Dienstag, 16. April 2024

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Nach Rücktritt des FIFA-Chefermittlers
Dreht sich der Wind in der Schweizer Justiz?

Der umstrittene Schweizer FIFA-Ermittler Michael Lauber hat nach einem vernichtenden Urteil des Schweizer Bundesverwaltungsgerichts seinen Rücktritt angeboten. Aber mit der Personalie sei es nicht getan, sagt Journalist Thomas Kistner. Nun müsse auch FIFA-Chef Gianni Infantino zur Rechenschaft gezogen werden.

Thomas Kistner im Gespräch mit Marina Schweizer | 25.07.2020
FIFA-Präsident Gianni Infantino auf einer Pressekonferenz vor der Auslosung der Gruppen für den Confederations Cup 2017.
Fifa-Boss Gianni Infantino droht ein Strafverfahren. (dpa / Christian Charisius)
Konkret habe der Fußball-Weltverband FIFA im Fall Lauber nichts zu erwarten, so Kistner im Dlf. "Vielmehr ist zu hoffen, dass FIFA-Boss Infantino für seine klar erkennbaren Amtsverfehlungen zur Rechenschaft gezogen wird", sagte der Journalist der "Süddeutschen Zeitung". "Das ist nun dringend notwendig und mit dem Bundesanwalt ist das ja jetzt schon passiert."
Das Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber hatte ein vernichtendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kassiert und daraufhin seinen Rücktritt angeboten. Er soll seine Amts- und Treuepflicht verletzt haben, indem er "vorsätzlich die Unwahrheit gesagt habe. Dabei soll er auch ein Treffen mit Infantino bewusst verschwiegen haben. Lauber streitet das ab. "Er wird seine aussichtslose Position erkannt haben", sagte Kistner.
Foto vom oberste Strafermittler der Schweiz, Michael Lauber, bei einer Pressekonferenz durch zwei Journalisten hindurch
Schweizer Bundesanwalt - Umstrittener FIFA-Ermittler Michael Lauber bietet Rücktritt an
Bundesanwalt Michael Lauber hat ein vernichtendes Urteil des Schweizer Bundesverwaltungsgerichts kassiert und den Rücktritt angeboten.
Mit der Personalie Lauber sei es aber nicht getan, so Kistner. "Seine beiden Stellvertreter haben beispielsweise in Disziplinaruntersuchungen gegen ihn ein unglückliches Bild abgegeben. Pikante Fragen gibt es auch zu anderen Bundesstaatsanwälten, speziell zu solchen, die mit den FIFA-Ermittlungen befasst waren", so Kistner. "Zu klären ist zum Beispiel noch, ob bei dem ominösen dritten Treffen mit Infantino, was ja alle Beteiligten vergessen haben wollen, auch einer der Staatsanwälte mit am Tisch saß. Die Indizien sind stark, die Dementis eher wackelig."
Prekäre Lage für Infantino
Prekär ist die Lage auch für Infantino. Ein extra eingesetzter Sonderstaatsanwalt entscheidet nun über die Eröffnung einer Strafermittlung gegen ihn und Lauber. "Die Feststellung des Schweizer Bundesverwaltungsgerichts, in Absprache mit anderen gelogen zu haben, richtet sich ja auch voll gegen ihn", erklärt Kistner. "Dann wiederum müsste das FIFA-Ethikkomitee mit einer Sperre reagieren, was wegen des Lügen-Urteils möglichweise auch jetzt schon möglich wäre. Und Infantino müsste das alles überzeugend entkräften. Ansonsten kann dieser Mann unmöglich länger die Fußball-Welt regieren."
Für die FIFA sei eine Verurteilung Infantinos die bestmögliche Lösung, so Kistner. "Sie kann dann aus der Umklammerung eines Autokraten befreit werden, der auch eine tiefe Spaltung im Fußball verursacht hat."