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Nach Hacker-Angriff
Amerikas inhomogene Russlandpolitik

Dass russische Hacker zwei republikanische Denkfabriken angegriffen haben sollen, könnte US-Präsident Donald Trump innerparteilich unter Druck setzen. Er plädierte für eine engere Zusammenarbeit mit seinem russischen Amtskollegen - während der Kongress die Sanktionsschraube gegen Russland anzieht.

Von Thilo Kößler | 22.08.2018
    Trump sagt etwas, Putin steht lächelnd daneben. Vor ihnen ein Schild mit der Aufschrift "Helsinki 2018", hinter ihnen die Fahnen beider Staaten.
    Donald Trump will enger mit Wladimir Putin zusammenarbeiten (J. Nukari/dpa)
    Normalerweise ist es Donald Trump, der im Zusammenhang mit den Untersuchungen von Sonderermittler Mueller in der Russland-Affäre von einer Hexenjagd spricht. Nun griff Moskau das Trump-Wort auf und nannte die Suche nach den Verantwortlichen für die jüngsten Hacker-Angriffe eine Hexenjagd ohne jeden realen Hintergrund.
    Der Internet-Gigant Microsoft bleibt jedoch dabei: Die jüngste Cyberattacke auf zwei republikanische Denkfabriken und den Senat gehe auf das Konto einer Gruppe von Hackern, die bereits aus dem amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 2016 bekannt seien: Sie heißen APT 28, Strontium oder Fancy Bear und ihre Hintermänner sollen dem russischen Geheimdienst GRU angehören.
    Hacker versuchten an Passwörter zu kommen
    Microsoft-Chefjurist Brad Smith ließ gegenüber dem Sender MSNBC jedenfalls keinerlei Zweifel aufkommen. Die Angriffe hätten erfolgreich abgewehrt werden können, ergänzte Brad Smith. Die Angriffe galten nicht nur dem US-Senat. Sondern vor allem zwei republikanischen Denkfabriken. Dabei sei versucht worden, über fingierte Internetseiten an die Passwörter der Nutzer und andere sensible Daten zu kommen.
    Bei den beiden Think-Tanks handelt es sich um republikanische Institute, die Donald Trumps Russlandpolitik ausgesprochen kritisch gegenüberstehen. Dem International Republic Institute gehört neben Senator John McCain auch der ehemalige Präsidentschaftskandidat der Republikaner, Mitt Romney, an. Das ebenfalls rechtskonservative Hudson-Institute hat eine sogenannte Anti-Kleptokratie-Initiative auf den Weg gebracht und dürfte deshalb in den Fokus der russischen Hacker geraten sein. Auf Moskau müsse dieses Programm wie ein direkter Affront gegen Putins Oligarchen- und Präsidialregime wirken, analysierte Sheldon Whitehouse, demokratischer Senator aus Rhode Island, in CNN.
    Die Aufdeckung dieser jüngsten Cyberattacke auf in diesem Fall republikanische Institutionen könnte zu innerparteilichem Druck auf Donald Trump führen. Er enthielt sich jedoch zunächst jeglichen Kommentars. Doch zog er zuvor erneut in Zweifel, dass Russland sich 2016 in den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf eingemischt hat. Mehr noch: Trump plädierte in einem Reuters-Interview dafür, enger mit Wladimir Putin zu zusammenzuarbeiten – ein Akt der Anbiederung, wie Senator Sheldon Whitehouse bemerkte. Trump versuche stets, sich gegenüber Putin als gefällig zu erweisen.
    Russland von Sanktionen hart getroffen
    Donald Trumps Haltung zu Wladimir Putin steht in krassem Gegensatz zum überwiegenden Teil seiner Administration. Unter dem Eindruck der Londoner Skripal-Affäre hat der Kongress die Sanktionsschraube unlängst noch enger gezogen – diese neuen Strafmaßnahmen treten an diesem Mittwoch in Kraft und richten sich u. a. gegen zwei russische Schifffahrtsunternehmen. Die Sanktionen würden Russland mittlerweile empfindlich treffen, sagte der für Europa zuständige Topdiplomat im State Department, Wess Mitchell, bei einer Anhörung im Senat: Sie seien mit Milliardenverlusten für russische Firmen und mit Entlassungen verbunden.
    Auf der einen Seite immer neue Avancen des Präsidenten in Richtung Vladimir Putin. Auf der anderen Seite immer schärfere Sanktionen des Kongresses. Unter Donald Trump vermittelt sich der Eindruck, dass in Washington keine homogene Russlandpolitik betrieben wird, sondern ein unkoordiniertes Nebeneinander unterschiedlicher Ansichten und Positionen vorherrscht. Es komme ihm so vor, als seien hier zwei Parallelregierungen am Werk, bemängelte der demokratische Senator Chris Murphy aus Connecticut im Kapitol.
    Selbst Bob Corker, republikanischer Senator aus Tennessee, kritisierte bei der Anhörung, dass die Russland-Politik des Präsidenten und seine undisziplinierten Äußerungen in der Russlandaffäre eine schwere Belastung für die Administration, für den Kongress und für das gesamte Land seien.
    Bei diesem Text handelt es sich um die lange Version des Beitrages aus "Informationen am Morgen". Die im Radio gesendete Version ist kürzer.