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Nach dem Beben in Nepal
Ein Wettlauf gegen die Zeit

Zwei Tage nach dem schweren Erdbeben im Himalaya finden die Helfer weiter zahlreiche Tote. Alleine in Nepal sollen Tausende Menschen ums Leben gekommen sein. Die anlaufenden Rettungsmaßnahmen sind ein Wettlauf gegen die Zeit, für Opfer wie für Helfer.

Von Sandra Petersmann, ARD-Hörfunkstudio Neu-Delhi | 27.04.2015
    In Kathmandu schaut ein Kind durch ein Loch in einer Zeltwand nach draußen. A child peeks out of a hole in a temporary tent in an open ground in Kathmandu after a powerful earthquake followed by strong aftershocks struck Nepal, in Kathmandu, Nepal, 27 April 2015.
    Zwei Tage nach dem Erdbeben in Nepal schaut in Kathmandu ein Kind durch ein Loch in einer Zeltwand nach draußen. (picture alliance / dpa / Narendra Shrestha)
    Es sind rührende Szenen, die sich in der Nacht unter freiem Himmel zwischen den Trümmern in Kathmandu abspielen. Viele zehntausend Menschen kampieren draußen auf der Straße. Junge Nepalesen spielen Gitarre, sie singen, sie klatschen, weil sie sich und anderen Mut machen wollen: "Wir haben alle große Angst. Wir versuchen, unsere Angst mit der Musik zu besiegen. Die Kinder und die Älteren haben besonders große Angst. Wir versuchen, ihnen zu helfen. Viele sind inzwischen eingeschlafen. Wir spielen noch ein bisschen weiter, damit sie sich sicher fühlen", sagt einer.
    Die Erde hat sich noch nicht beruhigt. Anhaltende kleinere Erdstöße sorgen für Unruhe. Am internationalen Flughafen von Kathmandu kommt immer mehr Hilfe aus dem Ausland an. Noch konzentrieren sich die Rettungs- und Bergungsarbeiten auf die Hauptstadt, noch immer sind entlegene Regionen von jeder Hilfe abgeschnitten. Große Teile des Straßennetzes sind zerstört. Schutt und Gerölllawinen versperren Wege. Neue Lawinen-Abgänge und Steinschläge bleiben eine große Gefahr.
    Viele Dörfer liegen ohnehin weit entfernt von Straßen und sind nur zu Fuß zu erreichen. Mit Hilfe von Lasttieren. Über schmale Pfade und manchmal auch über Hängebrücken. Jetzt brauchen die Menschen in diesen Dörfern Hilfe aus der Luft. Genauso wie die Kletterer und Wanderer aus dem Ausland, die am Mount Everest und an der Annapurna festsitzen. Doch es sind nicht genug Helikopter im Einsatz, um allen Betroffenen im Erdbebengebiet gleichzeitig schnelle Hilfe zu leisten. Katastrophenhelfer gehen nach einem schweren Erdbeben von einem durchschnittlichen Rettungskorridor von 72 Stunden aus - wenn Verschüttete Luft bekommen, nicht zu schwer verletzt sind und etwas trinken können.
    Dramatische Szenen in Kathmandu
    Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, für die Opfer und für die Helfer: "Wir haben die ganze Nacht durchgearbeitet", sagt ein erschöpfter Soldat der nepalesischen Arme. "Wir sind müde, aber wir machen weiter. Wir haben es vorhin geschafft, 15 Menschen zu befreien. Sie leben alle. Aber mehr als 50 Menschen liegen tot unter den Trümmern."
    In der stark zerstörten Hauptstadt Kathmandu spielen sich dramatische Szenen ab. Tote liegen neben Verletzten. Ärzte operieren draußen im Zelt, Krankenhäuser sind überfüllt und bitten um Blutspenden. Menschen, die alles verloren haben, sind auf der Suche nach Nahrung, Wasser und einem sicheren Platz, um Kraft zu sammeln.
    Das schwere Erdbeben hat Nepal auch langfristig tief getroffen. Das verarmte Land lebt vom Tourismus. Derzeit ist Hochsaison in der Himalayaregion. Es sind rund 300.000 ausländische Reisende im Land. Doch jetzt sind die Kulturstätten zerstört, die die meisten Touristen nach Nepal gelockt haben. Der Strom der Reisenden wird nach diesem Erdbeben abreißen.