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NABU-Ranking
Schlechte Umweltnoten für Kreuzfahrtschiffe

Über anderthalb Millionen Deutsche nehmen pro Jahr an einer Kreuzfahrt teil. Das ist europaweit spitze. Umweltschützer können sich über solche Rekorde nur wenig freuen. In seinem jährlich veröffentlichten Kreuzfahrt-Ranking stellt der Naturschutzbund NABU fest: Europäische Kreuzfahrtschiffe sind überwiegend Umweltsünder.

Von Axel Schröder | 29.08.2016
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    Der jüngste Kreuzfahrtschiff-Neubau der Meyer-Werft in Papenburg. (picture alliance / dpa)
    So langsam und träge, wie die riesigen Kreuzfahrtschiffe auf den Weltmeeren manövrieren, so langsam und träge sorgen auch die Reedereien für mehr Umweltschutz auf ihren Schiffen. Das ist das Ergebnis des Rankings, das der Naturschutzbund, der NABU, heute vorgestellt hat:
    "Es ist nach wie vor AIDA-Cruises, die mit der "AIDA prima" jetzt schon voranschreiten. Wobei auch dieses Schiff nach wie vor Nachteile hat. Aber auch TUI Cruises und Hapag-Lloyd machen ein bisschen was in Bezug auf Katalysatoren. Fakt ist aber: Es sind alles Firmen, die vornehmlich auf dem deutschen Markt operieren. Und man muss eben feststellen, dass international dagegen überhaupt nichts wird, während die Deutschen insgesamt mit ihrer Kundschaft etwas sensibler sind. Weil man natürlich weiß, dass die Deutschen insgesamt umweltbewusster sind, während man in anderen Ländern das konsequent vernachlässigt, obwohl es teilweise die gleichen Firmen oder die gleichen Mutterkonzerne sind. Eigentlich ein skandalöses Umweltverhalten."
    Der Einsatz von Flüssiggasmotoren kommt erst 2018
    Tatsächlich, so Malte Siegert vom NABU, würde eben nur das getan, was ohnehin gesetzlich vorgeschrieben ist.
    "Das ist in etwa so, als wenn ein Autobauer sagen würde, er verbaut einen Anschnallgurt und damit hätte er eine tolle Innovation gemacht. Dabei ist das nur gesetzlich vorgeschrieben."
    Ein Beispiel dafür sind die sogenannten "Scrubber": Durch diese Aggregate wird den Abgasen giftiger Schwefel entzogen. An sich sei das zwar ein Fortschritt. Allerdings stellte sich die Frage, so Malte Siegert, was danach mit dem ausgewaschenen Schwefelmengen passiere:
    "Das heißt, ich transferiere entweder das Problem aus der Luft in eine Entsorgungskette an Land oder - es gibt auch so genannte offene Systeme - die waschen das dann mit Meerwasser raus. Da wird es dann praktisch von der Luft ins Meer transferiert und man weiß noch überhaupt nichts über die Folgen. Insofern sehen wir natürlich eigentlich diese ganze Scrubber-Technologie als sehr, sehr kritisch an und fordern eigentlich die Unternehmen auf, sauberen Kraftstoff zu benutzen und Rußpartikelfilter einzubauen und Katalysatoren. Das ist technisch machbar heute, es ist finanzierbar, es ist keine Zumutung. Und es wäre im Sinne von Natur und Umwelt und es wäre auch im Sinne der menschlichen Gesundheit."
    Weniger Schadstoffe, weniger Schwefel, Stickoxide und Rußpartikel verspricht der Einsatz von Flüssiggasmotoren auf Kreuzfahrtschiffen. Die ersten mit Liquid Natural-Gas, mit LNG betriebenen Kreuzfahrtschiffe sollen 2018 in Dienst gestellt werden. Für Malte Siegert ist dieser Schritt längst überfällig. Aber schneller geht es einfach nicht, erklärt Helge Grammerstorf, der Sprecher des deutschen Kreuzfahrtverbands CLIA:
    Ohne sauberen Strom müssen die Dieselgeneratoren laufen
    "Das ist manchmal einfach nicht realistisch. Man muss langfristig planen, diese Bestimmungen muss man langfristig auch umsetzen. Übrigens auch weltweit, denn sonst funktioniert das eben auch nicht. Das heißt, wir müssen jetzt schon die Technologie einbauen, die man dann später mal anwenden wird. Da ist LNG sicherlich eine sehr gute Möglichkeit und als Option einzusetzen, weil beispielsweise überhaupt kein Ruß mehr entsteht bei der Verbrennung. Kein Schwefeldioxid entsteht."
    Allerdings könnten die Schiffe heute noch längst nicht in allen Häfen auch Flüssiggas tanken. Die gleiche Schwierigkeit haben die Reeder mit sogenannten Landstromanlagen. Ohne diesen vergleichsweise sauberen Strom müssen die Kreuzfahrtschiffe während der Liegezeiten in den Häfen ihre Dieselgeneratoren laufen lassen. Ein einziges Schiff verbraucht dabei in etwa die Strommenge einer Kleinstadt mit 20.000 Einwohnern. 52 Schiffe auf dem europäischen Markt sind bereits mit Landstromanschlüssen ausgestattet, so Helge Grammerstorf:
    "Davon kommt ein Teil auch nach Hamburg, nicht alle. Aber der Engpass im Moment ist eigentlich weniger das Schiff, sondern mehr die Versorgung von Land aus. Theoretisch ist Landstrom eine gute Möglichkeit. Abe eben auch nur so lange und so weit, wie diese Landstromanschlüsse auch zur Verfügung stehen."
    Und bislang gibt es in ganz Europa nur im Hamburger Hafen ganze zwei Anlagen, die die Kreuzfahrtriesen mit Energie versorgen können.