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Mysteriöse Rekordfahrt

Verkehr. - Ende Oktober schaffte ein Elektrofahrzeug der Firma DBM Energy mit einer Akkuladung die 600-Kilometer-Fahrt von München nach Berlin. Das Fahrzeug war ein Audi A2 mit Normalausstattung wie Radio, Klimaanlage, Licht. Mit Erklärungen war die Firma sparsam, aufgeworfene Fragen wurden nicht ausreichend beantwortet. Jetzt ist das Vehikel auch noch verbrannt. Der Wissenschaftsjournalist Sönke Gäthke fasst im Gespräch mit Arndt Reuning den Wissensstand um das "Lekker-Mobil" zusammen.

21.01.2011
    Reuning: Herr Gäthke, welche Fragen tauchten denn damals nach der Testfahrt auf?

    Gäthke: Vor allem die Frage nach der Technik. Welche Batterie schafft das, ein recht schweres Auto 600 Kilometer weit anzutreiben, mit Licht, mit Klimaanlage, mit Radio und allem drum herum. Welche Batterie ist das, die viel weniger Platz braucht als alle derzeit bekannten, die viel mehr Energie für das Gewicht speichern kann, und die obendrein noch zehn Jahre halten soll. Man sagt im Augenblick: Fünf Jahre ist die Grenze für die Haltbarkeit einer Batterie. Und vor allen Dingen: Wer waren die Entwickler? Wie ist diese DBM Energy überhaupt? Von denen hatte noch nie jemand vorher gehört.

    Reuning: Und konnte die Firma die Fragen zufriedenstellend beantwortet?

    Gäthke: Ja, nicht wirklich zufriedenstellend. Das war eigentlich auch der Haken. Es wurden zwar Daten veröffentlicht, und wir haben die Daten auch mit mehreren Experten durchgerechnet, aber diese Daten warfen nur noch mehr Fragen auf. So schienen sie zum Beispiel nach Expertenansicht auf ein Leistungsgewicht zu deuten, das weit über dem liegt, was derzeit technisch erreicht würde. Was darüber hinaus auch offen blieb, das war der Aufbau der Zellen, die Nachweise für die Lebensdauer, die Nachweise für die Lade- und Entladegeschwindigkeit zum Beispiel. Immerhin, was wir herauskriegen konnten: Mit ihnen zusammen arbeitet das Unternehmen 3M, das ist ein international renommiertes Innovations-Unternehmen, also es ist schon etwas dran an dieser Entwicklung, so schien es. Aber auch von denen war über die Technik nichts zu hören.

    Reuning: Diese Lithium-Batterie, ist das eine Leistung dieser Firma DBM Energy?

    Gäthke: Die Zellen sind zumindest nicht das, was seitens des Bundeswirtschaftsministeriums gefördert wurde. Das Bundeswirtschaftsministerium wollte einen Demonstrator haben, mit dem man nachweisen kann, dass Elektroautos auch eine lange Strecke fahren können. Ein Teil dieses Projektes war also, eine Leistungselektronik zu entwickeln, ein operating system, so nennen es die Beteiligten. Und dieses System hat die Aufgabe viele einzelne Batterien zu einer großen zusammenzuschalten, zu verwalten und zu regeln. Den Daten zufolge, die auf dem VDE-Kongress in Leipzig am 9. November veröffentlicht wurden, erreichte diese Autobatterie damit einen sehr, sehr hohen Wirkungsgrad. Nur das erklärt immer noch nicht, warum die so gut war.

    Reuning: Dann hat die Geschichte im Dezember ja eine neue Wendung genommen...

    Gäthke: Das kann man sagen. Erst hatte der ADAC massive Zweifel an der Batterie und an der Rekordfahrt in seinem Mitgliedermagazin. Konkret moniert das Magazin: Es gibt keine Beweise für die veröffentlichten Daten, das Korrekturauto wurde nach der Fahrt nicht noch einmal überprüft, während der Rekordfahrt war kein Notar anwesend, und das Auto war nicht immer im Blickfeld der Journalisten. Besonders sauer stieß dem ADAC auf, dass die DBM Energy ihr Fahrzeug nicht für Tests auf einem ADAC-Prüfstand zur Verfügung stellen wollte. Und dann ist im selben Monat auch noch das Auto abgebrannt. Das wurde auch erst jetzt bekannt.

    Reuning: Hat das etwas mit der Batterie zu tun?

    Gäthke: Offenbar nicht. Das Unternehmen selbst hat heute auf seiner Homepage eine Erklärung veröffentlicht unter der Überschrift: wir haben nichts unrechtes getan. Da geben sie eine Reihe von Antworten drauf. Unter anderem heißt es dort, weder das Fahrzeug noch die DBM Energy sind ursächlich für den Brand verantwortlich.

    Reuning: Kurze Einschätzung: Klären die Antwort auf der Homepage Zweifel?

    Gäthke: Offen bleiben nach wie vor alle Fragen zur Technik. Immerhin hat das Unternehmen reagiert. Die Batterie liegt jetzt bei der Bundesanstalt für Materialprüfung und wird überprüft, ein neuer Testwagen soll ab Ende Februar einen Reichweitentest unternehmen können. Und die Chance muss man den Unternehmen jetzt auch geben. Denn, wenn wir wirklich etwas brauchen können, dann so eine Batterie, mit der man wirklich viel Energie speichern kann.