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Nach Anschlag in Orlando
Muslime in Florida verurteilen Massenmord

Der Attentäter von Orlando war Muslim, er bekannte sich zur Terrormiliz IS. Viele amerikanische Muslime fürchten nun Verallgemeinerungen. Sie wollen ihre Religion nicht von solchen Tätern vereinnahmen lassen. Die "Islamic Society of Central Florida" distanziert sich und arbeitet demonstrativ mit den Behörden zusammen.

Von Marcus Pindur | 16.06.2016
    Ein Mann vor einem kirchenähnlichen Gebäude mit der Aufschrift "Islamic Center"
    Der Attentäter von Orlando hat öfter im Islamic Center of Fort Pierce gebetet. Muslime wehren sich jetzt dagegen, ihre Religion von ihm vereinnahmen zu lassen. (AFP / Brendan Smialowski)
    Nur Stunden nach dem Terroranschlag auf den Nachtclub "Pulse" verurteilte Imam Muhammad Musri in Orlando die Tat auf das Schärfste. Er rief die Muslime in Florida zu Blutspenden für die Opfer auf. Viele folgten diesem Aufruf.
    Imam Musri ist der Präsident der Islamic Society of Central Florida, einem Zusammenschluß sunnitischer Gemeinden. Der Täter könne nicht für sich reklamieren, Muslim zu sein, so der Imam. Der Todesschütze hatte sich noch während der Tat zum sogenannten "Islamischen Staat" (IS) bekannt. Der IS, so sagt Imam Musri, sei ein mörderischer Kult, der sich auf den Islam berufe, aber nicht muslimisch sei.
    Auf einer gemeinsamen Veranstaltung christlicher, jüdischer und muslimischer Gemeindeführer erklärte Musri gestern Abend erneut, es gebe Grundregeln, die für alle verbindlich seien.
    "Als gläubige Menschen ruft uns Gott dazu auf, unsere Nachbarn zu lieben. Ohne Ausnahme, ohne jemanden abzustempeln. Gott sagt nicht: Du sollst deinen christlichen Nachbarn oder deinen muslimischen Nachbarn lieben. Er verlangt von uns außer der Gottesliebe die Liebe zu unseren Nachbarn, all unseren Nachbarn."
    Seit 20 Jahren ein gutes Verhältnis zur Politik
    Eng mit der Islamic Society of Central Florida verknüpft ist die Organisation "American Islam". Sie hat es sich nach eigener Aussage zur Aufgabe gemacht, einen moderaten Islam in den USA zu propagieren, den Islam von Extremismus zu befreien und eine zeitgemäße, moderne Interpretation des Koran anzubieten.
    Geschäftsführer des "American Islam" ist Bassem Shaban. Seine Organisation habe seit 20 Jahren ein enges Verhältnis zur lokalen Politik und zu den Sicherheitsbehörden, auch zum FBI. Das FBI habe darum gebeten, dass sich die muslimische Organisation an allen Pressekonferenzen von Politik und Sicherheitsbehörden beteilige.
    Das Signal in die muslimischen Gemeinden ist, dass die Ermittlung der Tathintergründe nicht einhergeht mit einem Pauschalverdacht gegen amerikanische Muslime. Bassem Shaban wiederum will sich von den Extremisten und Terroristen distanzieren.
    "Es hat seit 9/11 terroristische Angriffe auf der ganzen Welt gegeben. Der Bataclan-Anschlagin Paris, der Anschlag in Brüssel, das Wachstum des IS – auf diesem Hintergrund wollen wir uns sehr klar distanzieren. Der Täter von Orlando und all die anderen repräsentieren nicht den Islam. Aber all das fällt auf die muslimischen Gemeinden hierzulande und anderswo auf der Welt zurück."
    "Jedem respektvoll gegenübertreten"
    Extremistische Randelemente verträten nicht den Islam, sondern eine Ideologie des Hasses und der Gewalt. Das habe er nach dem Anschlag von Orlando sofort klarstellen wollen.
    "Wir wollten als Vertreter der Muslime in Orlando schnell handeln und deutlich machen, dass wir solidarisch sind mit allen Religionsgemeinschaften und mit allen Gruppen und Gemeinden in Florida."
    Imam Musri lehnt Homosexualität als Lebensform weiterhin ab. Dies sei aber Privatsache, und niemand dürfe wegen seiner sexuellen Orientierung zum Ziel von Gewalt werden.
    "Wenn wir aufrichtig gegenüber Gott und unserem Land sein wollen, müssen wir jedem respektvoll gegenüber treten. Und dies besonders der Gruppe der Schwulen und Lesben gegenüber, die in der Vergangenheit so weitreichend diskriminiert und zum Ziel von Hass wurden. Wir sind entschlossen, das zu ändern. Denn jeder Mensch hat das Recht auf Liebe, Respekt und Gleichbehandlung."