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Moustafas Königreich

Die Führung des Handball-Weltverbandes IHF und sein Präsident Hassan Moustafa sorgen seit Jahren für Skandale. Moustafa will sein Amt in zwei Wochen auf dem IHF-Kongress in seiner Heimatstadt Kairo unbedingt verteidigen und greift zu unfairen Mitteln: So gestattet er den Herausforderern nicht, auf dem Kongress sich und ihre Programme vorzustellen.

Von Jens Weinreich | 21.05.2009
    Der Ägypter Hassan Moustafa gehört seit 17 Jahren dem IHF-Council an, dem obersten Gremium des Handball-Weltverbandes. Seit neun Jahren ist Hassan Moustafa IHF-Präsident. Seine Amtszeit Zeit ist geprägt von zahlreichen Korruptionsfällen, etwa der organisierten Schiedsrichtermanipulation bei der asiatischen Qualifikation zum olympischen Handballturnier in Peking, deren Verantwortlichkeiten im Kern ungeklärt und ungesühnt blieben. Die Korruptionsschlagzeilen dieses Frühjahrs spielte Moustafa konsequent herab. Er sieht das so:

    "Meiner Meinung nach sind wir eine Handball-Familie. Und wenn jemand in der Familie ein Problem hat oder Schwierigkeiten, dann müssen wir das in der Familie zusammen diskutieren."

    Das Problem ist allerdings, dass sich mit Hassan Moustafa kaum diskutieren lässt. Seine Herausforderer Jeannot Kaiser und Gudmundur Ingvarson dürfen auf dem bevorstehenden Kongress nicht ihre Programme präsentieren. Wer sich gegen Moustafa wendet, wie zuletzt IHF-Generalsekretär Peter Mühlematter, wird seinen Job los.

    Moustafas Amtszeit ist auch geprägt von anhaltenden finanziellen Unregelmäßigkeiten. Am IHF-Sitz in Basel ermittelt die Staatsanwaltschaft – es geht um den Verbleib von 1,6 Millionen Schweizer Franken Zuschuss für die Männer-WM 1999 in Ägypten. Damals war Hassan Moustafa Organisationschef, von 1984 bis 2009 leitete er auch den ägyptischen Verband. Außerdem geht es um Reisespesen in Höhe von mittlerweile gut einer dreiviertel Million Schweizer Franken. Moustafa weigert sich konsequent, Belege vorzulegen – und wird von einer Mehrheit im Council sogar unterstützt. Obgleich doch der dringende Verdacht besteht, dass doppelt und dreifach zu überhöhten Preisen abgerechnet wird. Moustafa sagt:

    "Ich schwöre. Manchmal bezahle ich mehr, als ich von der IHF bekomme. Ich kann nicht sagen, das ist mein Kopie von meinem Flieger oder so. Ich mache das nicht."

    Kürzlich berichtete die Schweizer Wochenzeitung von einem Geheimbüro des Pharaos in Kairo. Pharao – so wird Moustafa in der Branche genannt. Auch in Kairo ist regelmäßig Geld versickert – beispielsweise einmal ein Zuschuss von 65.000 Dollar. Moustafa trägt nichts zur Aufklärung bei. Im Gegenteil, er betrachtet die Kritik an seiner Amtsführung und seinem Finanzgebaren als Majestätsbeleidigung. Er sieht sich nicht als Problem, sondern als Glücksfall für den Handball. Als Innovator sogar.

    "Welche Probleme macht Hassan Moustafa? Hassan Moustafa hat für den Handball bis jetzt viel getan. Die allerneusten Ideen kommen von Hassan Moustafa. Weil ich viel Erfahrung habe."

    Die Führung des Deutschen Handball-Bundes um Präsident Ulrich Strombach marschiert an der Seite Moustafas. Zwar gab es immer mal Unstimmigkeiten, doch im Kern spielt der DHB das Spiel des Ägypters mit. So hat der Verband einst in einer gescheiterten WM-Bewerbung 50.000 US-Dollar für den Rückzug des russischen Verbandes bezahlt. Was manche als Korruption bezeichnen, sieht die DHB-Führung als normalen Vorgang an. Auch Strombachs Verbündeter Thomas Bach, Vizepräsident und Chef der juristischen Kommission des Internationalen Olympischen Komitees IOC, kann daran nichts Verwerfliches erkennen.

    "Ich habe keinen Zweifel und keinen Anlass hier an den entsprechenden Erklärungen des Deutschen Handball-Bundes als eines autonomen Mitgliedsverbandes des DOSB zu zweifeln."

    Es gab immer wieder Meldungen, wonach Handball angeblich das Olympia-Aus drohe, wenn der Weltverband seine Probleme nicht in den Griff bekomme. Nichts davon ist wahr. Im Gegenteil: Hassan Moustafa rechnete sich lange Zeit Chancen aus, ins IOC zu gelangen. Und die IOC-Führung hat das Thema IHF auf der letzten Sitzung im März in Denver überhaupt nicht behandelt. Auch Bach sah keinen Grund, die Diskussion zu eröffnen.