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Moritz Böhringer
Als Football-Neuling in die NFL

Mit nur fünf Jahren Football-Praxis hat Moritz Böhringer den Sprung in die amerikanische NFL geschafft - richtig mitspielen darf das Footballtalent allerdings noch nicht. In seinem Verein, den Minnesota Vikings, ist es Teil des sogenannten Practice Squad. Im nächsten Jahr will er endlich selbst auf dem Feld stehen.

Von Heiko Oldörp | 15.10.2016
    Der Football-Spieler Moritz Böhringer bei einem Spiel seines früheren Vereins, den Schwäbisch Hall Unicorns.
    Der Football-Spieler Moritz Böhringer bei einem Spiel seines früheren Vereins, den Schwäbisch Hall Unicorns. (dpa/ picture alliance/ Manfred Löffler)
    Das Trainingsgelände der Minnesota Vikings in Eden Prairie, knapp 30 Autominuten südwestlich von Minneapolis, ist nicht zu übersehen. Vor dem Areal steht ein großes Wikinger-Schiff in den Clubfarben lila, gold und weiß. Moritz Böhringer sitzt seit dieser Saison mit im Boot – ist allerdings bislang noch keiner, der es voranbringt. Der 22-Jährige wurde zwar vom Verein aus der National Football League verpflichtet, allerdings gehört er zum Practice Squad. Böhringer darf also noch nicht spielen, sondern erst einmal mittrainieren.
    "Ja, also ich denke, das ist schon ein Erfolg, im Practice Squad zu sein - mit dem Hintergrund, den ich habe. Und jetzt versuche ich einfach, so viel zu lernen, wie möglich und dann nächstes Jahr richtig anzugreifen mit ein bisschen Erfahrung.”
    Mit 17 zum ersten Mal auf dem Football-Feld
    Die Erfahrung, die er bislang in seiner Sportart gesammelt hat, ist im Vergleich zu den amerikanischen Teamkollegen, äußerst gering. Erst als 17-Jähriger stand Böhringer erstmals auf einem Football-Feld – in den USA werden Jugendliche in dem Alter schon gezielt auf die NFL vorbereitet. Vor zwölf Monaten spielte der Wide Receiver noch für die Schwäbisch Hall Unicorns in der German Football League GFL, war mit seiner Schnelligkeit und Athletik, kaum zu halten, wurde zum besten Neuling gewählt. Doch GFL und NFL ...
    "Das kann man eigentlich nicht wirklich richtig vergleichen. Es ist einfach anders, wenn man es professionell macht. Allein hier, wenn man die ganzen Medienleute sieht, an einem normalen Tag, wo eigentlich nicht wirklich was Besonderes passiert ist. Aber der größte Unterschied sind eigentlich die Meetings. Also das ist hier einfach viel, viel mehr.”
    In Deutschland trainierte Böhringer zwei Mal pro Woche – das ist vergleichbar mit Bezirksliga-Fußball. In Minnesota hingegen ist er Voll-Profi, sein Arbeitstag beginnt morgens um sieben Uhr auf dem Clubgelände.
    "Frühstücken, dann Meetings, dann das walk trough, was jetzt gerade eben war. Und dann haben wir jetzt Mittagessen. Nach dem Mittagessen wieder Meetings, dann das Training, richtige Training und dann, nach dem Training, noch mal Meetings und dann ist der Tag vorbei – so um Fünfe, ca.”
    Der Deutschlandfunk trifft Böhringer zwischen dem eben erwähnten "walk through”, einer Art Taktikdurchlauf auf dem Trainingsfeld, und dem Mittagessen. Er trägt ein Vikings-Kapuzen-T-Shirt und steht vor seinem dunkelhölzernen Spind mitten in der großen Umkleide-Kabine.
    Einer von zehn Profis im Practice Squad
    Im Practice Squad der Vikings ist Böhringer nur einer von zehn Profis. Ende April indes erfuhr der eher schweigsame Schwabe jede Menge Aufmerksamkeit, als er bei der Verteilung der besten Nachwuchsspieler an 180. Stelle verpflichtet wurde – und somit als erster Spieler in die NFL-Geschichte einging, der es ohne den klassischen Weg über ein US-College in die Liga der kräftigen Kerle geschafft hat.
    "With the 180th pick in the 2016 NFL draft, the Minnesota Vikings select Moritz Böhringer."
    Innerhalb von fünf Jahren vom Football-Neuling in die NFL – selbst Vikings-Trainer Mike Zimmer spricht von einer besonderen Geschichte. Er betont aber auch, dass man Böhringer nicht wegen einer tollen Story geholt habe, sondern weil er ein "unglaublicher Athlet” sei.
    Das sogenannte Playbook, also die verschiedenen Spielzüge der Vikings-Offensive, habe er mittlerweile verinnerlicht, sagt Böhringer. Trotzdem gebe es noch reichlich Nachholbedarf – und deshalb treffe er sich jeden morgen mit einem der Spezialtrainer. Die Auswärtspartien verfolgt Böhringer zu Hause vor dem Fernseher, bei Heimpartien steht er an der Seitenlinie. Und dann verspürt er besonders dieses Kribbeln, diesen Drang, einfach einige Schritte nach vorne zu gehen und selbst auf dem Feld zu stehen. Wie lange es noch dauert, bis aus Wunsch Wirklichkeit wird – Böhringer zuckt seinen kräftigen Schultern.
    "Keine Ahnung. Wir haben relativ viele Receiver, von daher kann man das schwer sagen. Jederzeit kann sich jemand verletzen. Da weiß man nie, was passiert.”