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Moscheeverband
Medien: Verfassungsschutz will Beobachtung von Ditib prüfen

Eine Woche vor dem Deutschlandbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gibt es Medienberichte, nach denen der deutsche Verfassungsschutz eine Beobachtung des Moscheeverbands Ditib prüft. Eine offizielle Bestätigung liegt dazu bislang nicht vor - ein richtiggehendes Dementi aber auch nicht.

Von Theo Geers | 21.09.2018
    Tauben fliegen am 13.12.2013 in Köln (Nordrhein-Westfalen) über die Zentralmoschee. Die türkisch-islamischen Union, Ditib, rechnet mit einer Fertigstellung des Moschee-Naubaus zum Beginn des Ramadan-Festes im Juni 2014.
    Was wird in Deutschlands Ditib-Moscheen gepredigt? Der Verfassungsschutz prüft laut Medienberichten, ob er da genauer hinschauen muss. (dpa / Oliver Berg)
    Noch ist es nur die erste Stufe. Das Bundesamt für Verfassungsschutz prüft offenbar, ob der größte deutsche Moscheeverband Ditib wegen verfassungsfeindlicher Aktivitäten unter Beobachtung genommen wird. Das Bundesamt mit Sitz in Köln habe ein erstes Dossier an die Verfassungsschutzbehörden der Länder geschickt. Das berichten heute die "Süddeutsche Zeitung" sowie der NDR und der WDR. Georg Mascolo, der Leiter dieses Rechercheverbundes, heute früh im Deutschlandfunk:
    "Ich würde sagen, dass das, was das Bundesamt für Verfassungsschutz jetzt tut, ein klares Signal an Ditib und die türkische Regierung ist 'Stopp und nicht weiter'. Man werde sich in keinen Fall gefallen lassen, dass die hier lebenden Deutschen türkischer Herkunft oder Türken eingesetzt werden von der Regierung Erdogan für ihre Ziele, als das ist ein klares Stoppsignal des Bundesamtes für Verfassungschutz."
    Nach Spionageverdacht weitere Anhaltspunkte
    In der Kritik steht Ditib schon seit längerem. Im vergangenen Jahr standen 19 von Ditib eingesetzte Imame unter Spionageverdacht. Sie sollen Anhänger der oppositionellen Predigers Fethullah Gülen in Deutschland ausgespäht und Informationen über sie an türkische Behörden weitergegeben haben. Dies hatte Ditib als Einzelfälle abgetan, die Ermittlungen wurden im vergangenen Dezember auch eingestellt. Bei sieben verdächtigen Imamen bestand zwar ein hinreichender Tatverdacht, es konnte aber keine Anklage erhoben werden, weil diese Deutschland zwischenzeitlich verlassen hatten.
    Doch zuletzt kamen aus Sicht der Verfassungsschützer offenbar weitere Verdachtsmomente hinzu, berichtet Mascolo:
    "Dann hat es eine Reihe von Predigten gegeben – so sieht es der Verfassungsschutz – in den letzten Monaten, in denen der völkerrechtswidrige Einmarsch der Türkei in Nordsyrien verherrlicht worden ist. All das fügt sich aus Sicht der Verfassungsschutzes offensichtlich zu einem Bild, dass Ditib so etwas wie der lange Arm der autoritären Politik Erdogans auf deutschem Boden sein könnte und das könne man sich nicht gefallen lassen."
    Deutsch-türkische Beziehungen sind angespannt
    Eine offizielle Bestätigung für das schärfere Vorgehen gegen Ditib gibt es nicht. Das allerdings nur aus rein formalen Gründen, so Eleonore Petermann, die Sprecherin des Bundesinnenministeriums:
    "Das liegt ganz einfach an dem Verfahren. Das Prüfverfahren ist ein internes Verfahren, und unser Haus wird erst eingebunden, wenn im Verfassungsschutzverbund selbst Einigkeit besteht, dass ein Verfahren eröffnet wird."
    Ob aus dem Prüffall Ditib mehr wird, also ein Verdachts- oder gar ein Beobachtungsfall für den Verfassungsschutz, wird Mitte Oktober entschieden. Bis dahin sollen die Verfassungsämter der Länder erklären, ob auch sie Verdachtsmomente gegen Ditib hegen oder nicht.
    Damit hängt diese Frage auch über dem Deutschlandbesuch des türkischen Präsidenten Erdogan in einer Woche, der in einer Zeit ohnehin angespannter deutsch-türkischer Beziehungen stattfindet. Nach wie vor sind fünf von ursprünglich einmal 35 Deutschen in türkischer Haft, weil sie unter häufig fadenscheinigen Vorwürfen mit dem Putschversuch des Jahres 2016 in Verbindung gebracht wurden.
    Vorbereitung des anstehenden Erdogan-Besuchs
    Umgekehrt bleibt die Bundesregierung – auch das wurde heute wieder betont – an einer stabilen Türkei interessiert. So bereitet heute der türkische Finanz- und Wirtschaftsminister Albayrak in Gesprächen mit Bundesfinanzminister Scholz und Wirtschaftsminister Altmaier den Staatsbesuch Erdogans vor.