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Mysteriöser Einzeller
Der Blob - intelligent, beweglich und schleimig

Blob mag Haferflocken und Pilze: Der gelbe, schleimige Einzeller ist weder Tier noch Pflanze, dafür aber eine Attraktion im Pariser Zoo. Denn Blob kann nicht nur Rätsel lösen – er hat auch ein interessantes Fortpflanzungsverhalten.

Von David Differdange | 23.10.2019
Der Zoo von Paris zeigt den Einzeller Blob: ein ungewöhnliches Wesen ohne Gehirn, das trotzdem intelligent ist.
Ohne Gehirn, trotzdem intelligent: Der Zoo von Paris zeigt den Einzeller Blob (dpa/Tangi Jaillet)
Er sieht nach Alien aus. Und nach Science-Fiction, kommt aber ganz harmlos aus der Petrischale: Blob ist der neue, ungewöhnliche Star des Pariser Tierparks. Ein Organismus aus gelblichen Knoten und Fäden, der auf altem, feuchtem Holz ein Netzwerk bildet. Der Pariser Zoo ist der Erste, der den Einzeller ausstellt. Zoo-Direktor Pierre-Yves Bureau erklärt, warum:
"Der Pariser Zoo ist einer der 13 Standorte des nationalen Naturkundemuseums. Es ist unsere Aufgabe, das Faszinierende des Lebens und die ungeahnten Möglichkeiten zu zeigen. Etwa Intelligenz bei Lebewesen ohne Gehirn. Dazu passt der Blob, der interagieren und sogar Rätsel lösen kann."
Blob findet sogar aus einem Labyrinth heraus
Der Blob kann sich pro Stunde bis zu vier Zentimeter fortbewegen und Nahrung mithilfe eines Enzyms verdauen. In Paris ernährt sich der Organismus von Haferflocken und Pilzen. Nach der Zucht wird er ins Terrarium umgesiedelt. Marlène Itan ist eine der Pflegerinnen, die den Blob betreut. Sie hat erlebt, wie kreativ der Einzeller bei der Nahrungssuche werden kann.
"Der ganze Tisch hier war voll. Das heißt, Blob war aus den Petrischalen geflüchtet, weil er alles an Schimmel und Proteinen in den Haferflocken verdaut hatte. Er ist durch die Schale gewandert und hat dann draußen weiter nach etwas Essbarem gesucht."
Der Blob ist in der Lage, sich zu orientieren und kann den kürzesten Weg zwischen Nahrungsquellen finden. Hierfür wächst er und bildet ein großes schleimiges Geflecht - manchmal über einen Quadratmeter groß. Hat der Blob Nahrung gefunden, bildet er sich auf die direkten Verbindungen zum Futter zurück. Japanische Forscher haben nachgewiesen, dass der Schleimpilz sogar aus einem Labyrinth herausfinden kann.
Name stammt aus einem Horrorfilm
Besonders faszinierend ist die Fortpflanzung des Einzellers. Es gibt 720 mögliche Varianten - oder besser Paarungstypen - der Art. Kein Wunder, dass der Pariser Zoo kräftig Werbung für die neue Attraktion macht. Das Interesse sei jedenfalls riesig, sagt Zoodirektor Pierre-Yves Bureau:
"Ich kann mich über die Berichterstattung nur freuen. Und ich verstehe das auch, weil dieses Wesen bei allen, in Forschung und dem breiten Publikum, Fragen aufwirft. Wir reden von einem Organismus, der im Gegensatz zu uns nur eine Zelle hat. Und sich trotzdem bewegen und fortpflanzen kann."
Beim Namen Blob hat sich die Wissenschaft übrigens schon vor Jahren einen Scherz erlaubt: Physarum polycephalum, so der richtige Name, bekam seinen Spitznamen nach einem Horrorfilm aus den 1950er-Jahren. Während der Schleim dort Menschen verspeist, ist der echte Blob nur hinter nahrhaften Pilzen her.