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Nach der Sportkarriere
Magdalena Neuner: "Ich habe gelernt, auf mein Herz zu hören"

Auf sich selbst hören und nicht auf "Menschen, die wissen, was gut für mich ist" - nach diesem Credo traf Magdalena Neuner auch die Entscheidung, vor sieben Jahren als gefeierter Biathlonstar aufzuhören. "Es war eigentlich noch besser, als ich es mir vorgestellt habe", sagte sie im Dlf.

Magdalena Neuner im Gespräch mit Jessica Sturmberg | 23.06.2019
Die ehemalige deutsche Biathletin Magdalena Neuner
Olympiasiegerin Magdalena Neuner beendete ihre Biathlon-Karriere auf dem Höhepunkt mit nur 25 Jahren - und ist bis heute "super im Reinen mit der Entscheidung" (Deutschlandradio / Jessica Sturmberg)
Vor sieben Jahren gab Biathlon-Olympiasiegerin Magdalena Neuner mit nur 25 Jahren ganz überraschend ihr Karriereende bekannt - sportlich auf dem Höhepunkt. Diese Entscheidung hat sie nie bereut, sagte sie im Deutschlandfunk am Rande des evangelischen Kirchentags. Sie sei nicht in ein Loch gefallen, wie es viele befürchtet hätten. "Ich war super im Reinen mit der Entscheidung."

90 Prozent ihres Umfeldes - Verband, Familie, Freunde und Fans - hätten damals nicht unbedingt Verständnis dafür aufgebracht. "Das war nicht einfach, aber ich wusste, dass die Entscheidung richtig ist für mich." Heute, nach sieben Jahren, sehe man schon, dass die Pläne, die sie sich vorgenommen hatte, in Erfüllung gegangen seien.
Mittlerweilse werde sie immer wieder von Fans angesprochen, die sie für ihre Konsequenz bei der Entscheidung bewundern und das jetzt auch nachvollziehen können.
"Es war sehr befreiend"
Was viele nicht nachvollziehen können: Der Gewinn der Olympiamedaille sei nur ein kurzer Erfolg, der nicht so lange nachschwinge, da dann schon der nächste Wettkampf anstehe, bei dem man sich beweisen müsse.
Immer wieder habe es auch schwierige Phasen gegeben, sagte Neuner, vor allem auch zu Beginn des sportlichen Erfolgs: "Plötzlich war die große Aufmerksamkeit da, ich wusste nicht so richtig, wie ich damit umgehen soll. Mein altes Leben war weg. Das war das erste Mal, wo ich mit allem gehadert habe." Neuner habe vor allem mit Hilfe ihres Mentaltrainers immer selbst herausgefunden, warum es ihr nicht so gut geht.
"Ich hatte Probleme mit Stalkern, mit Menschen, die mich bedroht haben." Es habe ein Jahr gegeben, wo es Motivationsprobleme gab, wo das Energielevel gesunken sei.
Erst nach dem Karriereende habe sie über das anstrengende und krasse Leben als Spitzensportlerin reflektiert. "Es war schön, nicht den täglichen Druck zu haben. Es war eigentlich noch besser, als ich es mir vorgestellt habe", sagte Neuner. "Meine Priorität ist jetzt meine Familie." Auch das Sporttreiben habe sie wieder genießen können, ganz ohne Trainingsplan und Leistungsziel - "es war sehr befreiend".
Vorbild für andere
Parallelen zieht Neuner auch zu Ex-Biathletin Laura Dahlmeier, die ebenfalls mit 25 Jahren ihre Karriere beendet hatte. Dahlmeier habe ihr gedankt. Neuner sei ein Vorbild gewesen und dadurch habe auch sie sich getraut, diesen Weg zu geben. "Das bestätigt mich schon, dass ich nicht die Einzige bin, die diese Gefühle hatte, dass ich etwas an andere Generationen weitergeben konnte. Dass es wichtig ist, auf sein Gefühl zu hören."
Aus Niederlagen könne man am meisten lernen. Sie sind wichtig, "um sich weiterzuentwickeln. Die nicht so positiven Phasen sind sehr heilsam, um sich selber besser kennenzulernen und Entscheidungen zu treffen. Man sollte im Leben immer wieder Dinge überdenken und neu zu entscheiden. Für mich war wichtig, immer auf mein Bauchgefühl zu hören, intuitiver zu werden, sich nicht zu sehr von außen ablenken zu lassen oder von Menschen, die wissen, was gut für mich ist. Ich habe gelernt, in mich reinzuhören, auf mein Herz zu hören. Dafür bin ich sehr dankbar, wende das sehr in meinem Leben an und habe damit sehr viele positive Erfahrungen gemacht."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.