Freitag, 29. März 2024

Archiv

Nach den Anschlägen in Paris
Das Engagement der Jugend wächst

Frankreich ist getroffen. Nach den schwersten Terroranschlägen in seiner Geschichte mit 130 Toten und hunderten verletzten Opfern. Mitten in Paris. Die meisten Toten waren nicht einmal 30 Jahre alt. Der französische Präsident François Hollande sprach von einer "Aggression gegen unser Land, unsere Werte, unsere Jugend und unseren Lebensstil!" Jetzt kämpft sich die Jugend zurück in den Alltag.

Von Suzanne Krause | 04.12.2015
    Das "Cafe Bonne Bière" war auch Ziel der Anschläge von Paris am 13.11.2015
    Das "Cafe Bonne Bière" war auch Ziel der Anschläge von Paris am 13.11.2015 (Revierfoto / dpa)
    Clement, Loulou, Laura und Matthis haben nach den Attentaten vor drei Wochen jeder ein Lied komponiert. Ihre Amateur-Videos sind bei Youtube zu sehen. Jeder hat seinen Stil – ihre Botschaft – an die Terroristen- aber ist die Gleiche: 'Ihr werdet den Krieg niemals gewinnen'.
    "Dafür engagiert sich jeder; wie und wo er kann und möchte. So stehen seit den Anschlägen Mitte November die Freiwilligen bei den Blutspendendiensten Schlange. In der Woche nach den Attentaten verzeichnete alleine das Rote Kreuz 55 Prozent mehr Spender. Enorm ist auch der Zulauf bei den Erste-Hilfe-Kursen: Seit dem 13. November buchen beim Roten Kreuz nun wöchentlich 1.500 Personen eine Ausbildung, ein Drittel mehr als zuvor."
    Auch staatliche Stellen erleben einen Ansturm. Jean, ein schmächtiger Bursche, füllt gerade ein Anmeldeformular im Informations - und Rekrutierungszentrum der Armee in Vincennes, im Osten von Paris aus.
    "Ich habe schon immer davon geträumt, mich der Armee anzuschließen, der bei uns auch die Feuerwehr untersteht. Aber statt ein Gewehr zu tragen, möchte ich lieber als Sanitäter bei der Feuerwehr arbeiten."
    Die Werte Frankreichs verteidigen
    Louis ist heute ganz spontan im Rekrutierungszentrum aufgetaucht. Er möchte Soldat werden, ein Gedanke, den der 22-Jährige schon länger hegt. Die Attentate vor drei Wochen haben seinen Entschluss beschleunigt.
    "Ich möchte meinem Land dienen. Wir befinden uns schließlich in einer Krisenzeit. Da werden junge Leute gebraucht, die sich dafür aufopfern, die Bevölkerung zu schützen. Ich mache lieber einen Job, der meinem Nächsten nützlich ist als nur auf den Inhalt der Lohntüte zu schielen. Ich möchte anderen helfen."
    Die Werte der Republik verteidigen möchte auch Alexandre. 23 Jahre alt ist der Geografie-Student mit einem ausgeprägten Faible für Geopolitik. Doch für 'Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit' möchte er sich nicht nur in Frankreich einsetzen.
    "Weltweit finden täglich unzählige Attentate statt. Der Terror betrifft nicht nur Paris. Dass nach den hiesigen Anschlägen nun mehr junge Leute zur Armee wollen, ist normal. Aber sie sollten sich auch motiviert fühlen durch all das, was täglich rund um den Globus passiert."
    Rekrutierungsdienst in Paris hat enormen Zulauf
    Links hinter dem Empfangsschalter sitzt Hauptfeldwebel Xavier an seinem Schreibtisch. Der Rekrutierungsberater ist seit zweieinhalb Wochen völlig ausgebucht.
    "Bei unserem Rekrutierungsdienst in Paris melden sich seit den Anschlägen deutlich mehr potenzielle Kandidaten als zuvor: drei - bis viermal mehr über Internet. Und im hiesigen Empfangszentrum hat sich die Besucherzahl verdoppelt."
    Das Verteidigungsministerium liefert landesweite Zahlen: Per Internet kommen derzeit an die 1.500 Anfragen – täglich. Vor den Anschlägen waren es maximal 400. Chancen hat nur, wer sich mit kühlem Kopf entscheidet und klar benennen kann, welchen Job er beim Heer machen möchte, sagt Hauptfeldwebel Xavier.
    "Übrigens melden sich bei uns jetzt auch viele, die nicht unbedingt vorhaben, ihr ganzes Leben umzukrempeln und Soldat zu werden. Sie wollen sich lieber als Reservisten verdingen. In ihrer Freizeit in der Kaserne eine militärische Ausbildung absolvieren, um uns im Ernstfall zur Verfügung zu stehen."
    Der Andrang ist so groß, dass das Verteidigungsministerium vorgestern einen Telefondienst eingerichtet hat, um all die potenziellen Reservisten zu beraten. Ebenso wurde nun eine Handyapplikation vorgestellt: Hilfe bei der Bewerbung als Soldat.