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Muslime in Berlin
SPD-Fraktionsvorsitzender will einen Staatsvertrag

Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus möchte mit den muslimischen Verbänden in der Hauptstadt einen Staatsvertrag schließen. Solche Staatsverträge gibt es bereits in Hamburg und Bremen. Sie regeln das muslimische Leben auf politischer Ebene, wie etwa Feiertage und den Religionsunterricht an staatlichen Schulen.

Von Kemal Hür | 17.12.2014
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    Berlin hat mit seinen muslimischen Bürgern vieles bereits geregelt. So sind hier Bestattungen ohne Sarg möglich, an wichtigen religiösen Feiertagen wie Ramadan und Opferfest dürfen Schüler zu Hause bleiben, ohne dass ihnen Fehltage bescheinigt werden. Das alles ist im Berliner Partizipationsgesetz festgeschrieben. Aber der Islam soll in der weltoffenen Stadt Berlin mit den anderen Religionen auf eine Stufe gestellt werden, sagt Raed Saleh, Fraktionsvorsitzender der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus.
    "Das heißt, Christen, Moslems, Juden, andere Weltanschauungen sind bei uns zu Hause. Und das machen wir deutlich, indem wir sagen, zur Vielfalt Berlins gehört auch die Vielfalt der Religionen. Und wir wollen gerne mit den islamischen Gemeinden einen Staatsvertrag vereinbaren, um klar zu machen, der Islam gehört bei uns dazu."
    Ein Staatsvertrag mit den Muslimen - das begrüßen die Vertreter der größten Verbände als einen positiven Schritt. Aber das hätte zunächst nur symbolischen Charakter. Ein Staatsvertrag würde - wie in Hamburg und Bremen - die Muslime in der öffentlichen Wahrnehmung stärken, sagt Ender Cetin von der Türkisch-islamischen Union, Ditib.
    "In Berlin haben wir auch die Wahrnehmung, dass die Moscheen zwar einzelne Rechte haben, aber im Gesamten sozusagen die Wahrnehmung doch fehlt, dass sie auf gleicher Augenhöhe als Ansprechpartner dienen."
    In Hamburg brauchte der Staatsvertrag fünf Jahre
    Die Islamische Föderation betreibt in Berlin 18 Moscheen und bietet an über 30 Berliner Grundschulen islamischen Religionsunterricht. Daran nehmen circa 5.000 Schüler teil. In Berlin ist Religionsunterricht ein freiwilliges Fach. Burhan Kesici verweist darauf, dass ein Staatsvertrag das eigentliche Ziel der Muslime verzögern könnte. Die Verbände wollen als Körperschaften öffentlichen Rechts anerkannt werden. Dann könnten sie wie die Kirchen staatliche Zuschüsse erhalten. Man müsse aufpassen, dass der Staatsvertrag dem nicht im Wege steht, sagt Kesici.
    "Es kann ein Faktor sein, und zwar darauf, dass man immer wieder darauf erwähnt und sagt, wir haben ja den Staatsvertrag, und da haben wir doch schon alles geklärt, sodass man keine Körperschaft des öffentlichen Rechts braucht."
    In Hamburg wurden fünf Jahre lang Gespräche geführt, bis der Staatsvertrag unterzeichnet werden konnte. Wann es in Berlin dazu kommt, weiß noch niemand. Auch Rahed Saleh legt sich nicht fest. Ende Januar soll der Vorschlag auf der Klausurtagung der SPD beraten werden. Der neue Regierende Bürgermeister, Michael Müller, spricht sich dafür aus. Raed Saleh sieht den Staatsvertrag auch als eine Berliner Antwort auf die islamfeindliche Bewegung Pegida. Die Massendemonstrationen würden ihn nicht davon abhalten, den Vorschlag auf der Klausurtagung zur Diskussion stellen, sagt Saleh.
    "Ich finde, Politik darf sich doch nicht von irgendwelchen Trends oder Demonstrationen beirren lassen. Man muss doch wissen, welche Haltung man hat. Und ich finde, grade in schweren Zeiten braucht man eine feste Haltung. Und die Haltung lassen wir uns auch nicht kaputt machen."