sie stellen nach wie vor die stärkste Fraktion im italienischen Parlament und könnten die Regierung zu Fall bringen. Damit haben sie schon mehrmals gedroht. Bisher hat die Regierung Monti immer noch Kompromisse gefunden, um die Berlusconi-Fraktion bei der Stange zu halten. Allerdings hatte sie sich auch noch nicht auf so vermintes Terrain vorgewagt . Denn bei der Frage der Sendefrequenzen geht es um Silvio Berlusconis ganz persönliche Interessen. Und da hört bei ihm der Spaß auf. Ein Mittagessen mit Mario Monti hat Berlusconi verärgert abgesagt, sein Sohn Pier Silvio, der die Mediaset-Gruppe leitet, hat eine Klage gegen die nun geplante Versteigerung der Frequenzen eingereicht.

    "Wir erwarten nichts von dieser Regierung, aber ich persönlich hoffe, dass die Tatsache, dass der frühere Ministerpräsident auch Hauptaktionär von Mediaset ist, nicht instrumentalisiert wird, um dem Unternehmen Mediaset zu schaden."

    Mediaset als Opfer, das Schema ist bekannt. Berlusconi selbst nimmt immer wieder die Opferrolle für sich in Anspruch. Sei es vor Gericht, sei es in der Politik. Mario Monti handle heimtückisch, hat ein enger Vertrauter von Berlusconi gesagt. Eine gewisse Schlauheit ist dem jetzigen Regierungschef nicht abzusprechen. Denn der Augenblick ist günstig, weil die Angst an die italienische Börse zurückgekehrt ist und ein Sturz der Regierung unbedingt verhindert werden muss. So haben Kabinett und Finanzausschuss mit Blick auf die schwierige Haushaltslage kurzerhand die Versteigerung innerhalb der nächsten vier Monate beschlossen. 1,2 Milliarden Euro sollen auf diesem Weg zusätzlich in die Staatskasse gespült werden. Und auf so viel Geld könne man derzeit einfach nicht verzichten, erklärte der zuständige Minister Corrado Passera augenzwinkernd.

    "Wir verlangen den Italiener so viele Opfer ab, da können wir ein so wertvolles Gemeingut doch nicht kostenlos abgeben."

    Auch wenn er es nicht öffentlich zeigt, Berlusconi dürfte vor Wut kochen. Denn Mediaset geht es wirtschaftlich nicht allzu gut. Die Einschaltquoten sind zurückgegangen, und noch schlimmer: auch die Werbeeinnahmen. Außerdem sind Investitionen in Spanien für den Konzern zur Last geworden, ebenso Anteile an der Produktionsfirma Endemol mit ihren Milliardenschulden. In dieser Situation wäre der Ankauf von Sendefrequenzen für Berlusconi ein wirtschaftliches Risiko, mit diesen Kosten hatte er nicht gerechnet Politisch gesehen ist es eine Kraftprobe, die Mario Monti gewinnen muss. Nur so kann er den Einfluss von Silvio Berlusconi auf die aktuelle italienische Politik zurückdrängen.