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Münchner Sicherheitskonferenz
Viele Analysen, keine Lösungen

Konfrontative Botschaften, offene Gegensätze - und ein Stück Blech: Die Münchner Sicherheitskonferenz stand in diesem Jahr im Zeichen von international wachsenden Spannungen. Konkrete Schritte zur Lösung der vielen Konflikte, die zur Sprache kamen, blieben am Ende jedoch aus.

Von Gerwald Herter | 18.02.2018
    18.02.2018, Bayern, München: Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, spricht während der 54. Münchner Sicherheitskonferenz und hält ein Stück einer abgeschossenen Drohne hoch. Das Trümmerteil soll aus dem Iran stammen. Zu der dreitägigen Veranstaltung werden mehr als 500 Gäste, darunter Staats- und Regierungschefs, erwartet.
    Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hält bei seiner Rede etwas in die Luft - seinen Angaben zufolge Trümmer einer iranischen, über Israel abgeschossenen Drohne (dpa / MSC 2018 / Lennart Preiss)
    Schon fast zwei Tage lang hatten Politiker, Fachleute und Militärs über Krisen und Konflikte debattiert. Dann machte der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu in München sehr deutlich, mit welchen Mitteln Kriege geführt werden. Den Gästen der Sicherheitskonferenz präsentierte er ein Stück Blech. Was er am Rednerpult stehend in Luft hielt, ist nach seinen Angaben das Trümmer-Teil einer über Israel abgeschossenen iranischen Drohne.
    Netanjahu warnt iranische Führung
    "Do not test Israels resolve"
    Iran solle nicht versuchen die israelische Entschlossenheit zu prüfen, so die Warnung Netanjahus. Er wandte sich direkt an den iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif, der erst später im Saal erschien. "Herr Sarif, erkennen Sie das? Es gehört Ihnen". Dann rief Netanjahu die Weltgemeinschaft dazu auf, sich Teheran entschlossen entgegenzustellen. Der Iran sei immer noch eine große Gefahr, sagte Netanjahu und er ließ keinen Zweifel daran, dass sein Land, wenn nötig, auch zum Äußersten gehen werde:
    "We will act without hesitation to defend ourselves and we will act if nessesary not only against Irans proxys, but also against Iran itself".
    Ohne zu zögern, so Benjamin Netanjahu, werden wir uns nicht nur gegen die Stellvertreter Irans verteidigen, sondern auch gegen den Iran selbst. Teheran warf er vor, Syrien kolonisieren zu wollen, mit der Absicht dort Flughäfen und Häfen zu errichten, um seinen Einflussbereich bis ans Mittelmeer auszudehnen.
    Sarifs Spitze gegen die USA
    Etwa eine Stunde später versuchte der iranische Außenminister Sarif einen Teil von Netanjahus Vorwürfen zu entkräften. Die Sache mit dem Drohnen-Trümmer ignorierte er. Dieser "Zirkus" so Sarif verdiene keine Antwort. Stattdessen schlug er eine Konferenz der Staaten der Region des wie er sagte, "Persischen Golfs", vor, denn die Zeit der Hegemonien sei vorbei.
    "We believe the era of hegemonys has passed, regionally, as globally".
    Auch die Zeit der globalen Hegemonien, so der Außenminister des Iran, was sich auch gegen die USA richtete. Sarif machte deutlich, dass sich Teheran an das Nuklearabkommen halten werde. Aus Sicht des amtierenden amerikanischen Sicherheitsberaters McMaster enthält es "Fehler". Der frühere Außenminister John F.Kerry verteidigte es hingegen.
    "I believe it is absolutely critical for Europe, for the world to make sure that we hold on to this agreement, because we know how the world look likes without that agreement. It is not a better place."
    Ohne dieses Abkommen würde die Welt schlechter aussehen, sagte Kerry in München.
    Beschuldigungen prägten die Debatten
    Zum Schluss der 54. Sicherheitskonferenz rückte die Krise des Nahen Ostens weit in den Vordergrund und damit auch die Gegensätze zwischen Schiiten und Sunniten. Der saudische Außenminister Al Jubar sagte, Iran werde den Preis für seine Politik bezahlen müssen, weil das Land Terror säe und terroristische Gruppen weit über die Region hinaus unterstütze. Offene Gegensätze und Beschuldigungen prägten den letzten Tag der Debatten. Unter den Bundestagsabgeordneten, die die Diskussionen verfolgten war auch Alexander Neu von der Linkspartei. Aus seiner Sicht hat die Sicherheitskonferenz vor allem eines gezeigt:
    "Ich habe auch den Eindruck, dass Syrien und der Mittlere Osten derzeit der Brennpunkt ist, an dem sehr viel Eskalationspotenzial besteht. Auch zwischen den USA und Russland, aber auch zwischen Iran und Israel. Also, wir befinden uns in dieser Frage in einer sehr gefährlichen Situation."
    Allerdings ist das nicht die Einzige. Der Atomkonflikt mit Nordkorea, die Gefahr eines neuen nuklearen Wettrüstens, die chinesischen Machtansprüche und die mangelnde Zuverlässigkeit des amerikanischen Präsidenten Donald Trump - das und vieles mehr kam in München zur Sprache. Der Gastgeber der Konferenz, Wolfgang Ischinger, sagte in seinem Schlusswort, dass hier gute Analysen zu hören waren, aber konkrete Schritte zur Lösung von Problemen fehlten. Ischinger machte deutlich, dass noch vieles zu tun bleibe, um die Welt vom Abgrund wegzubewegen.
    "Man versucht die Quadratur des Kreises, auf der einen Seite sagt man, die transatlantischen Beziehungen, die NATO ist sehr, sehr wichtig, auf der anderen Seite möchte man eine strategische Autonomie der Europäischen Union haben, das beißt sich. Und da werden wir in Zukunft eine Auseinanderentwicklung beobachten können."