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Nach der Parlamentswahl
Schwierige Koalitionsbildung in Schweden

Bei den Parlamentswahlen in Schweden ist die sozialdemokratische Partei von Ministerpräsident Stefan Löfven trotz Verlusten stärkste Kraft geblieben. Starke Zugewinne konnten nur die rechtspopulistischen Schwedendemokraten verzeichnen. Wer in Zukunft zusammen regieren wird, ist noch unklar.

Von Carsten Schmiester | 10.09.2018
    Stefan Löfven, Ministerpräsident von Schweden und Parteivorsitzender der Sozialdemokratischen Partei
    Wird Stefan Löfven Ministerpräsident von Schweden bleiben? (Jonas Ekströmer/TT News Agency/dpa)
    Der Rechtsruck ist nicht im vorhergesagten Ausmaß passiert, obwohl die Schwedendemokraten ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Parlamentswahl erzielt haben. Aber sie haben es mit 17,6 Prozent der Stimmen nicht annähernd geschafft, die Sozialdemokraten mit ihren 28,4 Prozent als stärkste Partei im Reichstag abzulösen. Dementsprechend halbfröhlich fiel dann auch ihre Wahlparty in Stockholm aus, man hatte mehr erhofft und damit angesichts vieler entsprechender Prognosen auch fest gerechnet. Parteichef Jimmie Åkesson trat also nicht als der überragende Sieger des Abends auf, aber schon als einer derjenigen, die deutlich gestärkt in den neuen Reichstag einziehen:
    "Wir werden mächtiger, wir erhöhen die Zahl der Abgeordneten. Und wir sehen heute, dass wir auf alles, was in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren in Schweden passiert, einen enormen Einfluss haben werden. Niemand kann uns das nehmen."
    Das klang deutlich bescheidener als seine Kampfreden vor allem in den letzten Tagen vor der Wahl. Grund zum Jubel gibt es aber auch nicht bei den Sozialdemokraten und ihrem bisherigen Koalitionspartner in der Minderheitsregierung, den Grünen. Beide Parteien haben Wähler verloren und gehen geschwächt in die Gespräche zur Bildung einer neuen Regierung. Aber es hätte schlimmer kommen können. Stefan Löfven, Chef der Sozialdemokraten und amtierender Ministerpräsident, gab sich in der Nacht staatsmännisch:
    "Keine Seite hat die klare Mehrheit"
    "Eines ist klar: Keine Seite hat die klare Mehrheit. Was Schweden jetzt braucht, ist die Regierungszusammenarbeit über Blockgrenzen hinweg. Dieses Blockdenken könnte die Demokratie lähmen. Also, ganz egal, wie das endgültige Ergebnis aussieht, dieser Abend sollte die Beerdigung der Blöcke sein."
    Ein Angebot zur Zusammenarbeit auch an die größte der vier bürgerlichen Allianz-Parteien, die Moderaten, obwohl auch sie im Gegensatz zu Liberalen, Christdemokraten und Zentrumspartei Verluste hinnehmen musste, aber mit 19,8 Prozent zweitstärkste Partei blieb. Beide Blöcke, der bürgerliche und der linke, zu dem auch die Linkspartei zählt, die wie die Schwedendemokraten ordentlich zulegen konnte, sind nun fast gleichstark: 144 zu 143 Sitze, und das ist ein Problem. Denn vor der Wahl hatten die Wortführer beider Blöcke ihren jeweiligen Anspruch auf das Amt des Regierungschefs angemeldet, jede Zusammenarbeit ablehnt und auch die mit den Schwedendemokraten. Das heißt, es wird schwierige Verhandlungen geben und wohl dauern, bis Schweden entweder eine neue bürgerliche Regierung hat oder die alte rot-grüne Regierung weitermachen kann. Und selbst dann, wenn diese erste Hürde genommen ist, könnte die nächste bereits das vorzeitige Ende bedeuten, sagte Elisabeth Marmorstein, politische Kommentatorin beim öffentlichen Sender SVT und erinnerte an die Zeit nach der Wahl vor vier Jahren und an die erste große Herausforderung für jede neue schwedische Regierung:
    "Sie muss erst einmal den Haushalt durchbringen. Wir wissen ja noch, was im Dezember 2014 passierte, als die Schwedendemokraten für die Opposition stimmten. Die Folge war eine Regierungskrise inklusive drohender Neuwahl. Am Ende musste die Regierung mit dem Plan der Opposition arbeiten."