Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Nach dem Kohlekompromiss
Zukunft für Kumpel gesucht

Bei einem ersten Treffen mit den Ministerpräsidenten der Kohleländer signalisiert die Kanzlerin, dass sie den Empfehlungen der Kommission folgen will. Die Regierungschefs drängen auf finanzielle Zusagen. Sie wissen um die Zukunftssorgen der Kohlekumpel.

Von Nadine Lindner | 01.02.2019
    Protest mit der Gewerkschaft IG BCE vor dem Braunkohlekraftwerk Boxberg in Sachsen im September 2018.
    Kohlekumpel wollen Perspektiven für ihre berufliche Zukunft (picture alliance/dpa/Foto: Monika Skolimowska)
    Die Ministerpräsidenten der Kohleländer sind nach dem Treffen im Kanzleramt zum Ausstiegskompromiss grundsätzlich zufrieden, weil der gesellschaftliche Konsens gewahrt wurde. So sagte es der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Rainer Haseloff gestern Nacht der ARD:"Wir wollen das Vertrauen der Menschen haben. Und dem zu Folge ist auch das, was in den einzelnen Kapiteln gesagt wurde wirklich ernst zu nehmen und umzusetzen."
    Die Regierungschefs machen Druck
    Aber man dürfe sich auf dem Erreichten nicht zulange ausruhen, findet Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer im morgenmagazin. Er dringt auf rasche Gesetze: "Wenn wir es wirklich schaffen, bis April, Mai das Maßnahmengesetz und das Planungsbeschleunigungsgesetz auf den Weg zu bringen, ist viel gewonnen. Die Menschen in den Regionen brauchen Sicherheit. Und wir müssen die Zeit, die jetzt verbleibt auch effektiv nutzen."
    Bis zum verabredeten Kohle-Ausstieg im Jahr 2038 müsse viel geschehen. Die zugesagten Bahnverbindungen, Forschungseinrichtungen müssten bis dahin auch umgesetzt sein, um Wirkung zu erzielen, so Kretschmer. Schneller als 2038 dürfe es aber nicht gehen. Aus seinem Bundesland Sachsen bekomme er unterschiedliche Reaktionen: "Man weiß bei der Kohle, was man hat, das sind tarifgebundene Arbeitsplätze. Die Kumpel sind gut bezahlt. Auf der anderen Seite weiß jeder, die Kohle ist endlich. Und jetzt besteht die Chance, wirklich Neues zu bauen."
    Die Kanzlerin schließt sich der Kommission an
    Bei einem Treffen im Kanzleramt gestern Abend hatte Bundeskanzlerin Merkel durchblicken lassen, dass sie die Vorschlägen der Kohle-Kommission politisch umsetzen will. Bislang sind sie nur Vorschläge an die Bundesregierung. Vor dem Treffen sagte Merkel der ARD, dass die Kommission ihre Arbeit in großem Einvernehmen beenden konnte, "… zeigt, dass es hier eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung gibt und der wollen wir nachkommen. Anfang Mai sollen Bundestag und Bundesrat über die Maßnahmen beraten können.
    Die Kernbeschlüsse der Kohlekommission sehen vor, dass ab 2022 die Kraftwerke schrittweise abgeschaltet werden, spätestens 2038 ist Schluss. Zum Ausgleich sollen 40 Milliarden Euro Strukturhilfen insgesamt in die Regionen fließen. Das Geld soll aus dem Haushalt kommen, so hat es SPD-Finanzminister Olaf Scholz angekündigt.
    Nun geht es auch darum, wie Investoren für die betroffenen Regionen in Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen gefunden werden können, für Ersatzarbeitsplätze in der Industrie. Mitteldeutschland plant eine Investorenkonferenz, das hatte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke von der SPD vorgeschlagen.
    Kohlekumpel wollen Perspektiven für ihre Zukunft
    Wie geht es weiter, das fragen sich auch die Arbeitnehmer in Nordrhein-Westfalen. Auf diese Frage erwarten die Beschäftigten des Energiekonzerns RWE am Tagebau Hambach bei ihrer Betriebsversammlung eine Antwort, die einen Stellenabbau fürchten. Mit dabei NRW-Ministerspräsident Armin Laschet, RWE-Chef Martin Schmitz und Gewerkschaftschef Michael Vassiliadis.
    Gestern gab es bereits eine Betriebsversammlung bei der Lausitzer Energie-AG in Cottbus. Vor allem die jungen Mitarbeiter wollten laut MDR wissen, wie es für sie weitergeht: "...dass man da Zukunftsperspektiven bekommt. Gerade für uns als junge Mitarbeiter." Gewerkschaftschef Vassiliadis in einem Bericht des MDR: "Das Wichtigste für mich ist, es gibt ein Sicherheitsnetz für die Beschäftigten. Egal, was passiert, da wird niemand auf die Knie fallen."
    Nicht nur für die Ministerpräsidenten, auch für Gewerkschafter sind es hektische Tage nach dem Kohlekompromiss.

    Mehr zum Thema