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Musiktheater "What would Zappa Do?"
Drogen nehmen und "Sex" sagen

Was würde Frank Zappa daraus machen? 20 Jahre nach dem Tod des genialen Musikers stellt sich die Neuköllner Oper in Berlin dieser Frage. "What Would Zappa Do?" heißt ihr neues Stück, Sommer Ulrickson und Moritz Gagern bringen darin die letzte Sendung eines Piratensenders auf die Bühne.

Von Oliver Kranz | 17.09.2015
    Der amerikanische Komponist und Rockmusiker Frank Zappa, Bandleader der Gruppe "Mother of Invention", aufgenommen in Oslo am 25.02.1976.
    Der amerikanische Komponist und Rockmusiker Frank Zappa, Bandleader der Gruppe "Mother of Invention", aufgenommen in Oslo am 25.02.1976. (picture alliance / dpa / NTB)
    "Guten Tag, da draußen an den Empfängnisapparaten. Hier ist Radio WWZD. Am Mikrofon wie immer euer Muffin Man."
    Die Bühne ist ein behelfsmäßig eingerichtetes Radiostudio. Hinten hat ein Schlagzeuger seine Instrumente aufgebaut, vorn am Mischpult sitzt der Moderator.
    Muffin Man ist Zappa-Fan. Deshalb hat er einen Piratensender gegründet. Der Name WWZD steht für "What Would Zappa Do?" Im Programm wird nicht nur Musik des Meisters gespielt, es werden auch seine Maximen befolgt: Sei du selbst, sei unangepasst, sei frei.
    "Ich glaube, Zappa ist jemand, der lässt sich nicht in eine Ecke stecken, wo man sagt, man kann sich dagegen stellen, weil er absolut das Eine ist. Der ist wild und spielt Banane auf der Bühne und auf der anderen Seite spricht er extrem eloquent. Er redet wie gedruckt und ist jemand, der kann sich zu allen Sachen äußern, aber hat den Humor von einem achtjährigen Jungen gleichzeitig."
    "Darf ich 'Sex' sagen?"
    Sommer Ulrickson ist Regisseurin, steht aber auch mit auf der Bühne. Sie spielt die Hörer, die bei Radio WWZD anrufen.
    Mark: Oh, wie geil, Mann. Ich bin on air!
    Moderator: Ja Mark, das ist geil. Aber was möchtest du?
    Mark: Also meine Freundin, die will, dass wir Drogen nehmen und darf ich "Sex" sagen?
    Moderator: Du darfst hier alles sagen, Mark.
    Statt über wichtige Fragen der Gesellschaft zu sprechen, labert der Anrufer den Moderator mit Sexproblemen voll. Was nutzt Freiheit, wenn sie so genutzt wird? Doch der Piratensender hat noch ein anderes Problem: Er muss in einer Stunde den Sendebetrieb einstellen.
    "Also es gibt vieles, was auf Ende hinweist, ohne konkret zu sagen, was das für ein Ende ist. Das kann das Ende des DJ sein, dass er nicht mehr kann aus irgendeinem Grund. Es kann sein, dass der Strom abgeschaltet wird, es kann sein, dass das Gebäude einstürzt. Wir wollten es nicht konkret benennen."
    Zappa als Standpunkt
    Die Songs hat Moritz Gagern geschrieben, der - wie er sagt - kein Zappa-Fan ist.
    "Ich habe die Position Zappa zum Ausgangspunkt genommen, die Position zwischen Pop, Rock und Jazz und zeitgenössischer experimenteller Musik, um mich selber auf meine Position hin zu prüfen."
    Zappa war berühmt für seine Vielseitigkeit. Er zitierte und parodierte bekannte Melodien, baute Geräusche in seine Songs ein und wechselte wild zwischen den Taktarten. Moritz Gagern greift diese Techniken auf...
    "Und jetzt - die Fucking-Zappa-Fakten.
    Zappa, der Mythos, das Menetekel, der Megastar wurde als Weihnachtspaket in den USA angeliefert und am 21. Dezember 1940 ausgepackt."
    In der Radiosendung wird in kurzen Einblendungen Zappas Biografie erzählt. Es werden die Umzüge in seiner Kindheit erwähnt, die ihn wurzellos machten, und die Haftstrafe, die er mit 25 absitzen musste, weil er für einen Kunden ein Tonband mit Sexgeräuschen hergestellt hatte. Das Gericht witterte eine "Verschwörung zur Pornografie". Die vielen pornografischen Anspielungen, die Zappa später in seinen Songtexten unterbrachte, können als Rebellion gegen das überzogene Urteil betrachtet werden.
    "Kunst ist, aus nichts etwas zu machen und es zu verkaufen."
    Die Produktion ist eine wilde Collage. Da werden E-Gitarren aneinander gerieben und Zappa-Zitate in den Raum gerufen - eine Geschichte wird nicht erzählt. Warum das Stück im Studio eines Piratensenders spielt, bleibt ebenso unklar, wie der Grund, warum die Macher sich ausgerechnet Frank Zappa als Thema ausgesucht haben. Doch Spaß macht der Abend trotzdem. Er überrascht mit immer neuen Einfällen und entwickelt einen Sog - fast wie die Musik von Frank Zappa.
    Das Stück "What Would Zappa Do?" hat heute Abend in der Neuköllner Oper in Berlin Premiere.