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Münchens neue Wohnoase

Die U-Bahn-Haltestelle direkt im Haus, Wohnungen fürs Personal - während der Mietwucher in München weiter um sich greift, lockt eine Immobilienfirma solvente Käufer mit Luxuswohnungen der Extraklasse. Doch Obacht: Alles nur Satire!

26.03.2013
    "L'Arche de Munique ist ein Projekt für finanzielle Highperformer. Sie haben Blick auf die Stadt, ohne dass die Stadt Ihnen ins Fenster hineinschauen kann. Sie haben einen eigenen U-Bahn-Zugang. Sie kommen nur in Kontakt mit dem Hauspersonal. Sie sind abgeschieden und trotzdem in einer perfekten Privatheit. Sie haben oben japanische Dachgärten und Yoga-Free-Areas."

    Willkommen in Münchens neuer Wohnoase! Direkt an der Münchner Freiheit. Ruhig und doch lebendig, mittendrin im pulsierenden Leben und doch abgeschirmt vom städtischen Lärm. Das bietet die global agierende Goldgrund Immobilien und ihr Vorstand Till Hofmann demnächst in München:

    "Unsere Prestigewohnung hat - sie ist noch nicht zu Ende geplant - so 540 Quadratmeter. Sie kostet 15 Millionen Euro. Man muss nur leider sagen, dass alle Wohneinheiten schon reserviert sind oder verkauft, zumindest anbezahlt. Nur noch für die Bediensteten, an die wir natürlich auch denken, das können Schwabinger Bürger sein, die dann nicht wegziehen müssen, da haben wir im Souterrain wunderschöne 40 Quadratmeter Wohnungen für Familien."

    "So guten Abend. Wenn Sie sich das einmal anschauen wollen. Sie wissen ja, wo Schwabing liegt ..."

    Tatkräftig wirbt Münchens Oberbürgermeister Christian Ude für das neue Prestigeobjekt im Herzen Schwabings. Dessen "soziale Verantwortung im urbanen Setting bietet nicht nur exquisites Wohnen für Anspruchsvolle, sondern gibt auch den Anwohnern der umliegenden Viertel großzügige Entwicklungschancen". Münchens Stadtbaurätin Elisabeth Merk dankt Goldgrund Immobilien auf deren Webseite eigenhändig "für die Innovationsfreude" und betont: "Wichtig bleibt, dass die Münchner Mischung mit Wohnraum für jeden Geldbeutel (also auch den großen) in lebenswerten Stadtquartieren erhalten bleibt!"
    Das Interesse solventer Käufer ist riesig, betont Vorstand Till Hofmann:

    "Wir haben auf die obere Wohnung viele Zuschriften von Maklern bekommen, die alle ernst gemeint waren und drei aus der Schweiz, die sofort einen Termin haben wollten, die im Auftrag von jemand gehandelt habe. Was auffällig war: Wir haben ja auch Tiefgaragenplätze verkauft, da war auch eine große Nachfrage. Und für die Bedienstetenwohnungen relativ wenig."

    Ernst gemeinte Zuschriften. Für ein Highperformer-Prestige-Objekt zwischen Münchner Freiheit und Englischem Garten, mit eigenem U-Bahn-Zugang. Till Hofmann ist noch immer baff. Seine fiktive Immobilienfirma mit einem noch fiktiveren Projekt hat die Maklerbranche elektrisiert. Bis sie aufheulte: Ist alles nur Satire! Aufgezogen von dem findigen Chef der Lach- und Schiessgesellschaft sowie dem Münchner Lustspielhaus Till Hofmann, der wissen wollte wie pervertiert der Luxusbauwahn in München mittlerweile ist:

    "Wir haben dann die ganze Perversion der Begrifflichkeiten da hergenommen, die ging und haben dabei aber festgestellt, dass die Realität ja schon viel weiter ist, dass die Worte verwenden für gated communities, die er Abschaum sind. Da haben wir eben das Projekt L´Arche de Munique entworfen und da haben viele geglaubt, das gibt’s tatsächlich, weil es ja auch der Stadt zugetraut wird."

    Vieles wird München mittlerweile zugetraut: dass rund 1000 Wohnungen einfach leerstehen, weil Kommunalreferat und Stadtbauamt sich nicht einigen können. Dass die Sanierung alter städtischer Gebäude verschleppt wird, weil Neubauten mehr Miete bringen. Dass sich die Kabarettmannschaft der Lach-und Schiessgesellschaft allen voran Dieter Hildebrandt und Luise Kinseher, aber auch Regisseur Marcus H. Rosenmüller zusammenrauft und gleich eine ganze Wohnung renoviert, hätte ihnen allerdings keiner zugetraut.

    Bei Goldgrund Immobilien müssen Kabarettisten nicht mit anfassen und sich dreckig machen. Bei Goldgrund Immobilien stehen Wohnungen nicht leer, sie werden gleich luxussaniert und als Cornelius-Carré performt:

    "Naja es fehlen die letzten Genehmigungen noch, aber ich denke, dass wir spätestens im Oktober starten. Es muss dann erst mal planiert werden, die Bäume weg und der Spielplatz, der dann auch im Souterrain sein kann, dann regnets da wenigstens nicht, hat alles Vorteile, wie wir im Übrigen auch planen alle Schulhöfe zu überbauen. Auf die Überdachungen kann man auch Wohnungen setzen, weil die doch meist sehr zentral sind in guten Lagen, das ist ein sinnvolles Nachverdichten, auch da werden die Schüler geschützt vorm Regen."

    Soziale Verantwortung, ein Herz für Kinder - Goldgrund Immobilien sind wertvoll geworden für München, als Satireplattform. Denn der Luxusbauwahn hört nicht auf. Zwei Kunst- und Kulturkneipen mussten vor Kurzem im Bahnhofsviertel schließen. Ersatz? Nicht in Sicht. Anstelle der legendären Kultkneipe Schwabing 7 klafft auch ein Jahr nach dem umstrittenen Abriss ein Bauloch. Doch Rettung naht ...

    "Also wir investieren jetzt bis zum Spatenstich für L'Arche de Munique im Oktober und auch im Glockenbachviertel und im Bahnhofsviertel. Wir haben ein Volumen von 100 Milliarden perspektivisch für die nächsten zehn Jahre und das wird ja immer mehr wert. Da sind wir auf der sicheren Seite. Es wird weitergehen."