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Nach den französischen Regionalwahlen
Sarkozys Führungsrolle steht zur Debatte

Erst ein Triumph, dann die Niederlage: Frankreichs rechtsextreme Front National hat bei den Regionalwahlen nicht eine einzige Region erobern können. Klare Siegerin der Wahlen ist die konservative Partei des früheren Präsidenten Sarkozy. An dessen Führung gibt es aber Kritik.

Von Ursula Welter | 14.12.2015
    Zu sehen ist der Vorsitzende der Partei "Les Républicains", Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, an einem Rednerpult.
    Der Vorsitzende der Partei "Les Républicains", Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy. (picture-alliance / dpa / Etienne Laurent)
    Der Front National hat in keiner Region die Wahl gewonnen, aber einen Erfolg konnten Frankreichs Extremisten dennoch verbuchen. Marine le Pen benannte diesen Erfolg: "Anstieg der Wählerstimmen von Wahl zu Wahl".
    Die FN-Chefin beglückwünschte sich und die ihren: Mit der Verdreifachung der gewählten Regionalvertreter stelle der Front National nun die größte Oppositionskraft in den französischen Regionen. Stärkste Oppositionskraft auch, weil in manchen Regionalvertretungen die Sozialisten fehlen werden.
    Die Sozialisten zahlen einen hohen Preis
    Der Rückzug der nahezu chancenlosen, offiziellen Listen in drei Regionen half, den Wahlsieg des FN zu verhindern, aber die Regierungspartei zahlt dafür einen hohen Preis. Ihre Verluste konnten die Sozialisten zwar begrenzen, aber bislang regierten sie die Mehrheit der Regionen, jetzt nur noch fünf von 13. Das dort seien Wahlsiege "ohne Freude", sagte Parteichef Cambadelis mehrdeutig:
    "Ohne Freude, weil die Wahlbeteiligung immer noch zu niedrig ist und weil die extreme Rechte entschieden zu stark ist."
    Obwohl die Wahlbeteiligung um rund acht Punkte auf 58,4 Prozent stieg, hätten sich die Sozialisten eine noch stärkere Mobilisierung zu ihren Gunsten gewünscht.
    Kritik an Sarkozys Taktik
    Premierminister Manuel Valls warnte noch am Wahlabend, die Gefahr, die die extreme Rechte bedeute, sei nicht gebannt. Für die Regierungspartei gingen wichtige Regionen wie "Ile de France" rund um die Hauptstadt nach 17 Jahren verloren, dort haben künftig die Konservativen mit Valerie Pecresse das Sagen.
    Die Parteispitze der Sozialisten forderte einen Politikwechsel für mehr Unterstützung der schwachen im Land, die interne Widersacherin des Staatspräsidenten, die Bürgermeisterin von Lille, Martine Aubry, rief die konservativen Wahlsieger auf, nicht zu vergessen, dass linke Wähler diesen Wahlsieg zum "Wohle der Republik" ermöglicht hätten.
    Der konservative Senator, Jean-Pierre Raffarin, sagte im Sender BfMTV, den regierenden Sozialisten sei mit Rückzug ihrer Listen (und dem Ausbremsen des Front National auf diese Weise) ein "Meisterstück" gelungen, die Konservativen hätten das in anderen Regionen auch tun sollen, kritisierte Raffarin die Taktik Nicolas Sarkozys - und rief zu einer Großen Koalition mit den regierenden Sozialisten auf, die Lage im Land mache das erforderlich, unterstrich Raffarin.
    Wahlsieg mit bitterem Beigeschmack
    Die personelle und inhaltliche Führung der Partei von Nicolas Sarkozy steht auf dem Prüfstand, obwohl die Konservativen sieben Regionen gewinnen konnten. Aber dieser Wahlsieg eben hat einen bitteren Beigeschmack, weil er in wichtigen Regionen nur mit Rückenwind der Linken zustande kam.
    Die Führungsrolle von Sarkozy steht also zur Debatte, und seine internen Kontrahenten laufen sich warm. Der Herausforderer im Ringen um die Präsidentschaftskandidatur der Konservativen, Alain Juppé, hatte noch am Wahlabend seine erste Bewerbungsrede gehalten, und zwar "an alle Franzosen", wie der Bürgermeister von Bordeaux sagte. Frankreich brauche eine andere "Wirtschafts- Haushalts-, Sicherheits- und Justiz-, eine andere Gesundheitspolitik, eine andere Einwanderungs- und eine andere Bildungspolitik."Und für diese andere Politik, sagte Juppé, stehe sein Name.